Wir Sklaven von Suriname. Anton de Kom

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Wir Sklaven von Suriname - Anton de Kom страница 9

Wir Sklaven von Suriname - Anton de Kom

Скачать книгу

DER MARKT

      Es wäre ein schlechter Kaufmann, der nicht dafür sorgte, dass seine Ware möglichst vorteilhaft aussieht, wenn sie auf den Markt kommt! Und was dem Holländer auch an Menschlichkeit fehlen mag, die Ehre, ein guter Kaufmann zu sein, muss man ihm lassen.

      Bevor die geraubten Neger in Afrika eingeschifft wurden, brachte man die Sklaven, unsere Väter, in den Schuppen der Festung unter, deren dicke Mauern zum Schutz dieses schändlichen Handels errichtet worden waren. Daraufhin ließ man die Sklaven den ganzen Tag auf einem kleinen Platz im Freien stehen, natürlich unter scharfer Bewachung. Um die Kauflust zu wecken, musste ihre Haut glänzen, weshalb sie eingeölt wurden. Auch Nahrung erhielten sie in jenen Tagen genug, um die Käufer nicht durch einen abgemagerten Anblick abzuschrecken. Jeden Abend, wenn die Sonne unterging, mussten sie sich in Reihen aufstellen, dann wurden sie zu den Schuppen getrieben, wo sie bis zum Morgen blieben. Zum Schluss wurden sie einer nach dem anderen dem Generaldirektor vorgeführt, wo sie unter Aufsicht eines europäischen Wundarztes genauestens untersucht wurden. Nach dieser Untersuchung trennte man die Tauglichen von den sogenannten Untauglichen. Zu den letzterenzählten die Sklaven, die älter als fünfunddreißig Jahre schienen, und andere, die verkrüppelt waren oder an irgendeiner Krankheit litten. Fehlten ihnen Zähne oder hatten sie graue Haare, wurden sie den Reihen der billigeren Sorten zugeteilt.

      Die Tauglichen wurden nun aufgestellt, markiert und wie Vieh mit einem glühenden Eisen auf der Brust gebrandmarkt, wobei das Wappen oder der Name der Gesellschaft in ihre Haut gesengt wurde.10

      Nachdem das Sklavenschiff in Suriname angekommen war und die Ware dort durch einige Tage ausreichender Ernährung wieder recht gut aussah, wurden die armen Negersklaven gewaschen und danach mit Fett und Öl eingerieben, ihr Haar in allerlei Formen wie Sterne, Halbmonde und ähnliches geschoren, um sie dem Spott und der Lachlust der damals ach so kultivierten Weißen preiszugeben.

      Dann konnte der Verkauf beginnen.

      Der Holländer ist bekanntermaßen ein guter Kaufmann. Und warum sollte er seinen Gewinn nicht erhöhen, indem er von den natürlichen Eigenschaften profitiert, die Gott auch den Menschen mit schwarzer Haut gegeben hat?

      Auch der Schwarze besitzt nun einmal eine gewisse Anhänglichkeit seiner Frau und den Kindern gegenüber. Wenn man den Schwarzen ohne seine Familie kauft, besteht durchaus die Gefahr, dass der Käufer Schaden nehmen wird, weil der »verfluchte Nigger« bald weglaufen könnte, um seine Familie zu suchen. Die Herren der Kompanie wissen das, und so bieten sie absichtlich den Mann und seine Familie, die unter den Hammer kommen, voneinander getrennt an, um so den Käufer dazu zu bewegen, auch die zweite Gruppe, die Frau und die Kinder, zu kaufen.

      Mit Wohlgefallen betrachtet der Kaufmann von der Kompanie seine Ware. Es mag sein, dass die Preise wie bei jedem Handel steigen oder fallen, je nach Anzahl der Sklaven, die eingeliefert wurden, doch ein starker und gesunder Neger brachte noch immer sein Geld ein. Und gesund und stark waren sie, unsere Väter, bevor das giftige Feuerwasser ihren Organismus zerstörte, bevor die Erreger der Malaria sich in ihre unterernährten Körper eingenistet hatten. Gesund und stark und schön waren sie, diese Naturmenschen, bei denen nur sehr selten körperliche Gebrechen vorkamen.

      Kurz vor der Versteigerung werden die Interessenten eingelassen. Man lässt die Sklaven, unsere Väter, auf Kommando springen, rennen und lachen, man hat ihnen geraten, sich freundlich zu geben, um einen guten Herrn zu bekommen.

      Ein weißer Kerl untersucht dreist ein anmutiges zehnjähriges Mädchen, dessen Mutter gestern von dem Kaufmann unter der Hand verkauft wurde.

      Ein brutal aussehender Europäer packt einen Neger am Kinn und reißt ihm den Mund auf, um nachzusehen, ob seine Zähne makellos sind. Der Sklave muss seine Armmuskeln zeigen, er muss sich bücken, schreiten und springen, um zu beweisen, dass mit seinen Beinen alles in Ordnung ist. Und überall versammeln sich die Käufer um die ausgestellte Ware, sie betasten die Körper und besprechen untereinander die Qualität der Ware mit solcher Zwanglosigkeit, die Besuchern eines Viehmarkts eigen ist.

      Dann beginnt die offizielle Versteigerung.

      Einzeln oder in Gruppen werden die Sklaven nun auf einen Block gestellt, wobei der Auktionator ihre guten Eigenschaften oft mit einem groben und abstoßenden Witz herausschreit.

      Ein schnelles Gefecht setzt zwischen den verschiedenen Bietern ein.

      »Mein.« –

      Und der Sklave wird seinem neuen Eigentümer übergeben, der ihn oder sie zum Brenner bringt, um seine Initialen auf die Haut des Sklaven zu sengen.

      Das zweite Brandmal.

      So beginnt der Sklave sein neues Leben in Sranan.

       IN SKLAVEREI

      »Ich (Pinson Bonham) habe 21 Jahre in Westindien verbracht, und in jeder Kolonie habe ich immer wieder gehört, was für eine sehr schwere Strafe es für einen Neger sei, an einen Plantagenbesitzer in Suriname verkauft zu werden. Und nun erachte ich, dass dies die Wahrheit ist.«11

      »Ich bin noch in keiner Kolonie gewesen, wo die Sklaven so schlecht behandelt wurden, so schlechte Nahrung und so ärmliche Kleidung erhielten, und wo sie doch zu so schwerer Arbeit gezwungen wurden, die ihre Kräfte übersteigt.«12

       Briefe von Bonham an Earl Bathurst

      Jahrhundertelang haben sich weiße Religionsgelehrte daran abgearbeitet, zu beweisen, dass die Sklaverei Gottes Wille sei – »es ist zweifellos die Absicht der Vorsehung, dass das afrikanische Volk Diener sein soll und in Unterwerfung gehalten wird.« Denn so stehe es doch in der Heiligen Schrift: »Verflucht sei Kanaan, der niedrigste Knecht sei er seinen Brüdern.«13

      Zudem bezeugte der hochwürdige Herr Johan Picardt, im Leben Pfarrer zu Coevorden: »Diese Menschen« (die Afrikaner, die er als Nachfahren von Ham und zur Sklaverei bestimmt sieht) »sind von solcher Natur / wenn man ihnen die Freiheit zurückgäbe / oder Barmherzigkeit hegte / würden sie doch nichts taugen / und könnten nicht über sich gebieten: doch schlägt man ihnen andauernd mit Rohrstöcken auf die Lenden / und verabreicht ihnen allen eine Tracht Prügel ohne Gnade / so kann man gute Dienste von ihnen erwarten: also besteht ihr Wohlstand in der Sklaverei.«14

      Tatsächlich zeigten sich die Früchte der »Tracht Prügel« in den satten Gewinnen, die Suriname in jener Zeit den Weißen einbrachte.

      1730 gab es rund 400 Plantagen, auf denen Zucker, Kaffee, Kakao, Tabak und andere Kulturen angebaut wurden. 1749 wurden über 30 000 Pfund Tabak nach Holland geschickt und im Jahr darauf konnte eine einzige Plantage etwa 20 000 Pfund Baumwolle und 50 000 Pfund Kaffee verschiffen.

      Die Zahlen sprechen für sich.

      Und dennoch erkühnten sich fromme Pfarrer zu behaupten, dass »es der Vorsehung doch behagt hat, dieses Geschlecht (die Neger) vor Jahrhunderten zur Sklaverei zu verurteilen«. Hat es die Vorsehung wirklich gewünscht, dass die Sklaverei in Suriname solche Zeichen von barbarischer Grausamkeit aufwies?

      Alle Arbeit in Suriname wurde unter dem Antrieb von Schlägen verrichtet. Welche anderen Anreize hätten die Sklaven gebraucht, um ihre Aufgaben anständig auszuführen? Lohn gab es nirgendwo in Suriname, es sei denn, die elenden, von Ungeziefer verseuchten Bruchbuden oder die dürftige Nahrung würde man als solchen betrachten. Auch kannte der Sklave nicht das wohltuende Gefühl, seine Familie mit seiner Arbeit zusammenhalten zu können, denn schon morgen

Скачать книгу