50 Meisterwerke Musst Du Lesen, Bevor Du Stirbst: Vol. 2. Эдгар Аллан По

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50 Meisterwerke Musst Du Lesen, Bevor Du Stirbst: Vol. 2 - Эдгар Аллан По

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ausrichten können. Sämi aber schickte Bericht ins Dorf über das merkwürdige Erlebnis, und siehe da – alle die in der Kirche gewesen, erkannten die Vorstehbräute. Es waren gestorbene Mädchen von St. Peter. Die Leute trieben die Musikanten und die leichten Weibsbilder fort, und seither weiß man in unserem Dorf, was geschieht, wenn Wohlleben und Ueppigkeit wieder kommen.«

      Der Kreis der andächtigen Zuhörer und Zuhörerinnen schauderte.

      »Der Presi bringt noch über uns alle gleiches Unglück wie über Seppi Blatter!« unterbrach die böse Zunge des Glottermüllers das Schweigen.

      »Pst!« klang eine Weiberstimme aus dem Hintergrund durch den blauen Tabaksnebel, »Bälzi weiß, wie der Presi den Leuten ein Schloß an den Mund legt, die etwas wider ihn sagen.«

      Die Gesellschaft hätte lieber noch mehr Geschichten von den Toten gehört und neigte nicht mehr zum Schwatzen.

      Bertha Thugi, die von der Erzählung ihres Großvaters bewegt war, meinte: »Laßt uns doch die Wildheuerfränzi holen, sie weiß alle Geschichten des Gebirges, die von den Lebendigen sowohl wie die von den Toten, sie weiß die Ueberlieferungen und Sagen, sie hat manchmal bis um die Mitternacht erzählt, so daß alle zitterten und man fast nicht mehr heimgehen durfte.«

      »Fränzi ist aber nie ungebeten erschienen, sie hat aus ihrem Erzählen immer eine Kunst gemacht, die geehrt sein wollte. Und jetzt lehnt sie alles Erzählen ab. Sie habe keine Lust mehr zum Reden. Ich verstehe es nach dem großen Unglück wohl.«

      So der alte Peter Thugi, und schweigend lichtet sich allmählich der Kreis, die Totensagen summen in den Köpfen, die Sagen Fränzis.

      Würdig erträgt sie den Tod ihres Mannes. Als er stürzte, hatte sich ihr wohl ein Schrei entrungen, ein entsetzlicher Schrei, als müßten auch ihr Leib und Seele auseinanderbrechen. Und in den ersten Tagen lebte sie in dumpfem Brüten dahin. Dann aber erhob sie sich plötzlich und ging an ihre Arbeit wie sonst. Niemand hat sie je weinen gesehen, niemand je klagen gehört. Nur die Strähnen gebleichten Haares in der dunklen Fülle verrieten, daß sie gelitten hatte. Den Schmerz hatte sie in den unergründlichen Tiefen des Glaubens begraben.

      »Vroni und Josi, tragt niemand etwas nach, es hat im Leiden und Sterben eures Vaters eine höhere Hand gewaltet, und grübeln ist sündhaft.« So mahnte sie, wenn die Kinder vor Beelendung über den Tod des Vaters fast zerflossen.

      Ihrem kleinen Haushalt ging es seit dem schrecklichen Ende Seppi Blatters nicht schlechter als zu seinen Lebzeiten. Es war, als hätte das Unglück des Vaters Josi, den vierzehnjährigen, mit einem Schlage um viele Jahre gereift. Das freundliche Knabengesicht mit den klugen dunklen Augen war ernst und trotzig geworden, um ein Lächeln gab der früher gesprächige Bursche nicht viel, menschenscheu vermied er das Dorf. Ohne daß ihm jemand die Notwendigkeit klar gemacht hätte, schleppte er im Lauf des Sommers genug Wildheu von den Planken, um die paar Ziegen durch den Winter zu bringen, so daß die Mutter manchmal mahnte: »Ueberthu dich nicht, du zäher Bub.«

      Der Acker hatte reichlich Frucht getragen. Als man Anfang Winter das Korn im großen Backofen des Garden gleich fürs ganze Jahr verbuk, da ergab es so viel große Laibe, daß die Kinder bis zur nächsten Ernte nicht nach Hospel hinauszuwandern brauchten, um Mehl zu holen.

      Das war gut, woher das Geld nehmen?

      Es waren drollige Mahlzeiten, die Mutter und Kinder hielten. Josi, der die Stelle des Hausvaters übernommen hatte, zertrümmerte mit Hammer und Hackmesser das vom langen Liegen steinharte Brot. Die dunklen Splitter stoben nur so davon, und ebenso stoben sie vom Käse, den noch der Vater bereitet hatte. Vroni fing die Brocken auf, indem sie die offenen Arme ausbreitete, und lachend knusperten die Kinder an den braunen Stücken, die dem Gestein des Gebirges zum Verwechseln glichen.

      »Beiße dir keinen Zahn aus, Vroni!« scherzte Josi. Dann wies sie ihm ihre Perlenreihe zwischen kirschroten Lippen, er zeigte als Antwort sein blitzblankes Gebiß und zum Schluß der Mahlzeit nahm er die Tessel, einen Holzstab, der auf dem Tisch lag, und schnitzte einen Kerb hinein, bald auf Vronis, bald auf seiner, bald auf der Mutter Seite, damit man wisse, wer das Tischgebet verrichtet hatte.

      Ein kleines, inniges Glück, dem die Trauer, die es durchbebte, Bestand verbürgte. So hätte man den Haushalt Fränzis nennen mögen. Die Geschichten, die sie nicht mehr in die Kreise der Burschen und Mädchen tragen mochte, erzählte sie Josi und Vroni. Dann geschah es wohl, daß Josi müde vom Tag einschlief, während Vroni gespannten Ohres lauschte.

      Oft sangen die drei das einzige Lied, zu dem sie eine Melodie wußten, den einzigen weltlichen Gesang, den es im Glotterthal gab. Fränzi hatte ihn zur Zeit, als sie mit Seppi selig verlobt war, auf dem Markt zu Hospel von einem fahrenden Spielmann gehört und gekauft. Sie nannte ihn »das Kirchhoflied«. Der Sang lautete:

      »Es liegt das Dorf im Abendstrahle,

      Die Berge glühen Dom an Dom,

      Im Frieden steh'n des Kirchhofs Male,

      In wilden Wellen rauscht der Strom

      An ihm dahin zur weiten See,

      Wie klingt die Flut vor Wanderweh!

      Das Steingenelk, die Königskerzen

      Erblüh'n voll Pracht im heiligen Rund,

      Sie steigen aus gebroch'nen Herzen

      Und jede Blume ist ein Mund.

      O, wie das weint, o, wie das lacht.

      Dem Flüstern horcht die Sommernacht!

      Des Dorfes Abgeschied'ne reden,

      Es reden toter Bursch und Braut,

      Man kennt und nennt im Ringe jeden –

      Da klagt ein Knöspchen frischbetaut:

      ,Wir sind im Thal – nur einer fehlt,

      O, wie sich der in Heimweh quält.'

      Gebräunter Bursch ist fortgezogen.

      Den Mund so rot, den Blick so hell.

      Dahin mit Wellen und mit Wogen

      Gewandert ist der Frohgesell,

      Doch, als er stand an blauer See,

      Da schrie sein Herz nach Berg und Schnee.

      Du armer Knabe! Schlaf am Meere!

      Sieh, Gottes sind so Flut wie Firn,

      Sieh, Gottes sind die Sternenheere,

      Er schickt den Tropfen, der die Stirn

      Mit frischem Gletschergruß umspült,

      Der dir das heiße Heimweh kühlt!«

      Hatte Vroni ihr Kämmerlein aufgesucht, so hörte sie die Mutter noch eine Weile in der Stube hantieren. Das letzte war immer, daß Fränzi die Thüre oder ein Fensterchen öffnete und irgend einen Bissen auf den Tisch stellte. Wenn am Morgen die Kinder kamen, waren die Fenster verschlossen, der Bissen verschwunden. »Wozu das, Mutter?« fragte Vroni ahnungsvoll.

      »Für die armen Seelen, für den Vater, wenn er

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