Berliner Polizei von 1945 bis zur Gegenwart. v.-Hinckeldey-Stiftung

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Berliner Polizei von 1945 bis zur Gegenwart - v.-Hinckeldey-Stiftung

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die sich nach und nach in alle Angelegenheiten der Stadt einmischte und den »Magistrat selbständiger Handlungen entwöhnte«. 5

      Über diese Struktur mischte sich der König immer stärker und häufiger direkt in die Angelegenheiten der Stadt ein; der Stadtpräsident hielt als Polizeidirektor beim König Vortrag über die Geschäfte der Berliner Stadtverwaltung. So verschwand einerseits jede selbständige Mitwirkung der Bürger Berlins an ihren ureigensten Geschäften, und andererseits nahm die Stadt mehr und mehr den Charakter einer königlich verwalteten und vom Hofe abhängigen Gemeinde an.

      Bei den gewählten und bestätigten Mitgliedern des Magistratskollegiums verblieben das Stadtgericht, das Patronat über die Kirchen und das Innungswesen. Das Armenwesen der Stadt verwaltete die Königliche Armendirektion, während die gesamte Polizeiverwaltung aus der Verantwortung des Magistrats völlig ausschied. Diese Struktur von Polizeiverwaltung und Verfassung der Stadt Berlin hielt sich bis zum Jahre 1806.

      Entsprechend ihrem Selbstverständnis als Sicherheitsbehörde hatte die Polizei einerseits Störungen der öffentlichen Ruhe und Ordnung vorzubeugen, Straftaten zu verfolgen und Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit zu beseitigen sowie Gefahren für den einzelnen und die Gesamtheit abzuwenden und andererseits zur Förderung des Gemeinwohls und der Wohlfahrt mit Zwang in das Recht des einzelnen einzugreifen. Aus dieser Vorgehensweise leitete sich die Bezeichnung Polizeistaat ab. Sie wurde gegen den mittelalterlichen Rechtsbewahrungsstaat gesetzt, und man verstand darunter eine umfassende Tätigkeit auf dem Gebiet der inneren Verwaltung sowie eine umfassende Fürsorge für die irdische Glückseligkeit der Untertanen. Dies entsprang den Auffassungen der Zeit, daß der Landesherr durch die Reformation die Befugnis und die Pflicht hatte, für das Seelenheil und die Existenz seiner Untertanen zu sorgen. Insofern stellte die Tätigkeit der Polizei das weltliche Gegenstück zur kirchlichen Tätigkeit dar. Um dieses Ziel zu erreichen, übertrug man den Behörden das Recht einer umfangreichen Verwaltungsaktivität, die auch das Recht und die Pflicht umfaßten, starke Eingriffe in den Privatbereich der Untertanen vornehmen zu dürfen.

      Das Allgemeine Preußische Landrecht von 1794 änderte die Aufgaben der Polizei und beschränkte sie im Teil II, Titel 11, Paragraph 10 auf die mit Zwang ausgestattete Staatstätigkeit, die zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung sowie zur Abwehr von Gefahren angewendet werden mußte. 6 Eindeutig festgelegt wurde in den Vorschriften des Allgemeinen Landrechts (Teil II, Titel 17, § 12), daß die Polizeibehörde in jedem Fall, durch den die öffentliche Ruhe und Sicherheit gestört wurde, das Recht und die Pflicht des ersten Angriffs und der vorläufigen Untersuchung hatte. Gemäß Paragraph 13 mußte der Fall dann der öffentlichen Gerichtsbarkeit übertragen werden. Dieses rechtsstaatliche Verfahren ermöglichte es der Polizei, ihre Aufgaben wahrzunehmen, sicherte zugleich aber auch den einzelnen Bürger gegen mögliche Willkür ab. Hier läßt sich die Entwicklung vom Polizeistaat zum Rechtsstaat ablesen. Das Allgemeine Landrecht änderte aber nicht die Verfassung der Stadt Berlin, hier behielt der Polizeidirektor seine überragende Stellung.

      Nach der Niederlage des preußischen Staates im Krieg gegen Frankreich und nach dem Einzug Napoleons in Berlin am 27. Oktober 1806 bekam die Stadt einen französischen General als Stadtkommandanten und erhielt eine besondere Verfassung. Zunächst wurde jede Unterordnung unter die Kurmärkische Kammer aufgehoben. Am 7. November 1806 wurde ein Comité administratif eingesetzt, das die alleinige Stadtverwaltung und Stadtobrigkeit war und die Verwaltung der Stadt übernahm. Zum Tätigkeitsbereich dieses Komitees gehörte auch das Polizeiwesen. Für diesen Zweck wurde eine Bürgergarde geschaffen, die dem ehemaligen Bürgermeister Büsching unterstand.

      Nach der Niederlage von 1806 setzte eine Reform des preußischen Staates ein. Vor allem das Oktoberedikt, das am 9. Oktober 1807 in Kraft trat und die ständischen Beschränkungen für Handel, Gewerbe und Grundbesitz sowie die Beschränkungen der persönlichen Freiheit aufhob, sowie die Städteordnung vom 19. November 1808 bewirkten weitreichende Veränderungen. Die Städteordnung erweiterte die Aufgaben der städtischen Organe. Die verwickelten Verfassungsgesetze für Berlin wurden beseitigt und durch die Städteordnung ersetzt.

      Das Königliche Polizeipräsidium entstand am 16. Dezember 1808. Am 5. Januar 1809 bestätigte König Friedrich Wilhelm III. das Polizei-Reglement von Berlin. 7

      Darin wurde eine direkte Unterstellung der Behörde unter den preußischen Minister des Innern angeordnet – eine Regelung, die bis nach dem 30. Januar 1933 beibehalten wurde. Der erste Polizeipräsident von Berlin, Justus von Gruner, leitete die Einführung der Städteordnung und ordnete die Verhältnisse derart, daß dem Polizeipräsidium »Befugnisse über die städtische Verwaltung« 8 eingeräumt wurden. Gruner machte am 6. April 1809 in den Zeitungen publik, daß ihm der König die Sorge für Ordnung, Ruhe und Sicherheit in der Stadt übertragen habe. Als Polizeipräsident wurde er unmittelbar dem Minister des Innern unterstellt. Gruners Aktivitäten liefen wegen des Residenzcharakters der Stadt darauf hinaus, städtische Einflußnahmen im Bereich des Polizeiwesens auszuschalten. Das Gouvernement verlor seine Verwaltungsaufgaben für Berlin, die ausnahmslos auf den Polizeipräsidenten übergingen. 1810 wurde ein engerer Polizeibezirk geschaffen, der die Stadt selbst und das Weichbild umfaßte, sowie ein weiterer Polizeibezirk, zu dem die Stadt Charlottenburg und eine Reihe von Orten im Kreis Teltow und Niederbarnim gehörten. In diesem Raum sollte nach Paragraph 3 der Polizeipräsident für die »öffentliche Ruhe, Sicherheit und Ordnung« sowie »die Vorbeugung und Stillung von Aufläufen, Ausmittlung und Ergreifung von Verbrechern und Veranlassung von General-Visitation« verantwortlich sein. 9 Maßgebend war dabei die Erkenntnis, daß Täter und Tätergruppen aus Berlin im Umland beziehungsweise umgekehrt aus dem Umland in der Stadt agierten.

      Die neue Kompetenzverteilung wurde für kurze Zeit aufgehoben, als Berlin am 20. April 1815 eine Regierung bekam, die besondere Befugnisse erhielt, die weit über die anderer Regierungen hinausgingen. Insbesondere wurde ihr das gesamte Polizeiwesen unterstellt. Regierungspräsident wurde Paul Ludwig le Coq, unter dessen Leitung ein Polizeidirektor die Aufgaben der Ortspolizei versah. Am 21. Dezember 1821 hob eine Kabinettsorder diese Regierung wieder auf und schuf die Behörde des Polizeipräsidenten neu. Die Stadt Berlin und der Polizeipräsident wurden direkt dem Minister des Innern unterstellt, beide waren zwar gleichrangig, aber der Polizeipräsident erhielt die Staatsaufsicht über den Magistrat. 10

      Das erweiterte Polizei-Reglement vom 18. September 1822 bestimmte, daß das »Polizeipräsidium eine in sich vereinigte Behörde« sei, das heißt zugleich Landesund Ortspolizeibehörde. Paragraph 2 erläuterte die Festlegung mit den Worten, daß das Präsidium »in der Regel sowohl alle diejenigen Befugnisse und Verpflichtungen, welche den Regierungen als Provinzial-Behörden zustehen und obliegen, als auch diejenigen auszuüben und zu erfüllen habe, welche den Lokalpolizei-Obrigkeiten« übertragen worden waren oder noch zu übertragen seien. Im Zusammenhang mit der direkten Unterstellung unter den Innenminister, die hier wiederholt und durch die Unterstellung sowohl des Präsidenten als auch der Angehörigen des Präsidiums unter die Disziplinargewalt des Innenministers bekräftigt wurde, zeichnete sich die besondere Stellung der Behörde ab. Dem Berliner Magistrat – so wird in Paragraph 29 erklärt – steht »zufolge der eigentümlichen Stellung des Polizei-Präsidiums in der Verwaltung der dieser Behörde zugewiesenen polizeilichen Geschäftsgegenstände und Fonds in keiner Art eine Einmischung oder Kontrolle zu«. 11 Ein derartiges einmaliges Vorgehen erklärte sich aus der Stellung Berlins, das Hauptstadt des preußischen Staates und Residenz war. Da sich immer mehr Menschen in der Stadt zusammenballten, bekam die Frage nach der Beherrschbarkeit des Regierungssitzes eine große Bedeutung. Die Einzelheiten, die das Polizei-Reglement festhielt, belegen, daß das Polizeipräsidium die entscheidende Verwaltungsbehörde der Stadt geworden war. Es gab kein kollegiales Verfahren der Verwaltung, die Haftung für sämtliche Geschäfte übernahm der Polizeipräsident in persönlicher Verantwortung.

      Zugleich orientierte sich die räumliche Zuständigkeit des Präsidiums wieder an der Bestimmung des Jahres 1810. Die 1810 zum weiteren Polizeibezirk gehörenden Orte kamen in den sechziger Jahren zum Territorium von Berlin. Eine erneute Ausdehnung der Befugnisse

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