Konstellationen und Transformationen reformatorischer Theologie. Группа авторов

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Konstellationen und Transformationen reformatorischer Theologie - Группа авторов страница 6

Konstellationen und Transformationen reformatorischer Theologie - Группа авторов Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie (VWGTh)

Скачать книгу

gewisse Vagheit.) Henrich kombinierte die Rekonstruktion philosophischer Texte mit der Interpretation von Tagebucheinträgen und Briefdokumenten, aber auch mit Erinnerungen Unbeteiligter, mitunter sogar mit Vermutungen, worüber gesprochen worden sei oder hätte gesprochen werden können. Da die Sache des Denkens nur denkend erschlossen werden kann, greifen der jeweilige historische Befund und die Einschätzung systematischer Relevanz ineinander. Was für eine Konstellation konstitutiv ist, kann unter Umständen erst an einer philosophischen Position verdeutlicht werden, die im historischen Kontext niemand vertreten hat, die aber auch damals denkbar war und zu der man sich darum in Ablehnung oder Annäherung konstruktiv verhielt. Anregen können – wer hätte das nicht selbst erfahren – Fragen oder Nebensätze, die einem nicht mehr aus dem Sinn gehen.

      Wenn mit entsprechenden Prozessen und Rezeptionswegen zu rechnen ist, wird man die Vorstellung eines sogenannten Keimentschlusses, durch den ein Autor im Laufe seiner Lebenszeit und in der kontinuierlichen Abfolge seiner Veröffentlichungen sein Werk hervorbringe wie das Weizenkorn die Ähre, mit Vorsicht behandeln. Sie ist vielleicht nur eine Fiktion. Ihre imaginären Anteile speisen sich aus Genie- und Individualitätskult, aus der Verehrung und Monumentalisierung sogenannter großer Denker, sie blenden aber die Brüche, Zufälle und Problemturbulenzen aus, die ein Denken genauso prägen können wie Konflikte und Konkurrenzen mit anderen Zeitgenossen.

      Es war das Interesse der in diesem Band dokumentierten Zusammenarbeit der Fachgruppe Systematische Theologie innerhalb der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie e.V., das Reformationsjubiläum 2017 vom vielzitierten Luther-Jahr (unter dessen Titel es dann doch begangen wurde) abzuheben, die Beziehungen zwischen den reformatorischen Theologien, ihre Dissonanzen wie ihre Abständigkeit gegenüber unserer Zeit, aber auch ihre Produktivität für gegenwärtige Anknüpfungen auszuloten. Dieses Interesse verbindet die Beiträge (sie werden im nächsten Abschnitt noch knapp präsentiert), nicht die Einheitlichkeit einer Terminologie oder eine programmatische Ausrichtung und schließlich auch nicht eine Koordination von Forschungsarbeiten von langer Hand. Der Titel des Buches ist bescheidener, weil exemplarisch und tentativ gemeint, und die Beitragenden, Mitglieder wie Gäste der Fachgruppe, operieren selbständig und ohne Vereinigungszwang.

      V.

      Die Ausrichtung aller Themen der Theologie an einer allernötigsten Frage, sei es die nach der Gerechtigkeit Gottes oder die nach der Vergebung der Sünden, begreift der diesen Band eröffnende Beitrag als Kennzeichen reformatorischer Lehrbildung. Wenn im Blick auf sie Gewissheit entsteht, bilde sich ein Gravitationsfeld, in dem andere Lehrstücke (loci) loziert werden können. Die Themen der Theologie werden auf diese Weise konstelliert, sie erhalten eine kommunikative Ordnung, wie Walter Sparn in seinem Beitrag darlegt. Die protestantische Eigenart solcher Gewissheit färbt sich an ihrem Verhältnis zu Wort, Schrift und Erfahrung ein und setzt zugleich Polyvalenzen frei, die die Vielfalt reformatorischer Theologien begründen und ausmachen. Schon in der Reformationszeit, erst recht in der ihr folgenden konfessionellen Ausdifferenzierung blieb strittig, ob Gewissheit durch den Erwählungsgedanken gestützt oder im Gegenteil verstellt und verbaut wird. Diese Frage kann auch auf Transformationsgestalten gerichtet werden, welche den Glauben als Wiedergeburtsgewissheit oder in Nachbarschaft von belief, Urvertrauen und existentieller Daseinsgewissheit als unbedingte Gewissheit denken und beschreiben. Sparn zeigt, welche Verschiebungen und Verluste sich ergeben (können) und legt dar, warum er den Anspruch unbedingter Gewissheit für problematisch, ja aporetisch hält. Jedoch erklären sich noch die kritisierten Transformationen aus Konstellationen, die Veränderungsdruck erzeugen: etwa der neuzeitlichen Beziehung von Glauben und Wissen, von Religion und Rationalität oder von Subjektivität und Erfahrung. Sparn skizziert eine Phänomenologie der christlichen Gewissheit, die der Anfechtung, der Nicht- Identität, dem Zusammenhang von Affektion und Kognition, aber auch der semiotischen Verfasstheit medialer Wirklichkeit besser gerecht werden könne als die kritisierten Unbedingtheitsfiguren im Raum der Subjektivität.

      Reformierte Theologie ist nach Michael Beintker (unabhängig von ihrem geographischen Vorkommen)

Скачать книгу