Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper
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Читать онлайн книгу Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper - James Fenimore Cooper страница 138
Zweites Kapitel.
Sola, sola, so, sa, so, so!»!
Shakespeare.
Während die eine der liebenswürdigen Damen, mit denen wir unsere Leser flüchtig bekannt gemacht, so in Gedanken vertieft war, hatte sich die andere schnell von dem leichten Schrecken erholt, der jenen Ausruf veranlaßte, und über ihre eigene Schwäche lachend, fragte sie den jungen Mann, der ihr zur Seite ritt: –
»Sind solche Gespenster häufig in diesen Wäldern, Heyward, oder ist das ein Schauspiel, das uns zu Lieb’ gegeben wurde? Wenn Letzteres der Fall ist, so muß uns Dankbarkeit den Mund schließen; im erstern Falle bedürfen Cora und ich eines reichen Vorrathes von jenem ererbten Muthe, dessen wir uns rühmen, selbst ehe wir noch den gefürchteten Montcalm begegnen.«
»Der Indianer dort ist ein Läufer von dem Heere, und kann in der Weise seines Volkes für einen Helden gelten,« versetzte der Offizier. »Er hat sich erboten, uns auf einen nur wenig gekannten Pfade schneller und folglich angenehmer nach dem See zu bringen, als wenn wir den langsamen Bewegungen des Heeres folgten.«
»Der Mensch gefällt mir nicht,« sprach die Lady, von angenommenem, noch mehr aber von wirklichem Schrecken schaudernd. »Sie kennen ihn doch genau, Duncan, sonst würden Sie sich nicht so unbedenklich seiner Führung anvertrauen?«
»Sagen Sie lieber, Alice, ich würde Sie ihm nicht anvertrauen. Ich kenne ihn, sonst würde ich ihm am wenigsten in diesem Augenblicke vertrauen. Man sagt, er sey auch ein Canadier – und doch diente er unsern Freunden, den Mohawks, die, wie Sie wissen, eine der sechs verbündeten Nationen sind. Er wurde, wie ich hörte, durch einen seltsamen Vorfall zu uns gebracht, bei dem Ihr Vater betheiligt war, und wobei der Wilde hart behandelt wurde – aber ich vergaß das Geschichtchen, genug, er ist jetzt unser Freund.«
»Wenn er meines Vaters Feind war, so gefällt er mir noch viel weniger!« rief das nun wirklich erschrockene Mädchen. »Wollen Sie nicht mit ihm sprechen, Major Heyward, daß ich seine Stimme höre. Es ist vielleicht eine Thorheit, aber Sie haben schon oft von mir gehört, daß ich auf den Ton der Menschenstimme gehe.«
»Das würde vergeblich seyn, und höchst wahrscheinlich nur durch einen Ausruf beantwortet werden. Wenn er auch Englisch versteht, so thut er doch, wie die Meisten seines Volkes, als verstünde er Nichts davon, und am wenigsten wird er sich herablassen, jetzt zu sprechen, da der Krieg ihn zur strengsten Behauptung seiner Würde auffordert. Aber er hält inne: der geheime Weg, den wir einschlagen sollen, ist wahrscheinlich hier in der Nähe.«
Die Vermuthung Major Heyward’s war richtig. Als sie zu der Stelle kamen, wo der Indianer stand, wies er auf ein Dickicht zur Seite der Heerstraße, und ein schmaler, unansehnlicher Pfad, der, wenn auch mit einiger Unbequemlichkeit, eine Person aufnehmen konnte, wurde sichtbar.
»Dahin also,« sprach der junge Mann mit gedämpfter Stimme, »geht unser Weg. Zeigen Sie kein Mißtrauen, oder Sie locken selbst die Gefahr herbei, die Sie zu fürchten scheinen.«
»Cora, was denkst Du?« fragte die widerstrebende Schöne. »Wenn wir mit den Truppen reisen, werden wir nicht, obgleich wir ihre Gegenwart lästig finden müßten, über unsere Sicherheit beruhigter seyn können?«
»Da Sie mit den Kunstgriffen der Wilden zu wenig bekannt sind, Alice, so wissen Sie nicht, wo die Gefahr am größten ist,« fiel Heyward ein. »Wenn die Feinde überhaupt schon den Trageplatz erreicht haben, was keineswegs wahrscheinlich ist, da unsre Kundschafter draußen sind, so gehen sie sicherlich darauf aus, die Kolonne zu umzingeln, weil es hier am meisten zu skalpiren gibt. Die Straße des Detachements ist bekannt, während unser Weg, welchen einzuschlagen erst vor einer Stunde beschlossen ward, noch ein Geheimnis seyn muß.«
»Sollen wir dem Mann mißtrauen, weil seine Sitten nicht die unsern find, und seine Haut dunkel?« fragte kaltblütig Cora.
Alice zögerte nicht länger; sie gab ihrem Narraganset einen tüchtigen Schlag mit der Reitgerte, drückte zuerst die dünnen Zweige der Gebüsche bei Seite und folgte dem Läufer den dunkeln, verschlungenen Pfad entlang. Der junge Mann betrachtete die letzte Sprecherin mit unverholener Bewunderung, und ließ ihre schönere, oder zum Mindesten nicht weniger schöne Gefährtin ohne Begleitung, während er eifrig einen Weg für jene bahnte, welche Cora genannt wurden war. Die Diener mußten vorher ihre Weisungen erhalten haben: denn statt mit in das Dickicht einzudringen, folgten sie auf der Heerstraße der Kolonne, eine Maßregel, welche nach Heyward’s Angabe der Scharfsinn ihres Führers angerathen hatte, um nicht zu viel Spuren von sich zu hinterlassen, für den Fall, daß die Canadischen Wilden sich etwa so weit dem Heere voraus in Hinterhalt legten. Mehrere Minuten lang erlaubte der verschlungene Weg keine weitere Unterhaltung. Jetzt aber gelangten sie aus dem breiteren Saume des Unterholzes, das sich die Heerstraße entlang erstreckte, unter das hohe und dunkle Bogendach der Waldbäume. Hier war ihr Vordringen weniger unterbrochen, und sobald der Führer merkte, daß die Damen über ihre Pferde freier verfügen konnten, schlug er einen stärkeren trottartigen Schritt an, der die sicherfüßigen Thiere in einen schnellen, aber leichten Paß versetzte. Der junge Mann hatte sich umgewendet, um mit der schwarzäugigen Cora zu sprechen, als ihn entfernte Hufschläge, die über die Wurzeln des holperigen Weges hinter ihnen daher stampften, veranlaßten, sein Schlachtroß anzuhalten. Auch seine Begleiterinnen hielten in demselben Augenblick ihre Zügel an, die ganze Parthie machte Halt, um Aufschluß über die unerwartete Unterbrechung zu erhalten.
In wenigen Augenblicken sah man ein Füllen wie einen Damhirsch durch die geraden Fichtenstämme schlüpfen und gleich darauf die Person des unbehülflichen Mannes, den wir in dem vorigen Kapitel beschrieben haben, zum Vorschein kommen, wie er sein mageres Thier zu so viel Eile antrieb, als dieses ertragen konnte, ohne daß es zu einem förmlichen Sturze kam. Bis jetzt war diese Persönlichkeit der Beobachtung unserer Reisenden entgangen. Besaß er die Macht, das Auge des Wanderers zu fesseln, wenn er zu Fuß die volle Glorie seiner Körperhöhe entfaltete, so mußte die Grazie des Reiters die gleiche Aufmerksamkeit erregen. Trotz der beständigen Tätigkeit der einen bewaffneten Ferse gegen die Seite seiner Stute, war doch der stärkste Lauf, in den er sie bringen konnte, ein leichter Galopp mit den Hinterbeinen, in welchen die vorderen nur in zweifelhaften Momenten mit einstimmten, gemeinhin aber sich begnügten, einen hüpfenden Trott einzuhalten. Vielleicht brachte der schnelle Wechsel dieser Bewegungen eine optische Täuschung hervor, welche die Kräfte des Thiers scheinbar vergrößerte. Denn so viel ist gewiß, daß Heyward, der doch ein scharfes Auge für die Verdienste der Pferde hatte, bei allem Scharfsinn nicht im Stande war, zu entscheiden, durch welcherlei Bewegung sein Verfolger die Krümmungen des Weges mit so ausdauernder Kühnheit zurücklegte.
Der Eifer und die Bewegungen des reitenden Theils waren nicht minder merkwürdig, als die seines Rosses. Bei jedem Wechsel der Evolutionen des Letztern erhob der Erstere seine hagere Gestalt in den Bügeln, und bewirkte durch die ungebührliche Verlängerung seiner Beine ein so plötzliches Wachsen und Zusammensinken seiner Gestalt, daß jede Vermuthung über seine eigentlichen Dimensionen vereitelt wurde. Fügen wir noch die Thatsache hinzu, daß durch den einseitigen Gebrauch des Sporns eine Seite der Mähre sich schneller zu bewegen schien, als die andere, und daß die mißhandelte Flanke durch