Das Geheimnis der Madame Yin. Nathan Winters

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Das Geheimnis der Madame Yin - Nathan Winters

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sie bereits.

      Seine Nase war tiefrot und wund, als sie näher traten, schnäuzte er sich zum wiederholten Mal in ein Taschentuch. „Meine Herren. Ich bin mit Yins Untersuchung fertig.“ Dann stockte er. „Sergeant Fulston? Ist Ihnen nicht wohl?“

      „Geht … schon“, brachte dieser nur mühsam heraus.

      Aeglewood sah ihn zweifelnd an. „Wollen Sie sich lieber setzten?“

      „Nein, es geht mir gut, wirklich“, blieb Fulston hartnäckig, „es ist nur dieser … Geruch.“

      „Irgendwann gewöhnt man sich daran.“ Mit diesen Worten zog Aeglewood das Leichentuch beiseite, damit sie einen Blick auf den nackten Leib der Toten werfen konnten.

      Ihre Haut wirkte merkwürdig weiß, nur an der Unterseite ihres Körpers hatten sich große dunkle Flecken gebildet. Ihr Mund stand ein wenig offen, sodass Edwards die Zunge zwischen den Zähnen sehen konnte. Ihr Haar schimmerte feucht. Auf ihn wirkte sie, als wäre sie in der Badewanne eingeschlafen.

      „Der Mörder hatte sie geknebelt, vermutlich mit einem ähnlichen Knoten wie dem, mit dem er sie später tötete. Ich fand Reste davon zwischen ihren Zähnen. Irgendein grobes Material. Hanf, möglicherweise. Es stammt jedenfalls nicht von dem gelben Tuch.“

      Aeglewood ging um die Leiche herum und hob ihren rechten Arm. „Hier sind Male. Von der Position her würde ich vermuten von Fingern. Sie wurde hart angefasst. Vom Abstand her bin ich mir sicher, dass es eine Männerhand war. Zudem wurde sie gefoltert.“

      „Gefoltert?“

      Aeglewood nahm eine Lupe zur Hand und beugte sich über Madame Yins Bauch. „Hier. Wenn man genau hinsieht, kann man feine Einstiche erkennen. Ich vermute Nadeln, wie sie zum Nähen von Leder verwendet werden. Sie sind nicht tief, aber zahlreich. Ich habe an die achtzig gezählt. Am Bauch, an den Innenseiten der Schenkel und an den Brüsten. Die Einstiche haben kaum geblutet, was mich darauf schließen lässt, dass die Nadeln glühend heiß waren, ehe sie ins Fleisch gestoßen wurden.“

      „Wurde sie auch … na ja … du weißt schon?“

      „Nein. Im Genitalbereich konnte ich keine Verletzungen feststellen.“

      „Yin wurde gefoltert. War das bei Estelle Wiggins auch der Fall?“

      „Ich habe die Untersuchung nicht durchgeführt, aber in den Akten meines Kollegen steht davon nichts. Nur die Todesursache ist identisch.“

      „Seltsam. Der Mörder tötet beide, aber quält nur eine?“

      „Ja, so sieht es aus.“

      „Aber warum?“

      „Vielleicht hat er Geschmack daran gefunden, sie erst zu quälen und dann zu töten.“

      „Du glaubst, es bereitet ihm mehr und mehr … Freude?“

      Aegelwood zuckte mit den Achseln. „Es wäre nicht das erste Mal.“

      Edwards verzog die Lippen und nickte.

      Nachdem sich die beiden Polizisten von Aeglewood verabschiedet hatten, bestiegen sie eine der Kutschen vor Whitehall und fuhren los. Die Luft flirrte vom Nieselregen. Der Geruch von nassem Leder und den typischen Ausdünstungen eines Pferdes kribbelten Edwards in der Nase. Er dachte an Madame Yin. Wer hatte sie zuletzt gesehen? Wen hatte sie gesprochen?

      Wie weit reichte ihr Netzwerk und wer würde jetzt am meisten von ihrem Tod profitieren? Vielleicht war Estelle Wiggins nur eine unliebsame Zeugin gewesen? Zur falschen Zeit am falschen Ort. Aber ein Mädchen aus feinem Haus und eine Bordellbesitzerin – wo war der Zusammenhang? Gab es überhaupt einen? Vielleicht sollte Estelles Tod auch nur vom eigentlichen Ziel ablenken, das Madame Yin hieß. Schließlich war sie die ungekrönte Opiumkönigin von Lambeth, Spitalfields und Whitechapel gewesen.

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       The City of London Zur selben Zeit

      Celeste und Dorothea waren mit der Kutsche nach Norden gefahren, die Park Lane entlang und waren dann in die Oxford Street eingebogen. Sie kamen am Princess Theatre vorbei, in dem das Stück Drink gespielt wurde. Die Hauptrolle spielte ein gewisser Charles Warner, der ernst von einem der Plakate neben dem Eingang herabschaute. Ansonsten reihten sich Geschäfte an Geschäfte. Der feine Regen fiel auf die zahlreichen Markisen, die fast bis an die Straße reichten. Der Union Jack hing nass von zahlreichen Fahnenstangen herab.

      Celeste fühlte sich wie eine Forscherin, die staunend eine ihr fremde Welt erkundete und alle Eindrücke aufsog wie ein Schwamm. Obwohl die Stadt ihr einerseits vertraut erschien, so war sie ihr andererseits auch fremd. Alleine schon die Tatsache, dass die Kutschen in London auf der falschen Straßenseite fuhren, irritierte sie. Die schiere Zahl der Gefährte ähnelte allerdings der in New York oder Chicago. Dazu waren die Gehwege voller geschäftig umher eilender Menschen. Dienstboten und Arbeiter, dazwischen Straßenkehrer und Mistsammler. Reiche Gentlemen in schwarzen Mänteln und sauber geputzten Schuhen, die durch die Nässe langsam stumpf wurden, blieben an den Schaufenstern von John Lewis, Swears & Wells und dem Schuhmacher Manfield & Sons stehen.

      In den Schaufenstern von Wallis & Co. sah Celeste edle Kleider für die Abendgala, die Oper oder das Theater, dazu Hüte in allen Formen und Farben, geschmückt mit Federn von Krähen, Pfauen und Papageien.

      Bei John Collier standen Schaufensterpuppen aus Mahagoni. Sie trugen Smokings und gestärkte Hemden mit Salisbury- oder Mornington-Kragen. Natürlich alles passgenau und von Hand gefertigt, wie es ein Schild im Fenster verkündete.

      Celeste verdrehte sich den Hals, alles war so vertraut und gleichzeitig so ganz anders als zu Hause. Werber, die große Plakate umhertrugen, liefen über die Straße und machten mit einer Glocke auf sich aufmerksam.

      „Kaufen Sie Romleys Mundwasser! Mundwasser von Romley! Kaufen Sie … nur hier die Seife mit Rosenduft!“, plärrte ein anderer dazwischen, „Rosenduft Seife! Für Ihre Lieben, für sich selbst! Tun Sie sich etwas Gutes und kaufen Sie … Rosenseife!“ Die Stimme verlor sich im allgemeinen Lärm der Straße, als die Kutsche weiterfuhr.

      Pferdeomnibusse rumpelten schwerfällig vorbei. Celeste kannte sie aus Chicago und hasste sie. Sie waren immer hoffnungslos überfüllt, ständig trat einem jemand auf die Füße und sie schaukelten so entsetzlich, dass sie einmal fast seekrank geworden wäre.

      Bei einem der Blumenmädchen am Picadilly Square kaufte Celeste einen kleinen Strauß Primeln für ein paar Pence. Zumindest hoffte sie, dass sich das Mädchen nur ein paar Pence genommen hatte. Celeste verwirrte das fremde Geld, die englischen Münzen ähnelten sich zu sehr.

      Den Strauß schenkte sie Dorothea.

      Inzwischen war es Mittag geworden. Der Regen hatte sich so schnell verzogen, wie er gekommen war, die Sonne brach durch die Wolken und Dorothea führte Celeste in ein kleines Café in eine der Seitenstraßen, nicht weit von Picadilly entfernt. Sie saßen unter einer großen Markise und hatten Glück, noch einen freien Tisch bekommen zu haben. Ein paar Straßenmusikanten, die in der Nähe unter einer Laterne standen, spielten die Serenade von Franz Schubert.

      Dorothea bestellte heiße Crumpets und Ingwertee für sie beide.

      Ingwertee.

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