Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper
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Читать онлайн книгу Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper - James Fenimore Cooper страница 47
»Ich meine auch, daß einmal genug ist«, entgegnete Marmaduke mit jenem schalkhaften Lächeln, welches oft seine Züge überflog und dabei die Person, der es galt, im Zweifel ließ, ob sie es als Neckerei oder überhaupt nur als launige Stimmung nehmen solle.
Der Wirt hatte inzwischen dem Indianer in einem seiner Nebengebäude ein Strohlager bereitet, wo John, in seine Wolldecke gehüllt, den Rest der Nacht zubrachte. Mittlerweile war aber auch der Major Hartmann heiter und munter geworden. Glas folgte auf Glas und Becher auf Becher, so daß das Zechgelage sich bis tief in die Nacht oder vielmehr in den Morgen hinein erstreckte, bis endlich der deutsche Veteran seinen Wunsch ausdrückte, nach dem Herrenhause zurückzukehren. Die Mehrzahl der Gäste hatte sich bereits entfernt, aber Marmaduke kannte die Gewohnheit seines Freundes zu gut, um einen früheren Aufbruch vorzuschlagen. Sobald jedoch dieser Vorschlag gemacht war, ging der Richter bereitwillig darauf ein, und das Trio schickte sich zum Abzug an. Frau Hollister begleitete ihre Gäste persönlich bis an die Tür und machte sie auf die sichersten Wege aufmerksam.
»Stützt Euch auf Mister Jones, Major«, sagte sie, »er ist jung und sein Beistand wird Euch von Nutzen sein. Nun, es macht mir immer Freude, Euch in dem ›Kühnen Dragoner‹ zu sehen, und gewiß ist es nichts Schlimmes, den Christabend mit leichtem Herzen zu begehen; denn man kann nicht wissen, welche Sorgen unser harren. Gute Nacht, Richter, und fröhliche Weihnachten euch allen!«
Die Herren verabschiedeten sich, so gut sie konnten, und hielten sich in der Mitte der Straße, wo ein schöner, breiter, wohlbetretener Pfad war, so daß sie leidlich genug vorwärts kamen, bis sie an das Gartentor des Herrenhauses gelangten; aber beim Eintreten in des Richters Domänen ergaben sich einige Schwierigkeiten. Wir wollen uns jedoch nicht mit deren Aufzählung aufhalten, sondern nur anführen, daß man am andern Morgen einige sehr abweichende Pfade im Schnee fand, und daß Marmaduke, noch ehe er die Haustüre erreichte, seine Gefährten vermißte. Die genannten Pfade setzten ihn in den Stand, ihre Spur zu verfolgen, und so fand er sie denn, bis auf die Köpfe im Schnee begraben, wobei Richard aus Leibeskräften sang:
Fort, fort, mit den Grillen
Und fort mit den Stillen –
Daß Sorgen nicht streuen die silbernen Flocken
Zu frühe in unsere dunkelen Locken.
XV
»Wie es lag, an jenem Tag, in der Bai von Biskaya, oh!«
Noch ehe die im vorigen Kapitel beschriebene Szene im ›Kühnen Dragoner‹ ihren Anfang nahm, war Elisabeth wohlbehalten nach dem Herrenhause zurückgeleitet worden, wo sie nun als Gebieterin nach Belieben schalten und den Abend nach ihrer Neigung verbringen konnte. Die meisten Lichter waren erloschen; da jedoch Benjamin mit großer Pünktlichkeit und Vorsorglichkeit vier große Kerzen in ebenso vielen massiven Messingleuchtern auf dem Serviertisch der Reihe nach aufgepflanzt hatte, so gewann dadurch die Halle eine eigentümliche Behaglichkeit, die zu dem unerfreulichen Anblick des Akademiesaals in einem schroffen Gegensatz stand.
Remarkable hatte Herrn Grants Predigt gleichfalls mitangehört, und ihre Empfindlichkeit, welche die rauhen Worte des Richters nicht wenig erhöht hatten, war durch den Einfluß des Gottesdienstes etwas gemildert worden Sie gedachte der Jugend Elisabeths und meinte, es dürfe nicht schwer werden, auch unter den gegenwärtigen Verhältnissen jene Macht zu üben, die sie bisher unbestritten besessen. Der Gedanke, jemand über sich zu haben, gegen den sie in der Abhängigkeit eines Dienstboten stehen sollte, war ihr durchaus unerträglich, und sie hatte sich bereits ein halbes Dutzend Entwürfe gebildet, wie sie es angreifen wolle, um sich rasch über ihre Stellung im Hause Gewißheit zu verschaffen Aber sooft sie dem dunklen, stolzen Auge Elisabeths begegnete, die, nachsinnend über die Szenen ihrer Kindheit, die Veränderung ihrer Lage und vielleicht auch über die Erlebnisse des Tages, im Zimmer auf und ab ging, empfand die Haushälterin eine Scheu, die ihr noch kein sterbliches Wesen einzuflößen vermocht hatte, obgleich sie sich’s nicht gestehen wollte. Dies schüchterte sie ein und hielt für eine Weile ihre Zunge in Banden. Endlich entschloß sie sich jedoch, das Gespräch einzuleiten, indem sie einen Gegenstand wählte, der geeignet war, die Rangunterschiede aufzuheben und ihre eigenen Fähigkeiten in einem vorteilhaften Licht zu entfalten.
»Der Pfarrer Grant hat uns heute abend eine prächtige Rede gehalten«, begann Remarkable. »Die bischöflichen Geistlichen sind gewöhnlich gute Redner; dafür schreiben sie aber auch ihre Gedanken nieder, was ihnen sehr zustatten kommt. Ich glaube indes nicht, daß sie eine Predigt aus dem Herzen zu halten vermöchten, wie die Geistlichen des stehenden Gottesdienstes.«
»Und was für ein Glaubensbekenntnis meint Ihr mit dem stehenden Gottesdienst?« fragte Miss Temple mit einiger Überraschung.
»Je nun, die Presbyterianer, Kongregationalen, die Baptisten und noch viele andere, die beim Gebet nicht niederknien.«
»Demnach würdet Ihr also alle, welche die Überzeugung meines Vaters teilen, in die Ordnung des sitzenden Gottesdienstes verweisen?« bemerkte Elisabeth.
»Ich habe diese nie mit einem andern Namen als mit dem der sogenannten Quäker bezeichnen hören«, entgegnete Remarkable mit einiger Unruhe. »Ich wäre wohl die letzte, sie anders zu benennen; denn ich habe in meinem Leben nie ein unehrerbietiges Wort über den Richter oder über ein Glied seiner Familie geäußert. Die Quäker stehen bei mir in hoher Achtung; denn es sind manierliche und gescheite Leute; aber es nimmt mich nur wunder, wie Ihr Vater in eine englisch-kirchliche Familie heiraten konnte, da diese Religionen himmelweit voneinander verschieden sind. Da sitzt man still und spricht meistens nichts, während die Bischöflichen allerhand treiben, so daß man bisweilen meint, man sei in einer Komödie. Ich habe einmal im Land drunten eine solche Kirche besucht –«
»Ihr habt mich da auf einen Vorzug der Liturgie dieser Kirche aufmerksam gemacht, der mir bisher entgangen ist. Seid indes so gut und seht, ob das Feuer in meinem Zimmer brennt. Ich bin von der Reise ermüdet und möchte zu Bette gehen.«
Remarkable fühlte sich ungemein geneigt, der jungen Gebieterin des Herrenhauses zu sagen, sie möge selber die Tür aufmachen und nachsehen; aber die Klugheit lehrte sie, ihre Empfindlichkeit niederzukämpfen, und nach einer kleinen Pause, die ihre Würde wahren sollte, tat sie, wie ihr geheißen worden. Die Antwort lautete befriedigend, und die junge Dame zog sich zurück, nachdem sie zuvor Benjamin, welcher Holz nachlegte, und der Haushälterin gute Nacht gesagt hatte.
Sobald sich die Tür hinter Miss Temple geschlossen, begann Remarkable ein etwas geheimnisvolles und zweideutiges Gespräch, in dem sie sich weder billigend noch mißbilligend über die Eigenschaften der Abwesenden ausließ, obgleich sie sich nicht enthalten konnte, allmählich ihren ganzen Unmut kundzugeben. Der Majordomo gab keine Antwort, sondern fuhr emsig in seinem Geschäft fort. Nachdem er damit zustande gekommen war, sah er nach dem Thermometer, öffnete sodann eine Schublade des Serviertisches und brachte etliche Herzstärkungen zum Vorschein, welche ihn auch ohne Beihilfe des ungeheuren Feuers, das er eben angeschürt, hätten warm halten können. Sofort holte er die nötigen Gläser aus einem Wandschrank beim Kamin, stellte sie auf den Tisch, rückte ein paar Stühle herzu, und nun schien Benjamin zum ersten Male seiner Gefährtin Gehör schenken zu wollen.
»Kommt«,