Black Heart - Die gesamte erste Staffel. Kim Leopold

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Black Heart - Die gesamte erste Staffel - Kim Leopold Black Heart - Die gesamte Staffel

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sich. Sie riecht nach dem Schweiß anderer und ihren eigenen Sorgen.

      »Den Göttern sei Dank, dir geht es gut.«

      »Was ist passiert?«, frage ich beunruhigt. Mutter lässt mich los und eilt durch den Raum, um einige Sachen zusammenzusammeln.

      »Wir müssen verschwinden.«

      »Was? Wieso?«

      »Jetzt ist nicht die Zeit für Fragen. Nimm, was du tragen kannst. Na los!«, feuert sie mich an. Mir liegen tausend Fragen auf der Zunge, doch ich befolge ihre Anweisung und eile zum Alkoven, um meinen Geldbeutel und das Märchenbuch einzupacken, aus dem sie mir immer vorgelesen hat. Der Geldbeutel fällt klimpernd zu Boden. Ich gehe auf die Knie, um danach zu tasten. In dem Augenblick höre ich die ersten Stimmen vor dem Haus. Aufgeregtes Getuschel, das sich schnell zu einem Singsang aus Anklagen erhebt.

      Mörderin.

      Hexe.

      »Mutter, was ist passiert?«, frage ich. Meine Hände schließen sich um den Geldbeutel. Schnell springe ich auf.

      »Jetzt nicht, mein Schatz«, erwidert Mutter, deren Schritte immer noch durch den Raum trippeln, während sie weitere Sachen einpackt. Sie drückt mir ein weiteres Buch in die Hand.

      »Hedda, wir wissen, dass du da drin bist!« Jemand pocht mit der Faust gegen die Haustür. Einmal, dann noch einmal, immer lauter. Schon bald verschwimmen die Geräusche zu einer undurchdringlichen Wand aus Lärm. Ich kneife die Brauen zusammen, überfordert damit, die Stimmen den Personen zuzuordnen, und versuche mich auf meine anderen Sinne zu verlassen, während Mutter mich zur Hintertür führt.

      Anders als erwartet laufen wir nicht sofort los, sondern bleiben stehen. Mutter umarmt mich und drückt mir einen hektischen Kuss auf die Stirn, der sich zu sehr nach Abschied anfühlt. »Das Buch, das ich dir gegeben habe. Verlier es nicht.«

      »Aber …«, setze ich an. Die Stimmen werden immer lauter.

      »Und vergiss nicht, was ich dir über das Schicksal beigebracht habe.«

      Die vordere Tür fliegt mit einem lauten Knall auf. Die schweren Schritte auf dem Holz lassen mich zusammenzucken. So viele Menschen.

      »Ich liebe dich, mein Schatz«, flüstert sie noch, bevor man meine Mutter von mir reißt. Ich kann die Geräusche nicht mehr zuordnen, das Klatschen, das Reißen und Zerren, die Schreie, all die Wut und die Angst … Alles, was ich weiß, ist, dass meine Mutter in Gefahr ist. Sie werden ihr wehtun.

      »Du hast sie getötet«, erhebt sich schließlich eine Stimme aus dem Pulk. Ich erkenne sie sofort. Isak. Der Vater, dessen Kind heute das Licht der Welt erblicken sollte. »Du hast sie mit deinen Kräutern umgebracht.«

      »Ich war das nicht.« Mutter weint, was mir nur noch mehr Angst einjagt. Sonst ist sie immer die Stärkere von uns beiden. »Bitte, Isak. Du kennst mich. Ich habe Thea wie eine Schwester geliebt.«

      Mir wird klar, dass die Geburt nicht gut gelaufen ist. Das Kind und seine Mutter haben es nicht überstanden und ihr Vater gibt meiner Mutter die Schuld daran. Ich muss zu ihr, ich muss ihm sagen, dass sie nichts dafür kann. Dass das Schicksal ihm einen miesen Streich gespielt hat.

      Aber jemand packt meinen Arm und hält mich zurück.

      »Lass mich los«, fauche ich und reiße an meinem Arm.

      »Hexe!«, brüllt jemand. »Sie soll brennen für ihre Taten!«

      Der Pulk übernimmt den Ausruf, um daraus einen Gesang zu machen. Entsetzen breitet sich in meinen Gliedern aus, weil sich unser Wohnraum mit dem schrecklichen Wunsch füllt, Mutter für ihre Taten hinzurichten.

      Als sich die Stimmen der anderen entfernen und man meine weinende Mutter auf den Dorfplatz trägt, schiebt mich jemand vor sich her. Ich stolpere mehrmals über meine eigenen Füße und werde schließlich unsanft zu Boden gestoßen.

      Um mich herum sind so viele Geräusche, dass es mir schwerfällt, die Orientierung zurückzugewinnen und aufzustehen. Immer wieder rempelt mich jemand an und ich stolpere zurück zu Boden, während sich die Schreie meiner Mutter in meinen Kopf fressen.

      Es könnten Sekunden vergangen sein, Minuten oder sogar Stunden, bis ich schließlich den Geruch von Feuer vernehme.

      Mir wird schlecht. Das können sie nicht ernst meinen. Sie wollen sie nicht wirklich brennen lassen.

      Die Schreie werden schriller, schmerzvoller. Setzen sich in meiner Erinnerung fest, bis mir der Atem wegbleibt und die Galle hochkommt. Als sie plötzlich ganz verstummen, muss ich mich übergeben. Der Singsang der Menge lässt nach … sie merken, was sie getan haben.

      Ich kauere mich zusammen, die beiden Bücher meiner Mutter an meine Brust gepresst, mein Tuch um den Kopf geschlungen, um mich so vor dem Zorn der Dorfbewohner zu verstecken. Oder vor den Todesqualen meiner Mutter.

      Es funktioniert nicht, denn es dauert nicht lange, da reißt mich jemand auf die Füße. Die Bücher fallen zu Boden, während er mich zum Feuer zerrt. Der Geruch von verbranntem Menschenfleisch frisst sich in meine Schleimhäute. Ich würge.

      »Was machen wir mit ihrer Tochter?«, fordert derjenige zu wissen, der mich festhält.

      Jonas.

      »Lass mich los«, fauche ich ihn an und reiße mich los. Hilflos versuche ich einen Ausweg zu finden, doch in meinem Rücken spüre ich das knisternde Feuer und vor mir wütet die Menge. Entschlossen wähle ich den Weg nach vorne. Ich werde nicht kampflos sterben.

      »Nein!«, schreie ich. Mehrere Hände greifen nach mir, um mich festzuhalten. Mein Schrei ist so laut, dass er von den umliegenden Hauswänden zurückgeworfen wird. Die Hände verschwinden, die Stimmen verblassen. Es wird still um mich herum, so still, dass sich die Härchen auf meinem Rücken aufstellen.

      Ich strecke meine Hände aus, um nach den Körpern zu tasten, die gerade noch mein Gefängnis waren, doch ich greife ins Leere. Mein Fuß stößt gegen etwas Warmes. Entsetzen breitet sich in mir aus. Meine Beine geben nach, und ich stürze zu Boden. Meine Hände landen auf einem weichen Gegenstand.

      Nein, kein Gegenstand.

      Ein Mensch.

      Meine Fingerspitzen gleiten über den Stoff, das Leder seines Gürtels, die warme Haut an seinem Hals und die kratzigen Barthaare, aber seinen Herzschlag fühle ich nicht.

      »Oh Gott«, flüstere ich und rapple mich auf, weg von dem leblosen Körper, weg von dem Grauen, das sich um mich herum ausgebreitet hat. Ein anderer regungsloser Körper beendet meine Flucht. Hilflos falle ich erneut auf die Knie und raufe mir die Haare. Noch nie in meinem Leben habe ich mir dringlicher gewünscht, sehen zu können.

      »Ist da jemand?«, presse ich schließlich hervor. Die aufkeimende Panik legt sich wie eine eiskalte Hand um mein Herz. »Irgendjemand?«

      Düsseldorf, 2018

      Louisa von Stein

      ❤

      Es vibriert.

      Schon wieder.

      Mit

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