Konstellationen und Transformationen reformatorischer Theologie. Группа авторов

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Konstellationen und Transformationen reformatorischer Theologie - Группа авторов Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie (VWGTh)

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die historische Rekonstruktion mit dem systematischen Interesse an gegenwärtiger Praxis und mit aktueller Selbstkritik – eine Verbindung, deren methodisches Gewicht verspielt würde, wollte man die Frage nach dem Wesen für nichts anderes als metaphysisch halten und sie oberhalb der Geschichte zu beantworten suchen. Doch solche Wesensterminologie und -philosophie war bei Troeltsch nicht gemeint.

      Geht man davon aus, dass die charakteristischen Grundzüge reformatorischer Theologie ihre Prägnanz zeigen, wenn sie im Horizont gegenwärtiger Selbstbesinnung rezipiert werden, so kommt der zweite Leitbegriff des vorliegenden Bandes in den Blick. Die Art und Weise, wie sich die reformatorische Theologie in weiteren Entwicklungen transformiert, gehört zu ihrer Sachbestimmtheit und Physiognomie. Wie die Aneignung reformatorischer Theologie diese in neuen Kontexten zur Geltung bringt und sie gerade dadurch einem Bedeutungswandel aussetzt, so arbeitet die Rezeption zugleich heraus, was als das Reformatorische bzw. als typisch reformatorisch gilt. Die Suche nach neuen Formen, die als Transformationsgestalten gelten können, verhält sich also nicht bloß äußerlich zur Identifikation dessen, was als ursprüngliche Sache der Reformation gilt. Doch gerade weil dem so ist, erhält die jeweils letzte Umgestaltung keinen Primat, als könne sie mit ihrer Form- oder Farbgebung beliebig über das Bild des Reformatorischen verfügen.

      Vor allem im Rahmen der Ethik mag es gelegentlich so scheinen, als ob die Transformation des Reformatorischen die historischen Bezüge virtualisierte. Die Berufung auf reformatorische Hauptworte (Freiheit, Liebe, Berufsarbeit, Amt, Dienst), auf die Weltlichkeit der Handlungen, die politische Vernunft oder das Gewissen der Einzelnen erscheint dann als Residuum der Ausbildung protestantischer Profile bzw. der Bewährung evangelischer Perspektiven, während die Handlungsfeldanalyse und Normenreflexion sich an heterogenen Kontexten und Maßstäben orientiert. Will man diesem Eindruck begegnen, wird man sich über die (sit venia verbo!) Transformationsgrammatik verständigen müssen. Ohne eine solche Verständigung kann nicht nachvollzogen werden, welche Umgestaltungskräfte zur evangelischen Lehre bzw. zur protestantischen Tradition gehören und welche nicht. Weicht man dieser Verständigungsaufgabe aus, so verfängt man sich in Unbestimmtheitsschleifen wie denen des Säkularisierungsdiskurses, in dem noch alles, was in der Moderne Rang und Namen hat, irgendwie auf die reformatorischen Anfänge zurückgeführt worden ist. Historischer Blick für die Konstellationen der Reformationszeit und Aufklärung über die transformativen Kräfte ihrer Theologie sind also gleichermaßen erforderlich.

      I.

      Umformung ist also ein Strukturmerkmal religiöser Dynamik, das in den geschichtsbewussten Religionen auch eigens thematisiert werden kann. Dieser grundsätzliche Prozess stellt sich nun freilich anders dar, wenn der lange ruhige Fluss sich ablösender Erscheinungen in Turbulenzen gerät. Das Säkularisierungstheorem bietet für die Analyse veränderter Strömungsverhältnisse ein prominentes Beispiel: Es begreift die langfristigen Prozesse der Umformung von einem Ende her, von einem Erschöpfungszustand aus, in dem sich das Ursprüngliche nicht länger gegenüber dem Gefälle behaupten kann, so dass Veränderung zu Lasten des Umgeformten und also auf Kosten des Ausgangspunkts eintritt. Unabhängig von der Frage, ob Säkularisierung geisteswissenschaftlich als Übertragung einer ursprünglich religiösen Idee in einen weltlich konstituierten Zusammenhang oder soziologisch als Ausdifferenzierung sozialer Systeme beschrieben wird, unterstellen Säkularisierungstheorien Umformungen, die ihre Kontinuität verspielen und in Auflösung und Katastrophen geraten. Gehörte zur allgemeinen Beschreibung von Transformation, dass eine Religion ihre traditionalen Formen mit der Zeit durch neue Gestaltungen ersetzt, so kommt nun eine letzte und definitive Veränderung in den Blick, an der die Gestaltungskraft abklingt und unter Umständen gänzlich erlischt. Diese These eines kontinuierlichen Bedeutungswandels wird also krisentheoretisch eingefärbt. Man darf es einen Grenzwert des Umformungstheorems nennen, wenn die Figur permanenter Wandlung in die Erschöpfung der Wandlungskräfte überführt wird.

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