ACT in Klinik und Tagesklinik. Группа авторов

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу ACT in Klinik und Tagesklinik - Группа авторов страница 6

Жанр:
Серия:
Издательство:
ACT in Klinik und Tagesklinik - Группа авторов

Скачать книгу

Längsschnittdaten. Klinische Theorien und Modelle waren unterentwickelt und die Grundlagenwissenschaften der Genetik und Neurobiologie, der Kultur-, Emotions- und Kognitionswissenschaft, auf denen sie beruhten, boten nur begrenzte Orientierungshilfe.

      Als das U. S. National Institute of Mental Health (NIMH) beschloss, sein Programm für Angewandte Forschung an die dritte Ausgabe des Diagnostic and Statistical Manual of the American Psychiatric Association (DSM-III) anzubinden, konnten auf dem Hintergrund dieser Schwachstellen Bedenken von frühen Verhaltens- und Kognitionstherapeutinnen und -therapeuten bezüglich des im DSM-III vertretenen Modells latent bestehender Krankheiten schnell ausgeräumt werden. Das an Syndromen orientierte Modell menschlichen Leidens des DSM-III setzte sich schnell durch. Die psychoanalytische Theorie als zentrales Organisationsprinzip wurde abgelöst von der Vorstellung, dass die Identifizierung von Clustern klinischer Zeichen und Symptome einen empirischen Weg eröffnen würde, die zugrunde liegenden Krankheitsprozesse zu finden, die zur Ausbildung dieser Merkmale führten. Dieser Wandel wurde weltweit spürbar, zum Teil auch deshalb, weil ein Großteil der weltweiten Finanzierung der Psychotherapieforschung vom NIMH kam.

      In der psychiatrischen Nosologie ist eine psychische Störung formal definiert als »Syndrom, welches durch eine klinisch signifikante Beeinträchtigung der Kognitionen, der Emotionsregulation oder des Verhaltens einer Person charakterisiert ist, welche Ausdruck dysfunktionaler psychologischer, biologischer oder entwicklungsbezogener Prozesse sind, die der mentalen Funktionsfähigkeit zugrunde liegen« (APA 2013, S. 20). Nach dieser Definition sind Symptome Ausdruck zugrunde liegender und latenter Krankheitsbilder.

      In den Jahrzehnten nach Veröffentlichung des DSM-III (1980) verfolgten Forscher im Bereich der Verhaltens- und kognitiven Therapien den Traum, eine evidenzbasierte Therapie zu etablieren, indem sie in randomisierten Studien standardisierte bzw. manualisierte Therapien für bestimmte Syndrome prüften (z. B. Thompson-Hollands et al. 2014). Es war gängige Praxis, für verschiedene psychische Störungen die Behandlung mit Psychopharmaka mit der einen oder anderen Form von kognitiver Verhaltenstherapie (KVT) zu vergleichen. Kognitive und verhaltenstherapeutische Methoden schnitten relativ gut ab und entwickelten sich zur vorherrschenden Form der evidenzbasierten psychosozialen Versorgung bei einer Vielzahl von Störungen (Hofmann et al. 2012). Im Laufe der Jahrzehnte wurden diese Daten zur Erstellung von Behandlungsrichtlinien und Listen evidenzbasierter Therapien (EBT) verwendet. Diese wissenschaftlichen und politischen Errungenschaften hatten jedoch ihren Preis. Nahezu unabhängig vom Therapieerfolg war eine weitere Konsequenz die weltweit immer stärker biomedizinisch ausgerichtete Sichtweise menschlichen Leidens.

      Die neue Frage, die Psychotherapieforscherinnen und -forscher zu beantworten versuchten – »Welches Verfahren ist das beste für die Symptome dieses Syndroms?« – vermochte die Bedürfnisse des Einzelnen, den jeweiligen Rahmen der therapeutischen Interventionen, die Spezifität der Vorgehensweisen, die Spezifität der Probleme und den Zusammenhang zu den Veränderungsprozessen nicht ausreichend zu erfassen. In diesem vom Kontext bereinigten Universum schnellte der Einsatz von Psychopharmaka in die Höhe und der Einsatz evidenzbasierter psychosozialer Methoden ging zurück, denn sobald Einigkeit darüber bestand, dass psychische Probleme Ausdruck einer latenten Krankheit seien, führte das Zusammenwirken von Marketinganstrengungen (beteiligter Akteure) und öffentlicher Meinung zu einer Kultur der Schlussfolgerung, dass am ehesten Medikamente eine zugrundeliegende Pathologie korrigieren könnten.

      Das Fachgebiet sieht sich nach wie vor mit den theoretischen und praktischen Herausforderungen konfrontiert, die ein Ergebnis der jahrzehntelangen Vorherrschaft des DSM sind. Dadurch entwickelte sich ein eher an Techniken orientierter Ansatz – zu Lasten der Theoriebildung. Untersuchungen zu Mediatoren der Therapieergebnisse wurden zu wenig eingesetzt, und die funktionale Bedeutung von Veränderungsprozessen war oft nicht ausreichend bekannt. Die Auswahl von Behandlungsansätzen, die in Bezug auf bestimmte Modelle getestet wurden, war etwas eingeschränkt, so dass nicht auszuschließen war, dass die theoretische Evidenz durch dritte Variablen erklärbar war und dass die Behandlungsimplikationen nachgewiesener Prozesse weniger direkt sein könnten. Inwieweit philosophische Annahmen zutrafen, blieb weitgehend unerforscht oder wurde nur oberflächlich bearbeitet.

      Dies änderte sich innerhalb der KVT schließlich, aus verschiedenen Gründen. Dazu gehörte das Aufkommen der sogenannten »dritten Welle« (Hayes & Hofmann 2018), die die traditionelle KVT stärker auf der Grundlage von Annahmen und Theorie in Frage stellte als nur bezüglich der reinen Therapieergebnisse. Im ersten Artikel, in dem der Begriff »dritte Welle« verwendet wurde, lag ein Hauptaugenmerk darauf, die KVT dahingehend zu ermutigen, sich mit »Fragen, Themen und Bereichen, die bisher vor allem von anderen Therapieschulen angesprochen wurden« (Hayes 2004, S. 658), zu beschäftigen, aber »aus wissenschaftlicher Sicht, mit einem Interesse an kohärenter Theorie, sorgfältig ausgewerteten Veränderungsprozessen und soliden empirischen Ergebnissen« (ebd., S. 660). Neuere Formen der KVT (z. B. Achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie, dialektisch-behaviorale Therapie, metakognitive Therapie, Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT), funktional-analytische Psychotherapie usw.) betonten solche Themen wie Emotion, Achtsamkeit, Akzeptanz, Selbst/Ich-Erleben, Metakognition, Beziehung, Aufmerksamkeitsflexibilität und Werte, von denen viele stärker auf das Verhältnis eines Menschen zu seinen Erfahrungen als auf den Inhalt der Erfahrungen selbst gerichtet waren. Dieser Zuwachs an neuen Aspekten führte zu einer Überprüfung der grundlegenden Prinzipien und Annahmen innerhalb der KVT selbst.

      Therapeutische Prozesse sind die zugrundeliegenden Veränderungsmechanismen, die zur Erreichung eines angestrebten Behandlungsziels führen. Dabei handelt es sich um eine Reihe von theoretisch begründeten, dynamischen, fortschreitenden und mehrstufigen Veränderungen, die in vorhersehbaren, empirisch ermittelten Reihenfolgen ablaufen und auf die von den Klientinnen und Klienten festgelegten erwünschten Ergebnisse ausgerichtet sind. Diese Prozesse sind in Modelle integriert, die evidenzbasierte Verfahren oder Kernprozesse spezifizieren, welche diese Prozesse adressieren können. Wir sind der Ansicht, dass ein solcher prozessbasierter Ansatz der Schlüssel für die Zukunft der evidenzbasierten Versorgung ist. Konsensbasierte Diskussionsprozesse innerhalb der KVT sind zu ähnlichen Schlussfolgerungen gekommen (Klepac et al. 2012).

      Dieses Ziel ist an sich nicht neu. Die Fokussierung auf Prozess, Funktionsanalyse und individuelle Ziele war schon charakteristisch für die Anfänge der Verhaltenstherapie. Was sich geändert hat, sind die inzwischen verfeinerten Analyseinstrumente und die umfangreichere Wissensbasis, auf die man bei der neu aufgeworfenen Grundsatzfrage der evidenzbasierten Therapie nun zurückgreifen kann. Wir vertreten die Auffassung, dass PBT sich schnell zum entscheidenden Kern von KVT und EBT selbst entwickelt (Hayes & Hofmann 2018, Hofmann & Hayes 2019).

      1.2 Modelle der prozessbasierten Therapie

      KVT und EBT bieten eine Vielzahl von wichtigen therapeutischen Methoden und Prozessen für Klientinnen und Klienten wie Kontingenzmanagement, Stimuluskontrolle, Verhaltensausformung (shaping), Senkung des Erregungsniveaus, Aufmerksamkeitsflexibilität, Bewältigungstrategien (coping) und Emotionsregulation, Problemlösung, Verhaltensaktivierung, kognitive Flexibilität und Neubewertung, Defusion/Distanzierung, Auseinandersetzung mit inneren Glaubenssätzen, psychische Akzeptanz, Werte, Achtsamkeit, Motivationsstrategien u. ä. (Hayes & Hofmann 2018;

Скачать книгу