Feuerwehrbedarfsplanung. Thomas Lindemann
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Und auch die quantitative sowie qualitative Personalplanung mit der Anzahl und Qualifikation der Feuerwehrangehörigen steht in Zusammenhang mit dem Fahrzeugkonzept: Auf der einen Seite muss ausreichend (alarmverfügbares) Personal mit der für die Technik notwendigen Ausbildung und Anwendungsroutine zur Verfügung stehen, um Fahrzeug und Gerät zuverlässig in den Einsatz bringen zu können.8 Auf der anderen Seite benötigt ein bestimmter Personalstamm auch einen entsprechend großen Fuhrpark: Fehlt Personal, um Fahrzeuge besetzen zu können, muss das Personal- und Fahrzeugkonzept angepasst werden. Steht hingegen ein großer Personalstamm zur Verfügung, über dessen Umstand sich die Kommune glücklich schätzen kann, sollte zur Konservierung des bestehenden Personals nicht zwangsweise auf das bedarfsplanerische Minimum im Fahrzeugkonzept abgestellt, sondern eine motivierende und praxisgerechte Lösung angestrebt werden.
Beispiel:
Können von einer personalstarken Ortsfeuerwehr gleich mehrere taktische Löschgruppen in den Einsatz gebracht werden, empfiehlt sich unter Umständen eine entsprechende Anzahl an Löschfahrzeugen für diese Ortsfeuerwehr vorzuhalten, selbst wenn analytisch ein einziges ausreichen würde.
Weitere externe Einflussgrößen
Über die oben genannten »harten Faktoren« hinaus gibt es noch eine Reihe von hier nicht abschließend genannten »weichen Faktoren«, die sowohl auf die Festlegung der Planungsziele als auch auf einzelne Elemente der Feuerwehrstruktur Einfluss nehmen.
Wie auch in anderen Lebensbereichen sind die Faktoren »Tradition« und historisch gewachsene Strukturen wesentliche Determinanten für Planungen, die es zu berücksichtigen gilt. Verfügt eine Ortsfeuerwehr seit jeher über fünf Löschfahrzeuge und ergibt eine erstmalige bedarfsplanerische Analyse einen objektiven Fahrzeugbedarf von lediglich zwei Löschfahrzeugen für diese Ortsfeuerwehr, würde die »Wegnahme« von drei Fahrzeugen mit hoher Wahrscheinlichkeit als »Downgrading« empfunden werden, welches erheblichen Einfluss auf die Motivationslage der ehrenamtlich tätigen Feuerwehrangehörigen hätte und Widerstand hervorrufen könnte. Zahlreiche ähnliche Beispiele lassen sich für historisch gewachsene Standort- und Organisationsstrukturen anführen. Auch wenn sich die Gemeinde nicht durch das Ehren- wie auch Hauptamt erpressbar machen darf, gilt es hier dennoch, tragfähige Lösungen zu finden, die sich eben nicht immer »eins zu eins« aus einer objektiven Analyse ableiten lassen (vgl. hierzu auch Kapitel 3.3 zur Nachvollziehbarkeit von Bedarfsplänen).
Neben den historisch gewachsenen Strukturen beeinflussen auch die örtlich vorhandenen einsatztaktischen Konzepte die Bedarfsplanung. Ein Konzept mit Staffel- statt Zugwachen führt zu jeweils unterschiedlichen Standortstrukturen, das Vorgehen mit einem Drei-Mann- statt mit einem Zwei-Mann-Angriffstrupp zu einer jeweils anderen Funktionsbesetzung und die Nutzung eines Wechselladersystems statt mehreren Sonderfahrzeuge auf Einzelaufbauten zu einem jeweils anderen Fahrzeugkonzept.
Zusätzlich schränkt die Finanzsituation der Kommune sowohl den Gestaltungsspielraum bei der Festlegung der Planungsziele als auch bei der konkreten Standort-, Fahrzeug- und Geräte- sowie Personalausstattung ein (vgl. auch Kapitel 2.3). Auch die Lobbyarbeit der Feuerwehrindustrie kann unter Umständen Einfluss auf die konkrete Ausstattung von Feuerwehren nehmen. Durch die Angebote und Wertschöpfungsideen der Industrie werden mitunter suggestiv Bedarfe generiert, die Eingang in Fahrzeug- und Gerätekonzeption finden. Nicht zuletzt spielen auch politische und individuelle Interessen bei der Bedarfsplanung eine Rolle. Zum Beispiel wenn eine Änderung der Planungsziele erfolgt, die die politischen Entscheidungsträger gegenüber der Bürger- und damit der Wählerschaft als höheres oder geringeres Versorgungsniveau zu rechtfertigen haben. Oder wenn die Kommune kein von den benachbarten Städten und Gemeinden abweichendes Planungsziel mit dem damit verbundenen vermeintlichen Unterschied im Sicherheits- bzw. Versorgungsniveau der Feuerwehr verantworten möchte. Die Einzelinteressen können sich auch auf einzelne Personen mit Einfluss und Gewicht beziehen, wenn sie beispielsweise Feuerwehrangehörige sind und besondere, aber sachfremde Ziele für sich und ihre Einheit erwirken möchten.
2.3 Grundsätzliche Betrachtung der Bedarfsplanung
Berlin ist nicht die Voreifel. Die Gegebenheiten im Ruhrgebiet unterscheiden sich von denen in Mecklenburg-Vorpommern. Lörrach liegt nicht auf einer Nordseeinsel, Plön nicht im Alpengebirge. Und Stuttgart ist weder Weimar noch die Oberlausitz. Die örtlichen Verhältnisse in der Bundesrepublik sind ganz unterschiedlich. Folgerichtig existieren auch keine bundeseinheitlichen Standards für die Bedarfsplanung von Feuerwehren, zumal das Feuerwehrrecht in die Regelungskompetenz der Bundesländer fällt. Selbst in den einzelnen Bundesländern gibt es entgegen weit verbreiteter Meinung kaum verbindliche Regelungen und Zielvorgaben für die Bemessung von Feuerwehren (vgl. Kapitel 4.6), weshalb der Feuerwehrbedarfsplanung eine gewisse Mystik innewohnt. Vielmehr wird als Generalklausel in den Feuerwehrgesetzen der Länder wie folgt (oder mit ähnlicher Formulierung) gefordert:
»Die Gemeinden haben eine den örtlichen Verhältnissen entsprechend leistungsfähige Feuerwehr aufzustellen, auszurüsten und zu unterhalten.«
Die Gesetze selbst enthalten jedoch keine Angaben darüber, was unter den unbestimmten Rechtsbegriffen »den örtlichen Verhältnissen entsprechend« und »leistungsfähig« zu verstehen ist und wie eine Feuerwehr ausgestattet sein muss, um den durch diese Rechtsbegriffe charakterisierten Anforderungen zu genügen. Da auch keine naturwissenschaftlich begründeten Planungswerte existieren, auf Basis derer sich zwingende Planungsziele bestimmen, bleibt die Festlegung der kommunalen Planungsziele für die Feuerwehrbedarfsplanung und damit des Versorgungsniveaus der Feuerwehr eine politische Entscheidung.
Selbstverwaltungsgarantie und Gestaltungsspielraum
Über die konkrete Dimensionierung der Feuerwehr hat die Kommune durch ihren Stadt- oder Gemeinderat als politisches Entscheidungsgremium in Wahrnehmung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts verantwortungsbewusst selbst zu entscheiden. So ist gemäß Art. 28 Abs. 2 GG den Gemeinden das Recht gewährleistet, »alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln« (kommunale Selbstverwaltungsgarantie).
Die Formulierung »im Rahmen der Gesetze« impliziert dabei, dass das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht auch nur »im Rahmen der Gesetze« eingeschränkt werden kann und nicht etwa durch eine bloße Verwaltungsvorschrift (vgl. Urteil des VG Regensburg vom 22.10.2003 – Az.: RO 3 K 02.2309). Jede aufsichtsbehördliche Maßnahme stellt einen erheblichen Eingriff in die garantierte Selbstverantwortlichkeit der Kommune dar, weshalb sich das staatliche Einschreiten durch die kommunale Aufsichtsbehörde auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken hat (vgl. Kapitel 3.7). Die Aufsichtsbehörde hat bei der Wahrnehmung ihrer Befugnisse zu respektieren, dass sich ihre Maßnahmen gegen die unmittelbar gewählte gemeindliche Volksvertretung richtet, die die Gemeindegeschicke selbst bestimmt und selbst verantwortet (vgl. Urteil des OVG Lüneburg vom 18.09.1996 – Az.: 13 L 7342/94).
Gemäß den Feuerwehrgesetzen der Länder handelt es sich bei der Aufstellung, Ausrüstung und Unterhaltung der Feuerwehr um eine Pflichtaufgabe im eigenen Wirkungskreis. Demnach steht der Gemeinde in Ausübung dieser Pflichtaufgabe ein gewisser Gestaltungsspielraum zu, der eine Bandbreite von Handlungsmöglichkeiten für individuelle, auf die örtlichen Verhältnisse angepasste Konzepte und Lösungsansätze eröffnet (vgl. Bild 6).
Gibt