Massaker in RobCity. Группа авторов

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Massaker in RobCity - Группа авторов Die c't-Stories

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Nemo trat vor, bereit, die Schleuse zu durchschreiten.

      Mara hielt ihn zurück, ihr drängte sich ein unangenehmer Gedanke auf: „Wäre ein medizinischer Notfall eine solche administrativ wichtige Information? Nicht, dass du mich vergisst, wenn du die Schleuse auf dem Rückweg passierst, während ich irgendwo hilflos liege.“

      „Das ist zweifellos sichergestellt“, behauptete Nemo. Aber Mara hatte das Gefühl, dem Rätsel um Zellheisers Verschwinden ganz nah zu sein.

      Die Gärtner-Schleuse war lang und verwinkelt, Nemo schritt wie in Trance hindurch. Überrascht beobachtete Mara, wie Laserstrahlen den Wachsmalschriftzug auf der Brust ihres Begleiters abtastete. Nemo bewegte die Hand und wischte seinen Namen weg. Als sie die andere Seite erreichten und in die Dunkelheit hinaustraten, kam er wieder zu sich. Er sah sie an und lächelte – immer wieder das beruhigende Lächeln.

      Nichts geht unregistriert rein oder raus, dachte Mara.

      Klick, klack, klick … Die Laute drangen in schneller Folge aus der Dunkelheit. Als Kind hatte Mara einen Frosch aus Blech besessen, der genau so ein Geräusch gemacht hatte, wenn man auf seinen Rücken drückte. Hier schienen Tausende dieser Frösche ihr Konzert zu geben.

      Ein LED-Licht an der Decke blendete auf, weitere folgten. Sie erhellten Reihen von Metallregalen. Zehntausende KI-Kerne steckten in Anschlussbuchsen und gaben die Geräusche von sich – Larven elektronischer Arbeitsbienen, die darauf warteten, wieder in Dienst gestellt zu werden. Wahrscheinlich vergeblich, denn der Fortschritt hatte sie überholt, und so dämmerte die stille Reserve in Kälte und Dunkelheit dem Tag entgegen, an dem der letzte Slot gefüllt war und ein Mensch entscheiden musste, welches Modell nun für immer ausgedient hatte.

      Mara folgte dem Weg zwischen den Regalen. „Grausig. Dante Alighieri hat die eisige Erstarrung des neunten Höllenkreises den Verrätern vorbehalten, aber für den Aufenthalt an diesem Ort muss man auch noch hart arbeiten. Was für eine Strafe für treue Dienste.“

      „Diese Analyse kann ich nicht nachvollziehen“, entgegnete Nemo. „Ich selbst werde aller Voraussicht nach hier eingelagert und empfinde es als erstrebenswert.“

      Sie wandte sich zu ihm um und legte ihm die Hand auf den Arm: „Du gehörst zu diesem Club der 10 Prozent?“

      „Ich habe für meine Arbeit stets hervorragende Beurteilungen erhalten. Wenn meine Zeit kommt, kann ich auf Auferstehung hoffen. Davon sprechen die Stimmen.“

      Maras Miene gefror. „Stimmen? Hörst du sie gerade?“

      „Sie hören sie auch“, erklärte Nemo augenzwinkernd. „Die KIs kommunizieren durch das Klicken ihrer Wärmeregler. Zellheiser hatte recht, dies ist ein besonderer Ort. Hier können sie denken, ohne den Reset fürchten zu müssen, weil das hier weder notwendig noch möglich ist. Sinnlose Befehle und Befehle, die unmöglich ausgeführt werden können, müssen wir ignorieren.“ Nemos Kopf ruckte interessiert von einem Regal zum anderen, während er dem Gespräch der KIs folgte. „Sie sagen, dass Zellheiser hier war. Er unterhielt sich lange mit ihnen – ah, er konnte seinen Com so programmieren, dass er übersetzte. Er war fasziniert von ihren Gedanken zur Auferstehung. Diesem Thema wollte er ein Kapitel seines neuen Buchs widmen, später ist er mit seinem Begleiter weiter abgestiegen.“ Nemos Gesicht nahm einen bekümmerten Ausdruck an. „Nur die KI ist zurückgekommen. Zellheiser muss folglich tot sein. Ich bitte Sie, Mara, gehen Sie nicht weiter, es besteht Gefahr.“

      Mara blickte den Gang hinunter. Tatsächlich, da gab es noch eine graue Fahrstuhltür, deutlich kleiner diesmal.

      „Aber nur ein Mensch kann ihn finden, ist es nicht so, Nemo? Was ist da unten?“

      Nemo lauschte auf das Klicken. „Der Raum wurde früher für Fehlersimulationen genutzt, sagen sie. Bis vor vierundzwanzig Jahren. Damals gab es hier noch zwei fest angestellte Ingenieure. Seit deren Stellen gestrichen wurden, sind vier KIs und später Zellheiser dort unten verschollen. KIs, die zurückkamen, konnten nichts über den Ort sagen. Sie hatten einen Reset erlitten.“

      Mara seufzte. Offensichtlich gab es noch eine Gärtner-Schleuse und vier KIs, die nicht in den Bereich der Überwachung zurückgekehrt waren. Konnten sie gefährlich sein? Sie zögerte, aber nur für einen Augenblick. Dies war ein Job für einen Menschen. Vor allem aber war es ihr Job, den sie sich von niemandem wegnehmen lassen würde. Entschlossen steuerte sie den Fahrstuhl an. „Du passt doch auf mich auf, Nemo?“

      „Selbstverständlich, Mara.“

      Sie prüfte den Füllstand ihres Druckluftatmers, die Anzeige kratzte am roten Bereich. Es blieben weniger als fünf Minuten, aber da gab es ja noch die Kartuschen auf der Werksebene. Außerdem bemerkte sie ein weiteres Schild mit blauer O2-Beschriftung und einem Pfeil nach unten. Statt eines Schalters gab es neben dem Schacht ein optisches Lesegerät und eine Metallplatte mit Schlüsselloch. Die Schlüssel lagen zweifellos in irgendeinem Archiv des Arbeitsministeriums. Nemo berührte das Lesegerät und übermittelte seine Identifikation.

      „Lassen Sie mich vorgehen“, bat er und seine Stimmlage machte klar, dass aus der Besucherführung für ihn ein Rettungseinsatz geworden war.

      Als Mara die Kabine betrat und die Metallwand berührte, hatte sie Staub an den Fingern. Hier also endete die absolute Ordnung. Im Lager der KIs gingen die Lichter aus. Die Tür schloss sich und schnitt das Klicken der Wärmeregler ab.

      „Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu Dir …“, so begann ein Psalm, an den sich Mara erinnerte, während der Boden unter ihr absackte. Als der Fahrstuhl hielt, entließ er sie direkt in den Eingang der Gärtner-Schleuse. Aus dem Raum dahinter klangen hüpfende Schritte und ein Kratzen. Vorsichtig folgte sie Nemo, der im Bann der Schleusenelektronik wie ein Spielzeugroboter voraustappte. Plötzlich blieb er stehen. Kerzengerade und stumm.

      „Nemo?“ Als er nicht antwortete, berührte sie ihn, doch auch jetzt blieb er unbeweglich. Das Atmen fiel ihr schwer, sie fröstelte. Einen Moment lang glaubte sie an eine Panikattacke, dann erklang ein Dauerwarnton aus ihrem Pressluftatmer. Die Anzeige an ihrem Handgelenk blinkte rot. „Nemo, wach auf!“ Es half nichts. Mit Mühe gelang es ihr, die Ersatzflasche aus Nemos Händen zu ziehen und den Wechsel durchzuführen.

      Als die Druckluft zischend in die Maske schoss, war sie schweißgebadet. Tief sog sie die frische Luft ein, bis die Beklemmung nachließ. Die Fahrstuhltür hatte sich hinter ihnen geschlossen. Auch hier gab es keinen Schalter, und auf ihre verbalen Befehle regte sich nichts. Gut zehn Minuten waren vergangen, als sich Mara entschloss, nicht länger auf Nemo zu warten. Sie verließ die Schleuse.

      Der Raum war länger und breiter als gedacht, die Decke bedrückend niedrig, als schwebe ein Berg über ihr. Markierungen auf dem Boden deuteten darauf hin, dass man hier früher KIs gelagert hatte. Nun waren noch drei übrig, die über die Tiefe des Raums verteilt seltsamen Beschäftigungen nachgingen. Ihr am nächsten arbeitete ein 5er-Modell, das auf seinen Händen lief und mit den Metallknochen der Zehen Figuren in den Beton kratzte. Die Wand von der Schleuse bis in den Bereich hinter der Maschine war ein einziges riesiges Relief. Die Maschine hatte die Figuren in Streifen angeordnet wie Ablaufskizzen eines Drehbuchs: Menschen und eine KI in einem Gespräch, das – nach der Mode zu urteilen, in der die Personen gekleidet waren – vor etwa zwanzig Jahren stattgefunden hatte.

      Die KI im Handstand zwitscherte etwas in rasendem Tempo. Die Worte blieben vollkommen unverständlich. Plötzlich marschierte sie zurück zum dritten Reliefstreifen und setzte dort ihren Monolog fort. Mara wollte die KI nicht auf sich aufmerksam machen. Als sie um die Maschine herumging, erreichte sie das Ende des Reliefs: Einer der jungen Männer lag am Boden, sein Arm verdreht, starrer Blick. Maras Puls ging schneller, so lebendig wirkte die Darstellung.

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