Unsere Luft. Norbert Metz
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In den folgenden Kapiteln werden für einige Bundesländer Langzeitverläufe dargestellt.
Situation am Arbeitsplatz und in Innenräumen
Der Stickstoffdioxidgrenzwert von 950 µg/m3 gilt für bestimmte Industrie- und Handwerksarbeitsplätze und bezieht sich auf den Mittelwert einer Schicht, die in der Regel acht Stunden lang ist. Er darf kurzzeitig und bis zu viermal pro Schicht um das Zweifache (als Mittelwert über 15 Minuten, Überschreitungsfaktor 2) überschritten werden. Der Arbeitsplatzgrenzwert gilt im Sinne der Gefahrstoffverordnung für Beschäftigte, bei denen aufgrund der Tätigkeiten am Arbeitsplatz eine erhöhte Stickstoffdioxid-Belastung zu erwarten ist. Dieser Wert wird als Arbeitsplatz-Richtgrenzwert auch in der Richtlinie (EU) 2017/164 aufgeführt. Der Wert gilt für gesunde Arbeitende an acht Stunden täglich und für maximal 40 Stunden in der Woche. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die berufsbedingt Schadstoffen ausgesetzt sind, erhalten zusätzlich eine arbeitsmedizinische Betreuung und befinden sich somit unter einer strengeren Beobachtung als die Allgemeinbevölkerung. Falschmeldungen, denenzufolge der Grenzwert von 950 µg/m3 für Büros gelte, führten zu Kritik am Grenzwert von 40µg/m³ für den Jahresmittelwert im Freien.
Der Vorsorgegrenzwert von 80µg/m3 als 60-Minuten-Mittelwert und der Gefahrengrenzwert von 250µg/m3 als 60-Minuten-Mittelwert gilt für alle anderen Innenräume, in denen keine entsprechenden Tätigkeiten durchgeführt werden, zum Beispiel Büros und Schulen sowie für Wohnräume. Diese Werte hat der Ausschuss für Innenraumrichtwerte (AIR, ehemals Ad-hoc-Arbeitsgruppe der Kommission Innenraumlufthygiene) des Umweltbundesamtes 2018 festgelegt. Der Gefahrenrichtwert, auch Kurzzeitrichtwert II genannt, stellt einen wirkungsbezogen Wert dar, bei dessen Erreichen beziehungsweise Überschreiten unverzüglich zu handeln ist, da bei einer dauernden Überschreitung dieses Richtwertes insbesondere bei empfindlichen Personen eine gesundheitliche Gefährdung gegeben sein kann.
Der Jahresmittelwert-Grenzwert von 40µg/m³ für die Außenluft wird auch für die Bewertung der langfristigen Belastung in Innenräumen in der Arbeitsstättenverordnung vorgesehen.
Messstellenthematik
Die Grundlage zur Beurteilung und Kontrolle der Luftqualität in Europa bildet die EU-Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (Luftqualitätsrichtlinie 2008/50/EG)
EU-Regelungen
In der Richtlinie 2008/50/EG wurden Grenzwerte für Stickstoffdioxid und Stickstoffoxide, Feinstaub PM10, Schwefeldioxid, Benzol, Kohlenmonoxid und Blei festgelegt und zusätzliche Luftqualitätsstandards für die noch kleineren PM2,5-Feinstäube.
Bis zum 10. Juni 2010 mussten die Mitgliedsstaaten die Richtlinie in nationales Recht umsetzen. In Deutschland erfolgte die Umsetzung mit der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen am 2. August 2010, die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 10. Oktober 2016 geändert worden ist.
Zur bundesweiten Beurteilung der Luftqualität gemäß der 39. BImSchV werden von den jeweiligen Landesämtern Probenahmestellen für Stickstoffdioxid (NO2) betrieben. Für diese Probenahmestellen müssen die Anforderungen der 39. BImSchV Anlage 3 eingehalten werden. Dort sind großräumige und kleinräumige Standortkriterien definiert.
Großräumige Kriterien:
„Der Ort von Probenahmestellen, an denen Messungen zum Schutz der menschlichen Gesundheit vorgenommen werden, ist so zu wählen, dass Daten über Bereiche innerhalb von Gebieten und Ballungsräumen, in denen die höchsten Werte auftreten, denen die Bevölkerung wahrscheinlich direkt oder indirekt über einen Zeitraum ausgesetzt sein wird, der im Vergleich zum Mittelungszeitraum der betreffenden Immissionsgrenzwerte signifikant ist; sowie Daten zu Werten in anderen Bereichen innerhalb von Gebieten und Ballungsräumen, die für die Exposition der Bevölkerung allgemein repräsentativ sind.“
Kleinräumige Kriterien:
„Bei kleinräumigen Ortsbestimmungen der Probenahmestellen ist zu berücksichtigen, dass der Luftstrom um den Messeinlass nicht beeinträchtigt werden darf, das heißt, bei Probenahmestellen an der Baufluchtlinie soll die Luft in einem Bogen von mindestens 270° oder 180° frei strömen.
Der Messeinlass muss sich grundsätzlich in einer Höhe zwischen 1,5 Meter (Atemzone) und 4 Meter über dem Boden befinden.
Der Messeinlass darf nicht in nächster Nähe von Emissionsquellen angebracht werden.
Bei allen Abgaskomponenten dürfen verkehrsbezogene Probenahmestellen zur Messung höchstens 10 Meter vom Fahrbahnrand entfernt sein; vom Fahrbahnrand verkehrsreicher Kreuzungen müssen sie mindestens 25 Meter entfernt sein.“12
Zusammenfassung Gesetzgebung
GesetzgebungDie Höhe des Stickstoffdioxidgrenzwerts wird kritisiert. Seine Herleitung ist nicht wissenschaftlich zu begründen. Es stellt sich die Frage, ob die Verschärfung des NO2-Jahresmittel-EU-Grenzwerts nicht über das Ziel hinausgeschossen ist, wenn man zum Beispiel den NO2-Jahresmittel-Grenzwert in den USA vergleicht.
In den USA liegt der NO2-Jahresmittel-Grenzwert bei 53ppb, dies entspricht 100µg/m3. Dort werden im Clean Air Act für sechs Komponenten – darunter auch NO2 – die Höhe der Immissionsgrenzwerte mit einem aufwendigen Procedere in regelmäßigen Abständen überprüft und festgelegt.13
Die amerikanische Umweltbehörde EPA legt diesen Air Quality Standard für ihre Bewertung der Luftqualität zugrunde und leitet entsprechend der gemessenen Konzentrationen in den einzelnen Staaten notwendige Maßnahmen ein. Die EPA ist bekannt für eine sehr strikte Gesetzgebung. Die Europäische Kommission ist auch auf die Bewertung von Wissenschaftlern angewiesen, die ähnlich wie in den USA den Grenzwert für die Stickstoffoxide anhand von toxikologischen und epidemiologischen Studien vorgeschlagen haben. Warum die Bewertungen in Europa und in den USA so unterschiedlich sind, bleibt ein Rätsel.
Da die europäischen Staaten gezwungen sind, die von der Kommission festgeschriebenen Grenzwerte in nationales Recht zu übernehmen, ist jetzt insbesondere in Deutschland eine Situation entstanden, die bei Kommunen und auch bei den Ingenieuren der Automobil- und Zulieferfirmen nur mit extremem Aufwand zu lösen ist. In den Bundesländern ist die Wahl eines repräsentativen NO2-Messwertes nicht einheitlich. Da oft Hotspot-Stationen in den Vordergrund gerückt werden, fehlt ein fairer Vergleich. Manche Bundesländer überprüfen daher die Standortfrage der Messstationen.
Ein weiterer Aspekt muss noch in dieser Frage angesprochen werden. Wie erklärt es sich, dass man den Menschen am Arbeitsplatz eine über 20-fache NO2-Konzentration zumutet, wenn bereits NO2-Konzentrationen im Bereich von 41µg/m³ bis 80µg/m³ in der Außenluft als krankmachend bezeichnet werden?
Der Arbeitsplatzgrenzwert liegt bei 950µg/m³. Auch wenn der Arbeitsplatzgrenzwert ein Wert für die zeitlich begrenzte Belastung gesunder Arbeitender ist, während der NO2-Grenzwert in der Außenluft auch empfindliche Personen rund um die Uhr schützt, ist diese Diskrepanz nicht nachvollziehbar.
Die Europäische