Nice Girls. Louise Boije af Gennäs

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Nice Girls - Louise Boije af Gennäs

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an der Küche, daß sie rasch aufstehen und hinausgehen konnte, trug Franks großen, weißen Frotteemorgenrock über einem höchst gewöhnlichen Schlafanzug. Sie hatte ihn sorgfältig ausgesucht, einen ganz normalen Schlafanzug, damit sich die anderen in ihrer Gesellschaft wohl fühlten. Der modischere Spitzenpyjama, den ihr Frank geschenkt hatte, blieb beispielsweise in der Schublade liegen, nur damit sich Catta heute abend als die Eleganteste fühlen konnte. Auch der verschlissene Calidapyjama war verworfen worden, obwohl er für eine Pyjamaparty eigentlich genau das richtige war – doch besaß schließlich Gunvor in dem Quartett das Patent, reizend, ein wenig abgewetzt und täppisch wie ein Welpe zu sein.

      Lizzies Rolle war, genau in der Mitte zu liegen, so normal wie nur möglich zu sein. Deshalb die Wahl dieses Pyjamas.

      Über Stella hatte sie nicht nachdenken müssen; es war völlig unmöglich, Stellas Verhalten oder ihre Kleidung im voraus zu erraten, doch bestand jedenfalls nur geringe Gefahr, daß etwas davon mit Lizzies Kleidung kollidieren könnte.

      Stella, bequem auf dem Sofa zurückgelehnt, das Glas zwischen den langen Fingern, trug überhaupt keinen Pyjama. Statt dessen hatte sie ein ausgeblichenes Hemd an, auf dem ein Bild von Snoopy mit dunkler Sonnenbrille zu sehen war, ein Hemd, das über der Brust spannte und auf dem man den Text »Joe Cool« lesen konnte. Sie war die einzige, die noch immer geschminkt war, weil sie es haßte, in die Sauna zu gehen. Ihre jetzt nicht mehr auf die Kleidung abgestimmten Ohrringe kamen aus London. Die langen roten Haare hatte sie mit Hilfe eines Stifts zu einem Büschel auf dem Kopf zusammengezwirbelt, und sie sah – so war es immer bei Stella – unglaublich toll aus.

      Sie hatte sich konsequent geweigert, Nachtkleidung anzuziehen. Eine Pyjamaparty war nicht Stellas ›bag‹. Auch ein Wiedersehen nicht. Besonders nicht mit Freundinnen, mit denen sie keinerlei Gemeinsamkeiten mehr hatte, auch wenn alle, außer ihr selbst, das mit aller Macht abzuleugnen schienen.

      »Ein Skål auf das Geburtstagskind!« sagte Lizzie und prostete Catta zu. »Ein gutes neues Jahr, und ich hoffe, du bekommst viele Geschenke, die uns allen stehen.«

      »Heißt das, du hoffst, daß wir, wie durch ein Wunder, plötzlich alle denselben Geschmack haben?« fragte Stella amüsiert.

      Es wurde still, eine leicht drückende Stille. Stella schämte sich auf einmal. Sie lächelte wieder und ließ ihr Glas gegen Cattas klingen.

      »Na okay. Auf ein langes und glückliches Leben«, sagte sie, »und daß du dicker bleiben mögest als ich.«

      »Und als ich«, sagte Gunvor und kicherte so sehr, daß ihr weicher Bauch hüpfte, »aber das ist wohl eine physische Unmöglichkeit.«

      Ihre braunen Augen funkelten, und die Grübchen in ihren Wangen wurden tiefer, während sie an ihrem Glas nippte und die anderen betrachtete. Sie hatte seit dem Abendessen einen Weinfleck auf der Pyjamajacke, ein Sokken hatte ein Loch, und sie war etwas beschwipst, vielleicht weil sie so nervös gewesen war, sie alle wiederzusehen. Andererseits war Gunvor fast immer so fröhlich, was mehr war, als man von den anderen behaupten konnte.

      Doch auch Catta schien ausnahmsweise entschlossen, sich ihre gute Laune nicht verderben zu lassen.

      »Moment mal. Wer ist hier die Jüngste?« fragte sie und hielt scherzhaft die Hand hinters Ohr. »Wer ist die Jüngste? Ihr werdet alle vor mir dreißig.«

      »Sprich nicht davon«, sagte Lizzie finster.

      In ihrem Inneren zuckte die Unruhe, fast als zappelte da ein kleiner Fisch. Bald dreißig. Bald würde alles verändert sein, und sie hatte nichts dagegenzusetzen, keine inneren Kräfte, auf die sie sich verlassen konnte. Die ganze Welt war ins Wanken geraten, und niemand war da, der ihre Hilferufe hörte.

      Vielleicht rief sie nicht laut genug?

      In ihr wuchs das Kind, das Kind, das schon richtige kleine Finger, Zehen und froschähnliche, blinde Glotzaugen besaß; das Kind, das in ein paar Wochen geboren werden sollte. Wenn das Kind da war, würde alles anders sein, und sie würde nie mehr zu der alten Lizzie zurückfinden. Sie wagte nicht, ihre Unruhe hinauszuschreien, denn sobald sie das tat, stand fest: Sie war nicht nur eine schlechte Frau und Ehefrau, sondern würde auch noch eine schlechte Mutter sein.

      »Du hast doch wohl keinen Grund, dir Sorgen zu machen!« rief Gunvor entrüstet und schaute Lizzie an. »Du bist doch verheiratet!«

      Stella und Catta brachen gleichzeitig in Lachen aus. Sie warfen sich einen Blick zu und verdrehten die Augen.

      »Sie ist doch verheiratet!« wiederholte Stella mit übertriebener Betonung.

      »Ja, da kann sie ja keine Probleme haben!« sagte Catta ganz unschuldig.

      Sie lächelten sich zu, ein bißchen verlegen. Das war ja fast der alte Ton! Wo kam der auf einmal her?

      »Skål«, sagte Stella. »Gratuliere. Meine ich wirklich.«

      Ihre Gläser stießen wieder aneinander. Dann wurde es still. Alle tranken und vermieden es, sich anzusehen.

      »Macht dir irgendwas Sorgen, Lizzie?« fragte Gunvor. »Im Ernst?«

      »Nein, nein«, erwiderte Lizzie so fröhlich, wie sie nur imstande war. »Alles völlig okay. Frank und ich freuen uns riesig, und mit dem Kind läuft alles, wie es soll.«

      Sie hörte selbst, wie albern das klang.

      »Ein neuer, schöner Morgen im Glücksland!« sagte Stella gekünstelt.

      »Und wie steht’s mit Benjamin, apropos Alter?« fragte Catta unschuldig und wandte sich ihr zu.

      Ein Stechen durchlief die feinen Nervenfäden in Stellas Brustkorb, fast glaubte sie zu sehen, wie es sich, feuerrot, in ihrem ganzen Nervensystem ausbreitete. Doch war ihr äußerlich nichts anzumerken, soviel wußte sie. Deshalb steckte sie sich ruhig eine Zigarette an und erwiderte die Blicke der anderen mit ausdrucksloser Miene.

      »Gut«, sagte sie. »Wirklich super. Es macht Spaß, mit jemandem zusammenzuleben, kaum vorstellbar bei dem, was man so um sich rum sieht!«

      Lizzie, die einzige in der Runde, die seit mehreren Jahren verheiratet war und nicht allein lebte, schluckte die Stichelei, spitz wie sie war, konnte sich aber einen Gegenangriff nicht verkneifen.

      »Ist es auf die Dauer nicht anstrengend?« fragte sie. »Ich meine, ich kenne Benjamin ja nicht, aber er ist doch jedenfalls ziemlich viel jünger als du, stimmt’s? Seid ihr nicht sechs Jahre auseinander?«

      Stella lächelte. Sie sah aus, als beherrschte sie jeden Fingerbreit ihrer tatsächlich äußerst gut gespielten, bei vielen früheren Gelegenheiten eingeübten Lässigkeit in dieser Frage.

      »Sechseinhalb, um genau zu sein«, sagte sie, »und das bist du doch gern. Nein, es ist nicht anstrengend. Es ist toll! Wie steht es übrigens mit Frank, in puncto toll, amüsant und so weiter?«

      Lizzie biß die Zähne zusammen. Sie wußte doch, daß sie kein so dickes Fell besaß wie Stella; warum hatte sie sich auf diesen Nahkampf eingelassen?

      »Frank und ich, wir haben es bestens!« sagte sie. »Entschuldige, wenn ich einen wunden Punkt getroffen habe!«

      »Das war kein wunder Punkt!« sagte Stella unbekümmert. »Du solltest selbst mal probieren, wie es ist, mit einem jungen, witzigen Typen zusammen zu sein. Das hat seinen besonderen Reiz!«

      Lizzie

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