Wir Sklaven von Suriname. Anton de Kom

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Wir Sklaven von Suriname - Anton de Kom

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wird de Kom im Mai 1933 auf ein Schiff zurück in die Niederlande gesetzt. Die Ausweisung, sein politisches Engagement und die Krisenjahre machen das Leben für ihn und seine Familie alles andere als leicht.

      Im Krieg widersetzt er sich heftig dem Faschismus. Er schreibt für die illegale Presse. In der Folge wird er im August 1944 von den Deutschen verhaftet und in ein Konzentrationslager nach Deutschland deportiert, wo er im April 1945 stirbt. Mitgefangene erzählen später, wie mutig de Kom die Demütigungen seiner Gefangenschaft ertrug. Unablässig sprach er über sein geliebtes Suriname.

      Seine Grundüberzeugung, die absolute Ablehnung von Armut, Unterdrückung und Ausbeutung, ist in seinem Buch Wir Sklaven von Suriname stets präsent.

      Seine Lebensgeschichte enthält trotz aller Traurigkeit eine positive, optimistische Botschaft.

      De Kom ist es für kurze Zeit gelungen, die verschiedenen Bevölkerungsgruppen im Kampf für ein menschenwürdiges Dasein zu vereinen!

      Mögen die Surinamer daraus bleibende Inspiration und Hoffnung schöpfen.

      Judith de Kom,

      im Namen der Familie de Kom,

      März 1981

Anton de Kom
»SRANAN«, UNSER VATERLAND

      Vom 2. bis zum 6. Grad südlicher Breite und vom 54. bis 58. Grad westlicher Länge, zwischen dem Blau des atlantischen Ozeans und der Unwegsamkeit des Tumuk-Humak-Gebirges, das die Wasserscheide mit dem Amazonasbecken bildet, begrenzt durch die breiten Ströme Corantijn und Marowijne, die uns von Britisch- und Französisch-Guyana trennen, reich an ausgedehnten Wäldern, in denen der Grünherz, der Barlak, der Kapokbaum und der edle Braunherz wachsen, reich an breiten Flüssen, an denen Reiher, Wieswiesies, Ibisse und Flamingos ihre Brutplätze finden, reich an Naturschätzen, an Gold und Bauxit, an Kautschuk, Zucker, Bananen und Kaffee … arm an Menschen, ärmer noch an Menschlichkeit.

      Sranan – unser Vaterland.

      Suriname, wie die Holländer es nennen.

      Die zwölfte und reichste … nein, ärmste Provinz der Niederlande.

      Zwischen der Küste und den Bergen schlummert unsere Mutter, Sranan, seit Tausenden und Abertausenden von Jahren. In ihrem unbekannten Binnenland hat sich in den dichten Wäldern seit damals nichts verändert.

      Die Urwälder im Hochland scheinen in ewigem Schweigen erstarrt, erst bei Einbruch der Nacht erwacht ihre verborgene Musik, gespielt von tausenden summenden Insekten. Romantischer, doch zugleich auch wilder, ist die Landschaft in den Savannen und entlang der Ufer der Flüsse. Die Schlingen der Lianen, die wie Draperien von den Bäumen hängen, versperren den Weg, wilde Orchideen blühen, hier leben die scheuen Patjieras, Kapuzineraffen balancieren auf den Ästen, Papageien stoßen ihre schrillen Schreie aus, der Jaguar lauert. Mit spitzer Zunge sucht ein Gürteltier nach Ameisen.

      Seit tausenden Jahren waren Mutter Sranans dunkle Wälder unberührt und unerforscht. Sonderbare Tiere, deren Namen man im Westen kaum kennt, leben hier: Kleine Ameisenbären, Baumstachler, die Vireos, die Tanagras, die Tiegrinmans und die Blaudachse, Pfefferfresser sitzen oben in den Palmenkronen und Tagfalter schwirren umher, die glitzernd blauen Morphos, die gelben und orangefarbenen Callidryas erheben sich bis hoch in die Wipfel der Bäume.

      Menschen?

      Menschen, die sich an dieser Schönheit erfreuen können, gibt es kaum.

      Landeinwärts leben die Warans, die Arawaks und die Kariben, schwache, vom Aussterben bedrohte Indianerstämme, machtlose Nachkommen der Urvölker, die von den Weißen aus den schönsten Orten verdrängt wurden. Im Hochland fertigen die Trios und die Ojanas Perlenketten und kunstvolles Flechtwerk, ihr feiner Tanzschmuck zeugt von einem angeborenen Sinn für Schönheit.

      Ungefähr 2450 Indianer und ungefähr 17 000 Marrons, die Buschneger, über die wir später noch sprechen werden, leben hier.

      Also höchstens zwanzigtausend Menschen bevölkern Sranans Landesinnere, das knapp fünf Mal so groß ist wie die Niederlande. Ansonsten tummeln sich in den Wäldern nur Agustis und Faultiere, Mandrillen, Tapire und Wasserschweine, Brüllaffen, Ameisenbären und Anakondas.

      An Mutter Sranan ist die Geschichte vorübergezogen. Drei Jahrhunderte holländische Kolonisation haben ihr Binnenland unberührt gelassen, die Stromschnellen ihrer Flüsse treiben keine Turbinen an, die fruchtbaren Böden sind nicht besät, die reichen Schätze der Wälder nicht abgebaut. In bitterster Armut und in jämmerlicher Unwissenheit leben die wilden Stämme inmitten einer Natur, in der der Überfluss ungenutzt verlorengeht.

      Weiße wagen sich selten in diese Wildnis, in der nur die Indianer und Marrons die Wege kennen. Entlang der Flussläufe dringt manchmal ein französischer Libéré, ein britischer Rowdy, ein holländischer Forscher ins Landesinnere vor. Sie setzen ihr Messer an die blanke Rinde der Bolletries und lassen den kostbaren Milchsaft fließen. Doch der Libéré kehrt zur Küste zurück, in seinem Whiskyrausch trinkt sich der Rowdy an einem einsamen Lagerfeuer zu Tode, der Holländer lässt sich von den Marrons in einem Kanu den Fluss hinabfahren. Die Wildnis bleibt zurück, die Wunden des Kautschukbaums verheilen, das verlassene Lager wird von Schlingpflanzen überwuchert.

      Im Binnenland von Sranan findet sich nicht die leiseste Spur von holländischem Einfluss, holländischer Energie, holländischer Kultur, an keinem Weg, keiner Brücke, keinem Haus steht holländische Geschichte geschrieben. Die Weißen kannten nur die Furcht vor der Wildnis, in der die entlaufenen Sklaven Zuflucht suchten.

      Einzig ein paar armselige verwahrloste Bahngleise, die ins Nirgendwo führen und niemals vollendet wurden, zeugen von einem kurzen wahnsinnigen Goldtraum.

      Die weiten Flächen der Savannen, die Wälder und hohen Granitberge von Mutter Sranan schlummern seit hundert Jahrhunderten.

      Für sie wurde noch keine Geschichte geschrieben.

      Nur auf dem schmalen Küstenstreifen, hier und da an den Mündungen der großen Flüsse und auf den allerfruchtbarsten Alluvialböden weht das Rot, Weiß und Blau der holländischen Flagge.

      Rot –

      »Schauen Sie, Mutter«, sagt der kleine weiße Junge aus dem wunderbaren Buch Omdat ik zwart ben (Weil ich schwarz bin) von Madeleine Pax verwundert – »schauen Sie nur, auch die Neger haben rotes Blut!«

      Weiß –

      Die Farbe von Crommelins Friedensverträgen.

      Und Blau? –

      Ist es die Farbe unseres Tropenhimmels, zu dem wir durch die dunklen Blätter unserer Bäume aufblicken, um am funkelnden Glanz der Sterne das Versprechen für ein neues Leben abzulesen?

      Nein, es ist das tiefe Blau des Atlantiks, über den einst die Sklavenbeschaffer ihre afrikanische Beute, ihre lebende Handelsware, unsere Eltern und Großeltern, in ihr zukünftiges Vaterland Sranan transportierten.

DAS ZEITALTER DER SKLAVEREI

       DIE ANKUNFT DER WEISSEN

      »Das alte Volk, das zum eigenen Verderb gastfreundlich zu den übermütigen Männern einer spanischen Karavelle war, und zu

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