Feuerwehrbedarfsplanung. Thomas Lindemann
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2.1 Ziele der Feuerwehrbedarfsplanung
Die Aufstellung und regelmäßige Fortschreibung eines Feuerwehrbedarfsplans ist in vielen Bundesländern gesetzlich vorgeschrieben (vgl. Kapitel 4.6.1 Ziffer d). Die Erfüllung dieser gesetzlichen Vorgabe ist jedoch nicht der einzige Grund, warum sich die Aufstellung eines Feuerwehrbedarfsplans lohnt.
Der Feuerwehrbedarfsplan stellt ein multifunktionales Planungsinstrument für die Politik, die Verwaltung und die Feuerwehr dar, mit dem die strategische Ausrichtung der Feuerwehr und die Festlegung des örtlichen Sicherheitsniveaus in Bezug auf die Leistungen des abwehrenden Brandschutzes und der Hilfeleistung erfolgen. Die Erstellung und Fortschreibung von Bedarfsplänen bietet anlassgebend die Gelegenheit für Politik und Verwaltung, sich intensiv mit der Feuerwehr und deren Belange auseinanderzusetzen, die gegenseitigen Bedürfnisse zu artikulieren und gemeinsame strategische Zielvorstellungen festzulegen. Dies ist als Chance für alle beteiligten Seiten zu verstehen, die periodisch wiederkehrt.
Durch den Feuerwehrbedarfsplan wird eine gründliche und nachvollziehbare Bestandsaufnahme der Feuerwehr vorgenommen, in der die gegenwärtige IST-Situation der Feuerwehr verständlich dargestellt, dokumentiert und analysiert wird. Gleichzeitig erfolgt eine objektive bzw. politisch legitimierte Bedarfserhebung (SOLL-Planung), die auf der einen Seite die Feuerwehr vor einer Unterdimensionierung schützt, auf der anderen Seite eine willkürliche Dimensionierung verhindert, die durch »Fürstentümer« und »Selbstverwirklichung« Einzelner entstehen könnte.
Bild 4: Ziele der Feuerwehrbedarfsplanung
Mit dem Feuerwehrbedarfsplan wird eine Überprüfung der Leistungsfähigkeit der Feuerwehr vorgenommen. Er dient damit auch zur Sicherung der Qualität in der Aufgabenerfüllung und schafft Rechtssicherheit bei der gesetzlich geforderten Aufstellung der Feuerwehr.
Dabei wird durch die Feuerwehrbedarfsplanung die verpflichtende Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse sichergestellt. Denn die schablonenhafte Aufstellung einer Feuerwehr nach dem »Schema F«, die die örtlichen Verhältnisse der Gemeinde nicht berücksichtigt, ist gesetzeswidrig (vgl. Kapitel 2.3).
Der Feuerwehrbedarfsplan sorgt damit für Transparenz gegenüber der Politik, der Verwaltung und den Bürgern und schafft gleichzeitig Planungssicherheit für alle an der Sicherstellung der kommunalen Gefahrenabwehr Beteiligten – für die Politik, für die Verwaltung und auch für die Feuerwehr selbst. Der Feuerwehrbedarfsplan dient damit auch zur Rechtfertigung der eingesetzten und der in Zukunft geplanten Ressourcen.
Im Rahmen der Feuerwehrbedarfsplanung erfolgt eine Gefährdungs- oder Risikoanalyse für die Gemeinde , die gegebenenfalls im Kontext einer ganzheitlichen Gefahrenabwehrplanung der Gemeinde (Risikomanagement) auch zu präventiven Maßnahmen außerhalb der Feuerwehrbedarfsplanung führen kann (z. B. Hochwasserschutz, Auflagen für Gewerbetreibende mit besonderem Gefahrenpotenzial, Entschärfung von Unfallschwerpunkten).
Nur mit einem sorgfältig und fachlich fundiert aufgestellten Feuerwehrbedarfsplan kann die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger, aber auch die Sicherheit der eigenen Einsatzkräfte sichergestellt werden, die nicht in unkalkulierbare Risiken3 geführt werden dürfen. Hierzu zählt auch der Schutz vor Überforderung4 der Feuerwehr. Andernfalls kann es zu ernsthaften körperlichen und psychischen Schäden kommen, denen es durch eine sorgfältige sowie fachlich und ethisch vertretbare Feuerwehrbedarfsplanung vorzubeugen gilt.
Der Feuerwehrbedarfsplan bildet die Grundlage für die Personal- und Investitionsplanungen (Maßnahmen und Haushalt) der Kommune, auf dessen Basis Personalbedarfsermittlungen erfolgen und die notwendigen finanziellen Mittel in den Haushalt eingestellt werden können. Ferner dient er als Grundlage für die Einsatzplanung und -vorbereitung, indem potenzielle Schadenereignisse und deren Bewältigung szenarienbasiert im Bedarfsplan vorgedacht und bemessen werden. Hieraus resultiert auch die Alarm- und Ausrückeordnung (AAO ). In manchen Bundesländern ist zudem das Vorliegen eines Feuerwehrbedarfsplans Voraussetzung zur Beantragung von Fördermitteln für Fahrzeug- und Gerätebeschaffung sowie für Bauvorhaben.5 Die durch einen Bedarfsplan nachweislich leistungsfähig aufgestellte Feuerwehr kann als Standortfaktor (Standortvorteil)6 (stadt)marketingtechnisch genutzt werden und den Zuzug von Bürgern sowie die Ansiedelung von Unternehmen begünstigen, indem ein hohes Schutzniveau für Mensch und Wirtschaft garantiert und beworben wird. Die Feuerwehrbedarfspläne der einzelnen Kommunen werden durch die übergeordneten Behörden (Aufsichtsbehörden)zur Prüfung der gesetzlichen Aufgabenerfüllung sowie zur Koordinierung der gesetzlich auferlegten Planung des überörtlichen Brandschutzes und der überörtlichen Hilfeleistung genutzt.
2.2 Zusammenhänge und Wirkungsbeziehungen in der Feuerwehrbedarfsplanung
Der Planungsvorgang der Feuerwehrbedarfsplanung mit seinen Einzelschritten ist ein komplexer Prozess, der an dieser Stelle nicht in aller Ausführlichkeit vollständig abgebildet werden kann. Einleitend zu den detaillierten Ausführungen im weiteren Verlauf des Buches sollen vorliegend jedoch die maßgeblichen Zusammenhänge, Wirkungsbeziehungen und Abhängigkeiten der wesentlichen Einflussfaktoren auf die Feuerwehrbedarfsplanung dargestellt werden.
Das Kernelement in der Feuerwehrbedarfsplanung stellen die in kommunaler Eigenverantwortungfestgelegten Planungsziele für die Feuerwehr einer Stadt oder Gemeinde dar (im Feuerwehrsprachgebrauch häufig »Schutzziele« genannt7 ). Die Planungsziele bestehen klassischerweise aus Zielvorgaben zur maximal zulässigen Planungsfrist , mindestens erforderlicher taktischer Einheit (Mannschaft + Gerät)sowie einem mindestens einzuhaltenden Erreichungsgrad, die in der Regel für konkrete Bemessungsszenarien festgesetzt werden. Sie drücken damit aus, wie viele Einsatzkräfte mit welchem technischen Gerät innerhalb welcher Zeit nach Notruf oder Alarmierung an der Einsatzstelle eintreffen sollen und in wie viel Prozent der Fälle diese Vorgaben planerisch einzuhalten ist. Die individuell festgelegten kommunalen Planungsziele repräsentieren das politisch gewollte Versorgungsniveau der Feuerwehr in der Stadt oder Gemeinde.
Bild 5: Zusammenhänge, Wirkungsbeziehungen und Abhängigkeiten in der Feuerwehrbedarfsplanung
Aus den Planungszielen leiten sich die Ausprägungen der vier wesentlichen Merkmale einer Feuerwehr ab, die sich in Organisation, Standorte, Fahrzeuge und Geräte sowie Personal einteilen lassen.
Die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit der Festlegung eines Erreichungsgrads ist fachlich strittig, da sein planerischer Einfluss gering ist und es sich daher vielmehr um ein Controlling-Instrument zur retrospektiven Zielerreichung handelt als um einen wirklichen Planungsparameter (vgl. Kapitel 4.3.3). Ein niedriger realer Erreichungsgrad ist ein Indikator dafür, dass im Gemeindegebiet oder in bestimmten Ortsteilen die Planungsziele regelmäßig nicht erfüllt werden. Sind die eigenen bedarfsplanerischen Mittel ausgereizt, um diese potenziell unterversorgten Gebiete abzudecken, ist auf eine interkommunale Zusammenarbeit (vgl. Kapitel 3.11) hinzuwirken und outcome-orientierte »Kompensationsmaßnahmen«(vgl. Kapitel 2.4) zu treffen.
Einflussgrößen auf die Festlegung der Planungsziele
Bei der Festlegung der Planungsziele steht der Kommune im Rahmen ihrer verfassungsmäßig zugesicherten