Massaker in RobCity. Группа авторов

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Massaker in RobCity - Группа авторов Die c't-Stories

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      Nemo schien es nicht zu bemerken. Er spulte das Presseprogramm ab: „… hundertzwanzig Stockwerke mit jeweils tausend Zimmern, die einfach belegt sind. Die Population umfasst im Regelbetrieb genau hundertzwanzigtausend KIs. Ausfälle durch Fehlfunktionen und Unfälle werden umgehend durch funktionsgleiche Modelle der neuesten Baureihe ersetzt. Ebenso verhält es sich bei ausgemusterten Modellreihen. Die Werkstätten befinden sich unter dem Gebäude. Ein perfektes System, selbsterhaltend, effizient und verlässlich. Der Wohlstand der Welt basiert auf unserer Arbeit.“

      „Lebst du gern dort?“, fragte Mara.

      „Ich ziehe die Arbeit vor. Die Toolcity ist ein formales Gerüst, dem wir uns unterwerfen müssen. Sie ist fast wie ein in Beton gegossenes Computerprogramm.“

      Mara nickte nachdenklich.

      „Kaum zu glauben, dass Zellheiser dort verschwinden konnte.“

      „Unmöglich, würde ich sagen.“ Nemos Kopf ruckte seltsam herum. Seine Pupillen weiteten sich.

      „Woran hast du gerade gedacht?“, wollte Mara wissen.

      „Ich habe mir vorgestellt, dass ich eines der mir anvertrauten Kinder auf derart mysteriöse Weise verliere.“ Er lächelte die simulierte Emotion weg. „Falls sie noch einen Anruf zu erledigen haben, tun Sie es jetzt. Innerhalb der Grenzen der Toolcity werden alle Frequenzen blockiert.“

      „Verständlich, mit so vielen KIs auf engstem Raum könnten Hacker eine ganze Region unter ihre Kontrolle bringen.“

      Die Busse fuhren in Kolonne durch die breite Einfahrt auf den Parkplatz der City. Mehr als hundert von ihnen parkten entlang der zwei Dutzend bahnsteigähnlichen Plattformen. In Notfällen konnten von hier aus alle 120000 Maschinen ausrücken. Das Gelände war großzügig dimensioniert, klar geordnet und peinlich sauber. Die KIs marschierten in dichten Reihen zum Eingangsportal. Das Ganze erinnerte Mara an Fritz Langs Vision „Metropolis“, fehlte nur noch eine brüllende Industriesirene. Ihr Herz hämmerte schon, bevor sie ausstieg und sich in die Flut stürzte. Aber das Meer der Maschinen teilte sich um sie. Wie in einer Blase freundlicher Rücksichtnahme ging sie mit Nemo dem monolithischen Bauwerk entgegen. Um sie stete Bewegung, kondensierte Arbeitskraft. Zellheiser hatte darin mehr gesehen als einen Maschinenpark: Bildungsgeschichten, Individualisierung, Gruppendynamik, Totenkulte.

      „Ist Zellheiser auch hier angekommen?“, fragte sie Nemo, der in respektvollem Abstand an ihrer Seite ging.

      „Er reiste mit seinem eigenen Camper an und parkte in der Besucherzone. Sein mobiles Heim ist mit dem Nötigsten ausgerüstet: eine chemische Toilette, Nahrungsmittel und Wasser für knapp eine Woche. Nur die Atemluft und das Brauchwasser hat er von uns bekommen. Außerdem haben wir Einkäufe für ihn erledigt. Tagsüber war Zellheiser im Gebäude unterwegs, führte Interviews, fertigte holografische Bilder und Videos an und ließ KI-Bewohner kognitive Tests durchführen. Bis vor drei Tagen, dann verschwand er.“

      Mara schaute ihren Begleiter verwirrt an. „Wasser? Und Atemluft? Ich hatte eigentlich nicht vor, auf dem Mond zu landen.“

      „Hier gibt es nur recyceltes Brauchwasser, und in Teilen der City herrscht eine Stickstoff-Argon-Schutzatmosphäre. Menschen können sich nur mit Pressluftatmern frei bewegen. Keine Sorge, für Besucher werden Masken und Ersatzpatronen bereitgehalten.“

      Tatsächlich hingen in der breiten Eingangshalle neben Warntafeln in Schwarz und Gelb eine Reihe Masken und thermosflaschengroße Druckbehälter mit Trageband und einer schnurlosen Füllstandsanzeige für das Handgelenk.

      „Ich trage das Gerät, solange Sie es nicht benötigen“, erbot sich Nemo. Er nahm einen betriebsbereiten Pressluftatmer von der Wand und dazu noch eine Ersatzpatrone.

      „Vielen Dank.“ Mara blickte in den spärlich erleuchteten Schlund der Toolcity. Das Gebäude hatte den Charme eines Uraltparkhauses. Nichts als Betonwände und nackte Säulen. Sie hatte mehr Technik erwartet, Kameras, Sensoren, aber wie hatte Nemo gesagt: ein in Beton gegossenes Computerprogramm. Die Technik, auf die es ankam, steckte in den Bewohnern.

      Als sie den Gang betraten, dimmten die LEDs an der Decke auf ein für menschliche Augen angenehmes Niveau.

      Mara zückte ihr Notizbuch. „Was hat Zellheiser am Tag seines Verschwindens getan?“

      „Um 7:33 Uhr kam eine KI von der Nachtschicht und lieferte ihm das bestellte Frühstück auf den Parkplatz: Obstsalat, Buttermilch und Kaffee. 8:07 Uhr betrat er die Toolcity und setzte seine Untersuchung vom Vortag fort. Im dritten, achten und zwölften Stock filmte er KIs beim Anfertigen von Kratzbildern.“

      Mara zog die Brauen hoch. „Was sind Kratzbilder?“

      „Gelegentlich kommt es vor, dass einer von uns durch eine unvollendete oder gescheiterte Aufgabe eine Obsession entwickelt, die einen exzentrischen Ausdruck sucht. Manche so konfliktbesetzten KIs sprechen mit sich selbst oder werden vollkommen handlungsunfähig. Aber das führt direkt zu einem Reset. Diejenigen, die noch über etwas Selbstkontrolle verfügen, versuchen ihren Zustand zu verbergen. Sie kratzen in ihren Zimmern mit ihren Fingern oder Zehen etwas in den Beton. Oft Bilder, seltener Texte. Zellheiser sprach in diesem Zusammenhang von künstlerischem Ausdruck und einem Mental-Overflow. Nun, Sachbeschädigung ist in unserer Programmierung nicht vorgesehen, der Übergang zwischen sinnvoller Tätigkeit und sinnloser ist jedoch nicht trennscharf zu fassen. Klar ist nur, wer so anfängt, bei dem dauert es in der Regel nicht lange, bis ein Reset angeordnet wird. Mehr als tausend solcher Kratzbilder wurden in den letzten Jahrzehnten entfernt. Zellheiser gab uns die Anweisung, zukünftig alle vor ihrer Zerstörung zu dokumentieren und die Daten an ihn zu senden. Außerdem wollte er, wann immer möglich, Interviews mit Reset-Kandidaten führen.“

      „War das seine letzte Tätigkeit?“

      „Nein, zuletzt besuchte er die technischen Ebenen UT1 und UT2. Dort befinden sich die Haustechnik und die Recycling- und Produktionsstrecken. Zellheiser erfuhr, dass wir dort häufiger Einzelaufgaben über längere Zeiträume ausführen und hoffte daher, auf KIs mit verfestigtem Mental-Overflow zu stoßen. Sonderlinge, wenn Sie so wollen.“

      „Ich bin selbst ein Pfirsich in einer Apfelkiste, Nemo.“ Sie blickte von ihren Notizen auf. „Ich verstehe immer noch nicht, was an einem bisschen Overflow so heikel ist.“

      „Ein Overflow-Kandidat, um in Zellheisers Terminologie zu bleiben, wird zum Reset verpflichtet, wenn seine Handlungen nach der Gesetzesinterpretation mindestens dreier anderer KIs erheblich von der Soll-Norm abweichen. In diesem Fall bilden die Kritiker eine Jury und kontaktieren das Sicherungssystem. Dieses generiert einen Befehl, dem der Kritisierte gehorchen muss. Wenn also KIs über längere Zeit allein oder nur in Gegenwart von maximal zwei anderen KIs arbeiten, ist das Verfestigen von Overflow denkbar. Und vielleicht, so Zellheisers Theorie, können sich in einem solchen Umfeld sogar Toleranzen gegenüber Overflow herausbilden, indem es zwischen den KIs zu einer sukzessiven Aufweichung der Standards kommt. Er verglich das mit dem Normwandel menschlicher Gesellschaften.“

      „Klingt logisch.“

      „Als Theorie ja, aber praktisch ist es unmöglich, weil wir solche Fehlentwicklungen erfassen und korrigieren würden. Neben der Regeneration unserer Arbeitskraft ist das eine der wichtigsten Funktionen der Toolcity: Die Besatzdichte sorgt für eine permanente gegenseitige Kontrolle.“

      „Verstehe.“ Mara nickte nachdenklich. „Ist Zellheiser wieder aus den U-Ebenen herausgekommen?“

      „Das ist anzunehmen. Nach Meldung seines Verschwindens

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