Konstellationen und Transformationen reformatorischer Theologie. Группа авторов

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Konstellationen und Transformationen reformatorischer Theologie - Группа авторов Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie (VWGTh)

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Veränderte nicht mehr mit dem status quo ante kompatibel ist. Als Grenzwert solcher Systemtransformation gilt der Bruch der bestehenden Formen, eine Destabilisierung, welche die ursprüngliche Ordnung sprengt.37 Aufgrund der jeweiligen Zeitform unterscheiden sich beide Transformationsbegriffe, der eine gleichsam reformistisch, der andere mit dem Akzent gewaltsamer Veränderung.

      Transformation war schließlich bei Karl-Otto Apel der Titel eines systematischen Programms, mit dem der kürzlich verstorbene Philosoph die Doppelstrategie bezeichnete, eine Theorie durch radikalen Umbau weiterzuentwickeln und gegen ihre ursprüngliche Fassung fortzuschreiben. Apel unterstellte (wiederum mit geschichtsphilosophischem Zungenschlag) eine Abfolge von Paradigmen Erster Philosophie innerhalb der europäischen Denkgeschichte, die an konstitutiven Leitfragen und Problemen festhält, auch wenn sich deren Bearbeitung immer wieder als aporetisch und unzureichend erweist. So war Kants Ersetzung der klassischen Ontologie durch eine Analytik des menschlichen Verstandes eine Umstellung vom Grundbegriff des Seins zu dem des Bewusstseins; gegenwärtig jedoch sei eine Transformation der kantischen Transzendentalphilosophie erforderlich, die vom Bewusstsein zur Sprache führen und den methodischen Solipsismus und Mentalismus der Erkenntnistheorie sowie die Trennung von theoretischer und praktischer Philosophie überwinden sollte. Apel wollte interne Reparatur mit Anschlussfähigkeit an aktuelle Theorieentwicklungen verbinden und sprach darum wahlweise von hermeneutischer, sprachanalytischer, pragmatischer oder semiotischer Transformation der Transzendentalphilosophie, je nachdem welcher Theorie er die jüngste Einsicht in Unhintergehbares zuschrieb. Apels Transformationsbegriff operiert so ähnlich wie die vielfältigen Wenden der Kultur- und Geisteswissenschaften (linguistic turn, pragmatic turn, iconic turn, performative turn) oder die Paradigmenwechsel der Naturwissenschaften. Problematisch gewordene Elemente einer Theorie sollten abgestoßen, eine neue integrative Betrachtung ermöglicht, aber auch nichts von dem verspielt werden, worauf es um der Einheit der Erkenntnis willen ankam. Statt bloßer Ersetzung sogenannter alteuropäischer Philosophie durch den jeweils neuesten Trend verbürgte der Transformationsbegriff Apels Vermittlung und also Kontinuität im Wandel.

      III.

      IV.

      Henrich verfolgte allerdings systematische Leitfragen (wie die nach der Rationalität des Übergangs von der kritischen Philosophie Kants zu den in sich phasenverschobenen Systembildungen des Deutschen Idealismus), die sich nicht im Sinne einer immanenten Entwicklung einzelner Autoren, ihrer Kantlektüren und der von ihnen selbst geschriebenen Abhandlungen beantworten ließen. Stattdessen forderte Henrich eine Rekonstruktion von Debattenzusammenhängen, die er als Kraftfelder der Rezeption wirksam werden sah, in denen auch längst vergessene, unbedeutendere Denker oder bisher unbekannte, aber von Henrich entdeckte Dokumente eine entscheidende Rolle spielten: die Rezeption der Kantschriften im Tübinger Stift, der Kreis um Fichte in Jena oder Hegels und Hölderlins Kooperation in Bad Homburg bzw. Frankfurt bildeten markante Zusammenhänge. In solchen Konstellationen und nicht in einer linearen Abfolge von Gedankenschritten, mithin in Anknüpfung und Widerstreit, in Resonanz oder Missklang entstand in einem relativ kurzen Zeitraum dasjenige Novum, das mit dem Epochenbegriff Deutscher Idealismus bezeichnet wird.

      Dem von Henrich gewählten Begriff liegt eine Metapher zugrunde: Eine Konstellation ist ein Verhältnis von Sternen, das als Figur erscheint oder doch so gesehen wird, und in dem durch die Bewegung der Planeten vorübergehende Veränderungen bzw. figürliche Spannungen entstehen. Statt des einen Stars am Philosophenhimmel interessiert an einer Konstellation die Stellung der Denker zueinander, die in Dialogen vor Ort vielleicht ad hoc entwickelte (und später in unterschiedlichen schriftlichen Fassungen artikulierte) Spitzenthese oder eine für zentral gehaltene Opposition, die Denkalternativen organisiert; gelegentlich auch schlicht

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