Die Erde. Emile Zola

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Die Erde - Emile Zola

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sich schließlich doch an den Tisch, wo er schimpfend ein Rezept ausschrieb. „Na, wenn es Ihnen Spaß macht, verpestet zu werden ... Was macht mir das aus, mir, vorausgesetzt, daß man mich bezahlt? – Da haben Sie! Sie geben ihm das löffelweise ins Maul ein, Stunde um Stunde, und da noch ein Mittel für zwei Spülungen, eine heute abend, die andere morgen.“

      Seit einem Augenblick wurde Herr Charles ungeduldig, weil er verzweifelt sah, daß die Lerchen schwarz wurden, während das Dienstmädchen, das es müde war, das Omelett zu schlagen, müßig dastand und wartete. Deshalb gab er Patoir rasch die sechs Francs für die Konsultation und drängte die anderen, ihre Gläser zu leeren.

      „Es muß Mittag gegessen werden ... Na, hoffentlich haben wir bald wieder das Vergnügen, euch zu sehen! Es regnet nicht mehr.“

      Sie gingen mit einer Miene des Bedauerns hinaus, und der Tierarzt, der wieder in seinen gliederlahmen Rumpelkasten stieg, wiederholte mehrmals:

      „Ein Kater, der den Strick nicht wert ist, um ihn ins Wasser zu schmeißen! – Na ja, wenn man reich ist!“

      „Hurengeld, das wird ausgegeben wie’s verdient wird“, feixte Jesus Christus.

      Aber alle, sogar Geierkopf, den dumpfer Neid hatte blaß werden lassen, erhoben mit einem Kopfschütteln Einspruch; und Delhomme, der kluge Mann, erklärte:

      „Was nicht verhindert, daß man weder ein Faulpelz noch ein Dummkopf ist, wenn man verstanden hat, Geld für zwölftausend Francs Jahreszinsen beiseite zu legen.“

      Der Tierarzt hatte auf sein Pferd eingepeitscht, die anderen gingen über die in Sturzbäche verwandelten Wege zum Aigre hinunter. Sie gelangten zu den drei Hektar Wiese, die es zu teilen galt, als der Regen mit der Heftigkeit einer Sintflut wieder einsetzte. Aber dieses Mal blieben sie starrköpfig dabei, weil sie sterbenshungrig waren und damit zu Ende kommen wollten. Nur einmal kam es zu Streit, der sie aufhielt; es ging um die dritte Parzelle, die keine Bäume hatte, während sich ein Wäldchen auf die anderen beiden verteilte. Alles schien indessen geregelt und angenommen. Der Landvermesser versprach ihnen, seine Aufzeichnungen dem Notar auszuhändigen, damit der das Schriftstück aufsetze; und man kam überein, die Verlosung der Parzellen auf den nächsten Sonntag zu verschieben, wo sie um zehn Uhr beim Vater stattfinden sollte.

      Als man nach Rognes heimkehrte, fluchte Jesus Christus unvermittelt.

      „Warte nur! Warte nur! Dreckige Bangbüx, dir werd ich’s heimzahlen!“

      Am Rande des mit Gras bewachsenen Weges führte Bangbüx ohne Eile unter dem prasselnden Platzregen ihre Gänse aus. An der Spitze der durchnäßten und entzückten Herde schritt der Ganter; und als er seinen großen gelben Schnabel nach rechts wandte, gingen alle großen gelben Schnäbel nach rechts. Aber das Mädel erschrak, hastete wegen des Essens nach oben, hinterdrein die Schar der langen Hälse, die sich hinter dem langen Hals des Ganters ausreckten.

      KAPITEL IV

      Der folgende Sonntag fiel gerade auf den 1. November, auf Allerheiligen; und es war kurz vor neun Uhr, als Abbé Godard, der Pfarrer von Bazoches-le-Doyen, dem es oblag, den ehemaligen Pfarrsprengel Rognes mitzuversehen, oben am Abhang herauskam, der zur kleinen Brücke über den Aigre hinabführte. Das einst bedeutendere Rognes, dessen Bevölkerung auf kaum dreihundert Einwohner zurückgegangen war, hatte seit Jahren keinen Pfarrer mehr und schien sich nicht darum zu kümmern, einen zu bekommen, so daß der Gemeinderat den Feldhüter in dem halbverfallenen Pfarrhaus untergebracht hatte.

      Jeden Sonntag legte also Abbé Godard zu Fuß die drei Kilometer zurück, die Bazoches-le-Doyen von Rognes trennten. Dick und untersetzt, mit rotem Genick und so aufgeblähtem Hals, daß der Kopf nach hinten zurückgedrückt wurde, zwang er sich aus Gesundheitsgründen zu dieser Übung. Aber da er an diesem Sonntag merkte, daß er sich verspätet hatte, schnaufte er schrecklich, hatte den Mund weit offen in dem apoplektischen Gesicht, in dem das Fett die kleine Stupsnase und die grauen Äuglein ertränkt hatte; und unter dem fahlen, schneebeladenen Himmel schwenkte er trotz der vorzeitigen Kälte, die auf die Regengüsse der Woche folgte, seinen Dreispitz und kam barhäuptig daher mit seinem dichten, struppigen, fuchsroten Haar, das bereits grau wurde.

      Die Landstraße führte steil zu Tal, und am linken Ufer des Aigre vor der Steinbrücke standen nur ein paar Häuser, eine Art Vorwerk, das der Abbé in seinem Sturmesgang durcheilte. Er hatte nicht einmal einen Blick – weder stromauf noch stromab – für den trägen und klaren Fluß, dessen Windungen sich inmitten von Weiden- und Pappelgruppen hinschlängelten zwischen den Wiesen. Aber auf dem rechten Ufer begann das Dorf, eine Doppelreihe von Häuserfassaden, die die Landstraße säumten, während andere Häuser, auf gut Glück hingepflanzt, den Hang hinaufkletterten; und gleich hinter der Brücke befanden sich die Bürgermeisterei und die Schule, eine ehemalige, um eine Etage aufgestockte, mit Kalk getünchte Scheune. Einen Augenblick zögerte der Abbé, steckte den Kopf in den leeren Hausflur. Dann drehte er sich um, er schien mit einem flüchtigen Blick die zwei Kneipen gegenüber zu durchwühlen: die eine hatte ein sauberes Ladenfenster, in dem Flaschen ausgestellt waren und über dem ein kleines gelbes Holzschild angebracht war, auf dem man in grünen Buchstaben lesen konnte: Macqueron Kolonialwaren; die andere, deren Tür lediglich mit einem Stechpalmenzweig geschmückt war, breitete auf der grob verputzten Mauer in Schwarz die folgenden Worte aus: Tabakwaren hier bei Lengaigne. Und Abbé Godard entschloß sich, eine abschüssige Gasse zwischen beiden einzuschlagen, einen kleinen steilen Weg, der gerade vor die Kirche führte; da ließ ihn der Anblick eines alten Bauern stehenbleiben.

      „Ach, Ihr seid’s, Vater Fouan ... Ich hab’s eilig, ich wollte Euch schon besuchen kommen ... Wie geht’s uns denn, na? Es ist unmöglich, daß Euer Geierkopf Lise in ihrer Lage sitzenläßt, mit diesem Bauch, der dick wird und einem geradezu in die Augen springt ... Sie ist Marienjungfrau, das ist eine Schande, eine Schande!“

      Der Alte hörte mit einer Miene höflicher Ehrerbietung zu. „Freilich! Herr Pfarrer, was soll ich denn da machen, wenn Geierkopf halsstarrig ist? – Und dabei hat der Bursche immerhin recht, in seinem Alter verheiratet man sich kaum, wenn man nichts hat.“

      „Es ist aber ein Kind da!“

      „Sicher ... Bloß es ist noch nicht zur Welt gekommen, dieses Kind. Weiß man’s denn? – Das ist es ja gerade, ein Kind, das muntert einen nicht gerade auf, wenn man nicht das Nötige hat, ihm ein Hemd auf den Leib zu kleben!“ Er sagte diese Dinge besonnen, eben wie ein Greis, der das Leben kennt. Dann fügte er mit derselben gemessenen Stimme hinzu: „Übrigens wird sich das vielleicht einrenken ... Ja, ich teile meinen Besitz auf, nachher, nach der Messe losen wir aus ... Alsdann, wenn Geierkopf seinen Teil hat, wird er, wie ich hoffe, zusehen, daß er seine Kusine heiratet.“

      „Gut!“ sagte der Priester. „Das genügt, ich verlasse mich auf Euch, Vater Fouan.“ Aber plötzlich voll einsetzendes Glockenläuten schnitt ihm das Wort ab, und er fragte bestürzt: „Es läutet doch zum zweiten Mal, nicht wahr?“

      „Nein, Herr Pfarrer, zum dritten Mal.“

      „Ach, du meine Güte! Das ist wieder dieser Trottel Bécu, der läutet, ohne auf mich zu warten!“

      Er fluchte, er stieg ungestüm den Pfad hinan. Oben hätte er beinahe einen Anfall bekommen, und sein Brustkasten fauchte wie ein Schmiedeblasebalg.

      Die Glocke läutete weiter, während die Raben, die sie gestört hatte, krächzend zur Turmspitze flogen, ein Spitztürmchen aus dem fünfzehnten Jahrhundert, das Zeugnis ablegte von der früheren Bedeutung von Rognes. Vor der weit offenen Tür wartete eine Gruppe Bauern, mitten unter ihnen rauchte der Schankwirt Lengaigne, ein Freidenker, seine Pfeife; und weiter weg, dicht an der Mauer des Friedhofs, sprach der Bürgermeister,

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