Wir Sklaven von Suriname. Anton de Kom

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Wir Sklaven von Suriname - Anton de Kom

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Wesen der Autonomie

       Fin de siècle

       Vertragsarbeit

       Freie Arbeit

       Die Jagd nach Gold

       Die großen Kulturen

       Wo sind die Millionen?

       Bilanz

       WIEDERSEHEN UND ABSCHIED

       Anmerkungen

       Duco van Oostrum: Der Atem der Freiheit

       Mitchell Esajas: Wie Anton de Kom seit jeher Generation um Generation inspiriert

       Biografische Angaben

      Literarische Werke und ihre Urheber sind ein Produkt ihrer Zeit. Obwohl Anton de Kom seiner Zeit weit voraus war und Wir Sklaven von Suriname ein zeitloses Meisterwerk ist, bilden er und sein Buch hier keine Ausnahme. Gesellschaften und Kulturen verändern sich, und dies drückt sich auch in der Sprache und im Vokabular aus. Einige Wörter haben mittlerweile einen anderen Gefühlswert und sind anno 2021 einfach unpassend, so z.B. das von de Kom häufig gebrauchte Wort »Neger«. Der Verlag ist sich dessen bewusst, meint aber, ein historisches literarisches Werk sollte unangetastet bleiben.

      Deshalb haben wir uns dafür entschieden, Anton de Koms Text aus dem Jahr 1934 in seiner ursprünglichen Fassung übersetzen zu lassen.

      Zu den Anmerkungen: Die im Text mit Sternchen markierten Anmerkungen stammen in der Regel von der Übersetzerin. Wenn nicht, wird der Name des jeweiligen Autors genannt. Die mit Ziffern markierten Anmerkungen von Anton de Kom befinden sich am Ende seines Textes.

       Tessa Leuwsha

       FRIMANGRON

      Ich stehe in Paramaribo vor Anton de Koms Geburtshaus. Es ist ein Eckhaus im Stadtviertel Frimangron. Auf dem Gehweg davor befindet sich ein Gedenkstein mit einer Plakette, auf der ein Zitat des berühmten surinamischen Widerstandskämpfers eingraviert ist: »Sranan, mein Vaterland, einmal hoffe ich, dich an dem Tag wiederzusehen, an dem alles Elend von dir abgewendet sein wird.« Das halb verfallene Holzhaus besteht aus einem Erdgeschoss und einem Obergeschoss. Die grau gewordenen vertikalen Holzbretter hängen schief an den Nägeln, das Wellblechdach ist teilweise eingestürzt. Ein Fensterladen steht offen, die Gardine ist zur Seite geschoben: Das Haus ist bewohnt. Nebenan verbirgt sich hinter einem Bananenbaum ein weiteres kleines Haus. Auf dem Weg zwischen den Häusern taucht ein hagerer schwarzer Mann auf. Sein Haar und der Bart sind grau. Er trägt ein T-Shirt, das ihm genau wie die Badelatschen viel zu groß ist. In der Hand hält er eine in Zeitungspapier eingewickelte Blume. Er setzt sich auf den Gehweg vor dem ehemaligen Wohnhaus der Familie de Kom. Für wen diese Blume wohl bestimmt ist? Um mich kümmert er sich nicht – schließlich stehen viele Menschen vor diesem Haus, um es zu fotografieren.

      In den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts warteten hier hunderte Menschen darauf, mit Anton de Kom zu sprechen. Arbeitslose und Arbeiter, die mit ihrem kargen Lohn über die Runden kommen mussten. Nach Abschaffung der Sklaverei 1863 hatte der niederländische Staat im ehemaligen Britisch- und Niederländisch-Indien Vertragsarbeiter für die Plantagen in Suriname angeworben. Mit dem Niedergang der Landwirtschaft strömten diese Arbeiter, gleich den ehemaligen Versklavten, nach Paramaribo. Aber auch in der Hauptstadt mangelte es an Arbeit und herrschte große Armut. Dennoch hofften sie, am Tisch hinter dem Haus von dem Mann empfangen zu werden, der mit dem frischen Wind des Widerstands aus Holland zurückgekehrt war.

      Cornelis Gerhard Anton de Kom wurde 1898 in Paramaribo geboren. Er erwarb ein Buchhalterdiplom und arbeitete für einige Zeit im Büro der Balata Compagnie, einer Firma, die den Abbau von Balata, einer Kautschuksorte, vorantrieb. De Kom nahm sich dem schweren Los der Balata-Bleeders an, der überwiegend kreolischen Arbeiter, die im erstickend heißen Urwald die Gummibäume abzapften. 1920 kündigte de Kom, fuhr in die Niederlande und heiratete dort die Niederländerin Petronella Borsboom. Als einer der wenigen Schwarzen in den Niederlanden kam er schließlich mit nationalistischen Javanern in Kontakt, die die Unabhängigkeit Niederländisch-Indiens anstrebten: Indonesien. De Kom übernahm diesen Freiheitsgeist und begann, Artikel für De Communistische Gids zu schreiben, das Sprachrohr der Kommunistischen Partei der Niederlande, die damals die einzige politische Partei mit einem Bekenntnis zum Antikolonialismus war. Seine Artikel, aber auch der revolutionäre Tenor seiner Rede fanden ihren Weg zur Arbeiterbewegung in Suriname. Besonders seine Kritik an der Lohnkürzung für Vertragsarbeiter machte ihn bei dieser Gruppierung populär.

      Als de Kom 1932 gemeinsam mit seiner Frau und ihren vier Kindern per Schiff nach Suriname zurückkehrte, um seine kranke, jedoch noch während der Reise verstorbene Mutter zu besuchen, sahen seine Genossen im Geiste der Ankunft sehnsüchtig entgegen. Hinter dem elterlichen Haus richtete er eine Beratungsstelle ein und notierte gewissenhaft die Beschwerden der unzufriedenen Surinamer. Vor allem Javaner, die sich durch die anderen Bevölkerungsgruppen benachteiligt fühlten, suchten Rat bei »Papa de Kom«, ein Spitzname, den sie ihm schnell verpasst hatten. De Kom würde sie wie ein Messias zurück nach Java führen, so das glühende Verlangen. In Wir Sklaven von Suriname schreibt de Kom: »Unter dem Baum aber, an meinem Tisch vorbei, zieht die Parade des Elends. Parias mit eingefallenen Wangen. Hungerleider. Menschen ohne genügend Widerstand. Offene Bücher, in denen sich die mühsam erzählte Geschichte von Unterdrückung und Entbehrung sogleich lesen lässt.« (S. 178) De Kom wollte die gesammelten Beschwerden der Kolonialverwaltung vorlegen, doch die Unruhe, die er mit seinem Büro auslöste, missfiel Gouverneur Abraham Rutgers. Am 1. Februar 1933 zog Anton de Kom mit einigen Anhängern zum Gouvernement. Dort wurde er wegen des Verdachts, einen Umsturz zu planen, verhaftet.

      Von der Straße aus kann man den Hinterhof nicht einsehen. Die Seitenwand des Hauses ist mit Zinkblech zugenagelt, ein großer Mangobaum stützt sich zum Teil auf das Dach. Vor dem Nachbarhaus fegt eine Frau Laub und Fallobst zusammen. Sie trägt einen rosafarbenen Rock, einen engen Pulli, eine Kappe und eine Sonnenbrille. Wahrscheinlich hat sie wie der größte Teil der Surinamer das Outfit in einem der billigen chinesischen Klamottenläden gekauft, die Paramaribo überschwemmen. Der kleinere Teil der Bevölkerung mit einem größeren Einkommen kauft seine Kleidung im Ausland oder im Internet. In mancher Hinsicht scheint sich zwischen dem Paramaribo, in dem de Kom Anfang des vergangenen Jahrhunderts aufgewachsen ist, und der Stadt von heute nicht viel verändert zu haben. Nur dass die Reichen nicht mehr in den weißgrünen Herrenhäusern im alten Stadtzentrum wohnen, sondern in modernen Steinvillen der grünen Wohnviertel wie Mon Plaisir und Elisabeths Hof.

      Dass gerade ein Arbeiterviertel wie Frimangron einen Revolutionär wie de Kom hervorgebracht hat, ist

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