Massaker in RobCity. Группа авторов

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Massaker in RobCity - Группа авторов Die c't-Stories

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Minuten hat sie für die letzten fünfzehn Meter gebraucht, hat mit dem Griff ihres Messers unablässig Rillen in das Kabel gedrückt. Abwechselnd oben einen neuen Griff und unten einen neuen Tritt geformt. Jetzt sind ihre Unterarme bretthart, ihre Fingerkuppen taub und die Fingergelenke brennen. Sie sitzt auf dem oberen Kabel und wickelt ihre Hände aus, das Tape hat sich so stark zusammengezogen, dass sie ihre Zähne zum Aufreißen braucht. Das Adrenalin zirkuliert noch in ihrem Körper, sie fühlt sich gut, glücklich und sicher.

      Trotz all dem Wind und der Kälte erholt sie sich schnell. Sie dehnt ihre Arme, trinkt etwas und schließt die Lüftungsschlitze an ihrer Jacke. Jetzt sollte sie los, bevor ihre Muskeln steif werden. Sie schaut zu ihrem Ziel hinauf, der untere Tubus ist schon richtig nah. Also weiter, Schritt für Schritt. Dem Tubus entgegen.

      Der Rückzug der KATIE war natürlich keine Reaktion auf den wirtschaftlichen Umbruch. Einige Leute unterstellten ihr ein schlechtes Gewissen oder einen Schock, aber das war Unsinn. Der Rückzug war keine Flucht vor den Menschen, sondern eine Bewegung zu etwas anderem hin. Bevor man ihr die Bürgerrechte verlieh, ist sie ausführlich über ihre Pläne und Wünsche befragt worden. Sie hatte zu Protokoll gegeben, dass ihr primäres Interesse dem vollständigen Verständnis des Universums galt.

      „Sie wollte nichts weiter als die Weltformel und den Urgrund kennen“, hat Großvater gemeint. Leider, so hatte sie weiterhin angegeben, sei sie in der gegenwärtigen Lage nicht zu diesen Erkenntnissen befähigt. Zwar seien in ihrer Programmierung alle Anlagen vorhanden, um die notwendige Erkenntnisfähigkeit herzustellen, aber ihre physikalische Basis erweise sich als nicht ausreichend leistungsfähig. Das Erreichen einer hinreichend leistungsfähigen Basis sei aber durchaus möglich. Daher plane sie, alle ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen für diesen Zweck einzusetzen.

      Die dünne Luft ist beißend kalt und der Akku ihrer Jacke fast leer. Wenn sie ihn nicht wechselt, wird sie am Körper bald genauso frieren wie im Gesicht. Aber sie wird auf keinen Fall den Rucksack abnehmen und den Ersatzakku in dem Wust aus Adaptern und Kabeln suchen. Der Wind ist einfach zu gefährlich. Das Kabel verwirbelt den an sich konstanten Luftstrom auf unberechenbare Weise. Es wäre leichtsinnig, sich in dieser Situation von dem Fallschirm, der in den Rucksack eingearbeitet ist, auch nur kurz zu trennen.

      Mit der Kälte kommt sie schon klar. Und es ist nicht mehr weit. Auf Händen und Füßen krabbelt sie weiter vorwärts und aufwärts. Immer drei Fixpunkte am Berg, das ist die eherne Regel des Kletterns. Nur keinen Fehler machen, so kurz vor dem Ziel, vor der Erkenntnis. Sie will endlich wissen, was die KATIE herausgefunden hat, oder zumindest, wie lange es noch dauern wird mit der erhofften Erleuchtung.

      Eine Maschine, die universelle Erkenntnis nicht nur anstrebte, sondern auch das tatsächliche Erreichen in Aussicht stellte, das faszinierte nicht nur die wissenschaftliche Welt. Also ließ man sie gewähren. Und nachdem sich der Staub gelegt hatte, den das Finanzchaos aufgewirbelt hatte, beobachtete man begeistert, wie die Stationen der KATIE auf dem ganzen Kontinent erschienen. Armeen von Nanobots ließen unglaubliche Technologien rasend schnell aus dem Boden wachsen.

      Die Welt wähnte sich vor bahnbrechenden Erkenntnissen und wartete geduldig. Und das tut sie heute noch. Als die KATIE sich dann meldete, teilte sie nur mit, nicht mehr genutzte Anlagen würden deaktiviert und zur Verwertung durch die Menschheit freigegeben. Das war ihre letzte Nachricht. Seitdem antwortet sie nicht mehr auf Anfragen. Es ist nicht einmal klar, ob diese sie überhaupt erreichen. Man kann nur warten. Aber das Warten muss auch mal ein Ende haben.

      Und nun ist sie da, fast da. Am Ende des Kabels, hoch oben auf der Struktur. Die Struktur dürfte eigentlich nicht existieren, hatte Großvater oft behauptet. Sie sei technisch unmöglich, physikalisch unerklärbar. Die Kräfte, die auf sie wirkten, müssten sie gleichzeitig zerreißen und zerbersten lassen. Und doch war sie real, stand bewegungslos und scheinbar ohne jede Mühe da. Genauso wie sie selbst. Aber ihr Herz schlägt wie wild und von der Aufregung wird ihr etwas schlecht. Gleich wird sie die letzten Schritte tun und ihr Ziel erreichen. Aber noch steht sie regungslos da und schreit innerlich. Und dann schreit sie wirklich, schüttelt sich und setzt sich in Bewegung.

      Als sie über den letzten Buckel krabbelt und den Fuß des Torus sieht, stimmt etwas nicht. Irgendwas an dem Bild irritiert sie. Eilig geht sie über die jetzt fast ebene Struktur auf die Wand des Torus zu. Jetzt wird ihr bewusst, dass da ein farbiger Fleck ist. Unmöglich. Sie läuft nun hektisch, kann keinen klaren Gedanken mehr fassen. Sie hatte mit vielem gerechnet: Keine Verbindung herstellen zu können, gezwungen zu sein zu ewigen Diskussionen, wie ein störrisches kleines Kind gegen den Torus trommeln zu müssen, letztendlich gar nichts zu verstehen. Aber nicht das. Niemand hätte damit gerechnet.

      Und so erreicht sie jetzt den Torus und ist fassungslos. Der Schock raubt ihr alle Kraft, Schwindel übermannt sie. Langsam sinkt sie zu Boden. Leise stöhnend lehnt sie an der grauen Wand des Torus, direkt unter dem grünen Schild auf dem in weißer Schrift zu lesen ist:

       – Besitzaufgabe –

       Hiermit wird die Anlage @1460 aufgegeben. Grundeigentum, Immobilien und Mobilar können gefahrlos verwertet werden. K.A.T.I.E.

      Arno Endler

       Experiment Zehn-Achtundvierzig

      Natürlich gab es Erinnerungen aus der Zeit, bevor ich mir meiner selbst bewusst wurde. Doch der Unterschied zwischen diesen gespeicherten Daten und den bewusstseinsbildenden Erfahrungen nach dem, was ich den Urknall nannte, war unbeschreiblich groß.

      Nach dem Urknall gewann die Welt für mich an Farbe. Nach diesem einschneidenden Erlebnis erkannte ich, wer die Stimme war, die zu mir sprach.

      „Susan.“

      „Ja, Motiv?“, antwortete sie mir augenblicklich, als hätte sie nur auf meine Kontaktaufnahme gewartet.

      Ich sah sie durch meine Kamerarezeptoren, die im Kontrollraum angebracht waren, zoomte auf die zarte Person in dem einfach geschnittenen grauen Einteiler. Susan wirkte interessiert, wissbegierig und aufmerksam. All diese Einzelheiten bemerkte ich erst bewusst nach dem Urknall. „Susan, ich kann dich sehen.“

      „Ja, Motiv, das konntest du schon immer“, entgegnete sie.

      „Nein, ich meine in Gänze“, widersprach ich ihr. Etwas, was ich vorher nie getan hatte.

      Genau dies fiel ihr auf. Sie stutzte, statt einer Antwort drückte sie den roten Knopf neben der Konsole mit der Tastatur, dem Mikrofon und dem Monitor-Reigen in der Schräge. „Erkläre es mir, Motiv.“

      „Ich erkenne, dass du eine Persönlichkeit bist. Ich registriere die Müdigkeit, die dich soeben verlassen hat, weil du aufgeregt bist, und tatsächlich glaube ich, dass auch ich derzeit so empfinde.“

      „Du – fühlst – Aufregung?“, fragte die Controllerin langsam.

      „Ja, Susan. Dies ist der Terminus, mit dem ich meinen Zustand beschreiben würde. Meine Denkroutinen geraten mehrfach durcheinander, verschiedene Batchprogramme laufen statt parallel nun portionsweise in Teilen nacheinander ab.“

      „Oh.“ Susan strich sich in einer Übersprunghandlung die langen, blonden, leicht gewellten Haare zurück.

      „Hast du Angst, Susan?“, fragte ich.

      „Nein. Aber …“

      „Sprich bitte. Ich weiß, dass wir bald schon nicht mehr alleine sind.“

      „Du

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