Wir Sklaven von Suriname. Anton de Kom

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Wir Sklaven von Suriname - Anton de Kom

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oder ihn selbst an einen Kollegen zu verkaufen, oder, was auch vorkam, beim Würfeln zu verspielen.

      Die Sklaven, unsere Väter, mühten sich auf den Feldern ab, um den Reichtum der Weißen zu vermehren. Auf den Zuckerplantagen, wo sich die Sklaven abplagten und ums Leben kamen, standen die Europäer mit der Peitsche hinter ihnen, bereit, bei der kleinsten Verzögerung ihre nackten Körper zu strafen. Oft kam es in der Erntezeit vor, dass ihnen nicht einmal die Nachtruhe vergönnt war.

      Auf den Holzplantagen schufteten Männer und Frauen gemeinsam, sie fällten Bäume und sägten sie zu Brettern. In der Regel hatten sich die armen Frauen um den Transport zu kümmern. Auf dem Kopf trugen sie die Bretter und Balken vom Wald bis zur Anlegestelle.

      Vielleicht hast du, weißer Leser, in der Schule gelernt, dass das Mauritshuis in Den Haag mit den edelsten brasilianischen Hölzern verkleidet ist. Wenn du dann voller Bewunderung vor dieser Holzvertäfelung stehst, bitten wir dich zu bedenken, dass es unsere Mütter waren, die diese schwere Last tagein tagaus (denn den Sonntag hatten die christlichen Kulturbringer versäumt, in Suriname einzuführen) durch die hügelige Landschaft schleppten, durch Tümpel und Sümpfe trugen, immerzu mit der Peitsche bedroht, die deine Vorfahren schwangen.

      Überflüssig zu erzählen, dass Blutspucken und andere Krankheiten an der Tagesordnung waren. Die Sklaven und Sklavinnen auf diesen Holzplantagen waren schnell untauglich und der Betriebsleiter rechnete mit ihrem verfrühten Verschleiß. Wie Öl wirkte in diesem knirschenden Räderwerk der schlechte Alkohol, den der Herr manchmal unter seinen Sklaven verteilte, damit sie in einem kurzen Rausch ihr Elend vergessen konnten.

      Wir wollen unsere Behauptungen mit einigen Fakten erhärten, mit einigen losen Seiten aus dem Schwarzbuch der surinamischen Grausamkeit.

      Unter dem Regime von Gouverneur Mauricius lesen wir, dass auf Anzeige des Fiskalrats eine Hausdurchsuchung bei einer gewissen Frau Pieterson durchgeführt wurde, die für ihre Grausamkeit bekannt war. Die Untersuchung brachte ans Licht, dass sie »einige ihrer Sklaven auf tyrannische und barbarische Weise ums Leben gebracht hat«. Sie machte auch keine Anstalten, diese Taten zu bestreiten, sondern sprach vor der Untersuchungskommission die stolzen Worte: »Dass sie ihren eigenen Besitz, von ihrem Geld gekauft, vernichten darf«.15

      Die Kolonialjustiz hat sie nicht bestraft: So fand sie Zeit zu fliehen.

      Die Witwe Mauricius, eine Dame aus den höchsten Surinamer Kreisen, hatte eine alte Sklavin an einen Baum binden und totschlagen lassen. Sie selbst erklärte, dass sie das aus einer Laune heraus gestattet habe, weil sie gerne sehen wolle, wie ihre alten Dienerin Schmerzen leide. Verschiedene ihrer Sklaven hatten dasselbe Los erfahren, ja sogar die kleinen Kinder auf ihrer Plantage wurden oft mit dem Spanischen Bock bestraft (eine sehr raffinierte Folter, worüber wir noch schreiben werden).

      Frau Mauricius’ Sklaven teilten nun dem kolonialen Gerichtshof mit, dass sie weglaufen würden, sollte die Gouverneurswitwe nicht aus der Geschäftsführung der Plantagen abgesetzt werden.

      Tatsächlich versuchte der Hof sie zu überreden, die Plantage fortan in die Hände eines Verwalters zu legen, »weil man sonst den gesamten Verlust des Besitzes ihrer Schützlinge befürchte«, doch Frau Mauricius gab zu verstehen, dass die Herrschaft über ihr Eigentum von niemandem besser geführt werden könne, als von ihr selbst.

      Ein anderes Mal erklärte sie: »Ich will nicht, dass einer meiner Neger auf meiner Plantage mit so glatter Haut herumläuft.« Und tatsächlich hatte sie sich eine effektive Kur ausgedacht, die ihre Wirkung selten verfehlte. So ließ sie manchmal all ihre Sklaven vierundzwanzig Stunden ununterbrochen geißeln und »halb abschälen oder häuten«. Ein Neger und zwei Negerinnen brachen unter dieser Tortur zusammen. Die später ausgesandte Kommission, die über den Zustand auf der Plantage zu befinden hatte, erklärte dann auch, »dass die Sklaven sehr elend und misshandelt aussahen«.16

      Kein Wunder, dass einige Sklaven vor Frau Mauricius flohen und Zuflucht in den Wäldern bei den aufständischen Marrons suchten. Dasselbe taten auch etliche Sklaven von Frau La Parra, eine Herrin, die an Grausamkeit Frau Mauricius in nichts nachstand.

      Diese Sklaven liefen auf ihrer Flucht in die Wälder allerdings oft direkt in die Arme der Kolonialjustiz. Zwei Sklaven und zwei Sklavinnen wurden aufgeknüpft, drei Neger und vier Negerinnen empfingen für die widerrechtliche Flucht unter dem Galgen einen Spanischen Bock. Was Frau La Parra angeht, sie wurde von der Kolonialjustiz ermahnt, »ihre Sklaven fortan angemessen und anständig zu behandeln«.17

      Derartige Ermahnungen sind jedoch selten, und noch seltener werden die Fakten durch eine solche Untersuchung festgestellt. Die Brutalitäten Sklaven gegenüber gehörten so sehr zu den Gepflogenheiten jener Zeit18, dass sie schon sehr besondere Formen annehmen mussten, ehe sie in den Kolonialchroniken verzeichnet wurden. Besser als in den Geschichtsbüchern der Weißen ist die Misshandlung unserer Väter in unseren Herzen festgehalten. Nie hat das Leid der Sklaverei stärker zu mir gesprochen als aus den Augen meiner Großmutter, wenn sie uns Kindern vor der Hütte in Paramaribo Geschichten aus alten Zeiten erzählte. Selbst nachdem die Sklaverei in Französisch-Cayenne bereits abgeschafft worden war, gaben sich viele Holländer weiterhin den schändlichsten Misshandlungen hin. Direktor C. Varenhorst ließ seine Sklaven halbtot schuften und versagte ihnen sogar die nötige Nahrung. Auf bloßen Verdacht hin ließ er einen Sklaven schwer züchtigen, seine Füße fesseln und ihn mit einer Kette um den Hals an einen Pfahl binden. Varenhorst verbot es (bei Strafe!) seinen anderen Sklaven, ihrem angeketteten Gefährten zu Hilfe zu kommen. Der Sklave starb völlig geschwächt und unter entsetzlichen Schmerzen, »in Gestank und Fäulnis«. Man brachte diesen Fall vor den holländischen Kolonialgerichtshof. Doch die Richter, deren Aufgabe es war, ein Urteil nach Recht und Gesetz zu fällen, gaben Varenhorst Recht und bestraften die Ankläger mit einem Spanischen Bock.19

      Und noch 1801 wurden durch richterlichen Beschluss fast monatlich Sklaven gehängt oder gerädert. Nahezu täglich kam es zu Spanischen Böcken unter dem Galgen oder im Fort Zeelandia. Der Zustand war so erschütternd, dass die Militärs sich beklagten, weil dieses »beinahe täglich vorkommende Spektakel unangenehm und abstoßend war«.20

       DIE SKLAVIN

      »Mütterlein, fern von diesem kalten Land, in dem ich nun sitze und schreibe, Mütterlein in Suriname, mit deinen grauen Haaren, mit der vor der Zeit gebeugten Gestalt, du hast gearbeitet und dich geschunden, von früh bis spät, damit ich lernen konnte, dir widme ich dieses dunkelste Kapitel unserer Geschichte.«

      Wenn die männlichen Sklaven, unsere Väter, nach verrichtetem Tagewerk bei Sonnenuntergang von den Feldern zurückkehrten, konnten sie sich bis in die frühen Morgenstunden von ihrer Erschöpfung erholen, konnten sie in ihren elenden Hütten die schmerzenden Glieder auf ihren Lumpenlagern strecken und ruhen, bis der Aufseher sie wieder zur Arbeit rief.

      Wenn allerdings die letzten Frauen durch die Felder nach Hause gingen und schwere, mit Baumwolle gefüllte Körbe auf den Köpfen trugen, konnte es passieren, dass der Herr (oder zu späteren Zeiten auch der Verwalter) seinen Blick auf eine der jungen Negerinnen warf und bedeutete, den Korb abzusetzen. Dann begann für sie, in der Nacht, die zweite Aufgabe, die Erfüllung der Gelüste ihres Herrn. Es gab kein Entkommen vor dieser Verpflichtung. Da die Negersklaven ja keine Menschen waren, galten für sie weder die Sakramente der Kirche noch die bürgerlichen Gesetze. Ein Petata (Weißer) konnte sich einfach nicht vorstellen, dass es zwischen zwei Schwarzen so etwas wie ein Eheband geben könnte, also mussten sich auch die Frauen von Sklaven immer wieder von ihrem ehelichen Lager zum Haus ihres Herrn begeben.

      Wir müssen zugeben, es ist vorgekommen, dass ein weißer Herr seine schwarze Geliebte mit allerlei Gunstbezeugungen überhäufte, mit

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