Feuerwehrbedarfsplanung. Thomas Lindemann

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Feuerwehrbedarfsplanung - Thomas Lindemann

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dem Hauptberuf des Feuerwehrangehörigen – ständig fortzubilden, um jederzeit eine professionelle Gefahrenabwehr leisten zu können. Dabei gilt es nicht nur das feuerwehrtaktische und -technische Fachwissen stets auf aktuellen Stand zu halten. Auch neue wissenschaftliche Erkenntnisse, aktuelle Rechtsprechung und sich ändernde politische Rahmenbedingungen müssen im ehrenamtlichen Dienstalltag die notwendige Berücksichtigung finden.

      Finanzsituation der Kommunen

      Darüber hinaus spielt auch die Finanzsituation der öffentlichen Haushalte eine entscheidende Rolle bei der flächendeckenden und nachhaltigen Sicherung des abwehrenden Brandschutzes und der Hilfeleistung. »Die Gemeinden, Städte und Landkreise in der Bundesrepublik Deutschland befinden sich derzeit in der schwierigsten Finanzsituation seit Beginn der 50er-Jahre.« (Albers & Rohloff, 2007). Es ist vom »Kollaps der Kommunen« (Wisniewska et al., 2002) die Rede, die insbesondere auch im Bereich der Feuerwehr einen teilweise erheblichen Investitionsstau vor sich herschieben. Dabei ist die materielle Ausstattung der Feuerwehr nicht nur ein wesentliches Element zur Zielerreichung eines effektiven Brandschutzes, sondern auch eng mit der Attraktivität des Feuerwehrdienstes verknüpft. Eine überalterte Fahrzeug- und Gerätetechnik stellt ein Motivationshemmnis dar, da sich mit einem 35 Jahre alten TSF wohl kaum für das Ehrenamt Interessierte »hinter dem Ofen hervorlocken« lassen. Das Gleiche gilt für sanierungsbedürftige Feuerwehrhäuser, die nicht nur die Anforderungen der Unfallverhütungsvorschriften verletzen, sondern in denen auch schlicht der Wohlfühlfaktor fehlt.

      Aufgrund der angespannten Haushaltssituation wird es auch nicht möglich sein, die sinkenden Mitgliederzahlen und Verfügbarkeitssituationen in den Freiwilligen Feuerwehren durch hauptamtliche Kräfte zu kompensieren.

      Sicherung des ehrenamtlichen Personalbestands

      Die in Bild 1 aufgeführten Herausforderungen und Entwicklungen hinterlassen ihre Spuren im Personalbestand der Freiwilligen Feuerwehren: Bundesweit ist ein kontinuierlicher Rückgang der Mitgliederzahlen in den Freiwilligen Feuerwehren zu verzeichnen, siehe Bild 3. Die Darstellung der deutschlandweiten Statistik kaschiert dabei die regional unterschiedlich ausgeprägte Intensität des Personalverlustes, der in einigen Gemeinden und Landkreisen deutlich gravierender zu Buche schlägt.

Images

      Bild 3: Entwicklung der Mitgliederzahlen der Freiwilligen Feuerwehren 1990 bis 2015 (Quelle: DFV, 2016)

      Es wird der Rückgang der allgemeinen Bereitschaft zum Ehrenamt beklagt, von dem auch das Engagement in der Freiwilligen Feuerwehr betroffen ist. Der Freiwilligensurvey des BMFSFJ (2016) allerdings widerlegt die vermeintliche Interessenlosigkeit der Bevölkerung am Ehrenamt. Demnach ist das freiwillige Engagement in Deutschland nicht etwa rückläufig, sondern in den letzten 15 Jahren um knapp zehn Prozentpunkte angestiegen.

      Es hat sich aber durchaus der klassische Weg der »Ehrenamtskarriere« verändert, bei der nach mehr Flexibilität gestrebt wird und bei dem das Motto »Einmal Feuerwehr, immer Feuerwehr!« seine Gültigkeit verliert. Feuerwehrmitglieder anzuwerben ist damit nur ein Teil der Aufgabe. Die bestehenden Mitglieder müssen auch langfristig gehalten werden. Hier sind passgenaue Lösungen für die unterschiedlichen Interessenlagen gefragt. Eine pauschale Aktivitätsverpflichtung im freiwilligen Engagement (»Eintritt und Austritt sind freiwillig, dazwischen ist Dienst«) erscheinen in einer schnelllebigen Zeit mit wechselnden Interessenlagen nicht mehr zeitgemäß. Längere Pausen in persönlichen Umbruchphasen müssen akzeptiert und auch die Möglichkeit zu zeitlich begrenztem Engagement angeboten werden.

      Gerade vor dem Hintergrund des veränderten Freizeitverhaltens, des Wertewandels, der Individualisierung sowie Pluralisierung der Lebensformen muss sich die Feuerwehr attraktiv gestalten und auf einen zeitgemäßen Umgang mit Traditionen achten. Zwar nehmen gerade in dörflichen Strukturen die Feuerwehren eine ausgeprägte sozial-gesellschaftliche Rolle im Ort wahr, es hat jedoch nicht jeder Feuerwehrangehörige Lust auf antiquierte Traditionsstrukturen. Wer privat und beruflich stark eingebunden ist und bereits viel Zeit im Dienst- und Einsatzgeschehen der Feuerwehr investiert, ist unter Umständen nicht bereit, auch noch den Maibaum aufzustellen, die Oster- und Martinsfeuer abzusichern und am Traditionsmarsch im Dorf teilzunehmen.

      Das breit gefächerte Alternativangebot an Sport- und Freizeitmöglichkeiten bis hin zu den computer- und medienbasierten Individualhobbys konkurrieren mit der Zeit für ein Engagement in der Freiwilligen Feuerwehr, während auch das Familienleben keine Abstriche zulässt. Bei dem natürlich begrenzten Zeitkontingent wird sich jedes Mitglied unserer Gesellschaft genau überlegen, wie viele Stunden man für welche Aktivität und Verpflichtung einzusetzen bereit ist.

      Die Jugendfeuerwehr als Hauptnachwuchslieferant für die Einsatzabteilungen der Freiwilligen Feuerwehren hat ebenfalls zunehmend Schwierigkeiten, auch in Zukunft als Garant für stetigen Mitgliederzulauf zu fungieren. Vielerorts haben die Jugendfeuerwehren mit Nachwuchsmangel zu kämpfen, da auch sie mit anderen Freizeit- und Vereinsangeboten konkurrieren und durch die Etablierung von Ganztagsschulen den Jugendlichen ohnehin weniger Freizeit »übrigbleibt«. Zudem sind zunehmend sinkende Übernahmequoten aus der Jugendfeuerwehr in die Einsatzabteilung zu verzeichnen. Dieser Umstand liegt unter anderem darin begründet, dass viele Jugendliche nach ihrem Schulabschluss – und damit meist im relevanten Übertrittsalter in die Einsatzabteilung – nicht an ihrem Heimatort bleiben, sondern zur Berufsausbildung, zum Studium oder aus persönlichen Interessen (meist in stärker urbanisierte Räume) wegziehen und häufig auch nicht wieder in die Heimatkommune zurückkommen. Hierdurch fehlt der Übertritt in die aktive Wehr.

      Durch das Aussetzen der Wehrpflicht mit Wirkung zum 1. Juli 2011 ist eine weitere Einstiegsmöglichkeit in die Freiwillige Feuerwehr weggefallen, in der Wehrpflichtige durch eine mehrjährige Verpflichtung für den Katastrophenschutz einen Wehrersatzdienst leisten konnten. Durch das so geweckte Interesse am ehrenamtlichen Engagement in der Freiwilligen Feuerwehr blieben viele Wehrersatzdienstleistende auch nach Ablauf ihrer Ersatzdienstzeit der Freiwilligen Feuerwehr als Mitglied erhalten.

      Veränderte Arbeitswelt

      Mit dem gesellschaftlichen Wandel geht auch eine Veränderung des Arbeitsmarktes einher, die sich in besonderem Maße auf die Einsatzbereitschaft der Freiwilligen Feuerwehr auswirkt und maßgeblich die Tagesalarmverfügbarkeit der ehrenamtlichen Kräfte beeinflusst. Die Hauptproblematik besteht darin, dass durch die gestiegene Mobilität und Flexibilisierung auf dem Arbeitsmarkt viele Berufstätige ihren Arbeitsplatz nicht mehr wie früher im Wohnort haben, sondern mitunter beachtliche Pendelentfernungen zum Arbeitsplatz zurücklegen und damit für Einsätze der Feuerwehr während der Arbeitszeiten nicht verfügbar sind.

      Immer mehr Arbeitnehmer haben zudem keine festen Arbeitszeiten mehr, sondern bestimmen im Rahmen von Gleitzeitregelungen selbst über den Beginn und Ende ihrer täglichen Dienstzeit. Durch diesen Umstand darf es keine Ungleichbehandlung geben (z. B. bei der Freistellungs- und Lohnausfallregelung bei einsatzbedingtem Verlassen des Arbeitsplatzes). Gleichzeitig ist der Grad der Samstagsbeschäftigung gestiegen, durch die sowohl die Alarmverfügbarkeit von Einsatzkräften als auch die Möglichkeit zur Teilnahme an Wochenendlehrgängen eingeschränkt wird.

      Vielen Berufstätigen ist trotz der gesetzlichen Regelung, dass sie während der Arbeits- und Dienstzeiten für die Teilnahme an Einätzen sowie Aus- und Fortbildungen freizustellen sind und hieraus keine beruflichen Nachteile erwachsen dürfen (vgl. beispielsweise § 20 BHKG), das Verlassen des Arbeitsplatzes für den Feuerwehrdienst nicht möglich.

      Die Gründe hierfür sind mittlerweile vielfältig: Zum einen hat die fortschreitende Arbeitsverdichtung und Rationalisierung in den Betrieben zu einem erhöhten Arbeitsdruck geführt. Während vor einigen Jahrzehnten in vielen Betrieben noch ein

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