Sing-Sang der Liebe. Robert Heymann

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Sing-Sang der Liebe - Robert Heymann

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verdorben ist sie auch, nun wird die Tochter verkuppelt.“

      „Schändlich!“

      „Was willst du! Er war der Schuft!“

      Der Sprecher nahm eine Zeitung vor und las.

      Der andere starrte vor sich nieder. Eine große schwere Träne rann ihm langsam über die Wange.

      Dann hatte er überwunden.

      Langsam, sorgfältig zerriß er den Brief.

      „Was zerreißt du da?“ fragte der Freund.

      „Oh, eine alte Abrechnung,“ antwortete er. „A propos, ich heirate Ilse. Willst du mein Trauzeuge sein?“

      Philosophie

      Wir saßen im Filmklub. Da ist Generaldirektor Hempel (sagen wir schon Hempel), Gewaltiger der Abewe-Gesellschaft. Er begann seine Laufbahn im fernen Osten. War dann in Wien Kaffeesieder, handelte schließlich mit Platin und Eisenbahnwagen, die nie existierten, und wurde, nebenberuflich, Filmdirektor. Er ist immer noch stark im Ausführen. Seine Produktion gleicht der Realität der oben besagten Eisenbahnwagen. Er zog mich kürzlich in eine literarische Diskussion.

      „Was halten sie eigentlich von der Tarzanschen Theorie, Mister?“ (Er sagt immer Mister und spricht viel vom Broadway auf Long Island. Sprich Island wie Irrland.)

      Also: Tarzansche Theorie. Ich sage:

      „Sie meinen Darwin?“

      „Darwin? Darwin? ... Der die sozialdemokratischen Bücher geschrieben hat? Der Bolschewikenpapst? ... Ne, ich meine Tarzan. Mensch, gucken Se nicht so intellektualiter, als ob Se mich reinlegen wollten. Die Tarzansche Theorie meine ich ... daß der Affe vom Menschen abstammt ... Glauben Sie daran?“

      „Ob ich daran glaube? Mit wenig Einschränkungen, jawohl. Man nennt das die Entwicklung des synthetischen Menschen, den Nietzsche einmal vergeblich gesucht hat!“

      „Sehen Se! Hätte Ihr Nietzsche noch Tarzan erlebt, dann hätte er seinen sympathischen Zeitgenossen gefunden. Wa?“

      Der Löwe vom Kurfürstendamm

      Wir unterhalten uns manchmal im Café Größenwahn. Machen in Literatur, Politik und so. Und man kommt dann leicht auf die Zoologie.

      „Der Löwe,“ sagte einer, der den neuen „Brehm“ schreiben will, „also der Löwe von heute ... der moderne Löwe ... nein, der ist kein Fleischfresser. Der Löwe vom Kurfürstendamm ist reiner Vegetarier.

      Was er frißt?

      Grünfutter frißt er. Fuderweise. Pflanzen.

      Wo die wachsen?

      Auf dem Asphalt, Mensch. Daher der Name: Asphaltpflanzen.

      Ob es da verschiedene Arten gibt?

      Na, der olle Linné hätte seine Freude an ihnen gehabt! Es gibt ’ne Menge Arten. Kamelien (Damen), Tulpen, Sterne (die nur nachts leuchten), Pflaumen ...

      Was? Pflaumen sind keine Pflanzen?

      Und ob das Pflanzen sind! Haben Sie ’ne Ahnung!

      ... Obst? Ja, das frißt der Löwe vom Kurfürstendamm auch. Fallobst. Manchmal kaum reif ... noch ganz grün ... frisch vom Baum der Erkenntnis weg ... manchmal schon arg faul ... wie’s kommt. Den Kern? Ach, den Kern spuckt er aus. Für den Kern ist er nicht. Er frißt lieber das Fleisch der Pflaume.

      Wie? Ja, doch eine Art Fleischfresser. Er ist eben doch ein Raubtier. Und man muß schon ’ne Löwennatur haben, um das Pflaumenfleisch zu bevorzugen.

      Wann er auf Raub ausgeht? Tagsüber selten. Da liegt er auf seiner Bärenhaut. Irgendwo in den Dschungeln von Berlin. Aber nachts geht er jagen. Er kennt die Tränken. In Berlin sagt man Dielen. Da sammeln sich die Antilopen scharenweise.

      Farbe? Tja, meist weigern sie sich, Farbe zu bekennen. Fleischfarbe herrscht aber vor, besonders an den Beinen. Manche sind rot, die kommen aus dem Norden. Die weißen, die Unschuldslämmer, die sind meist der fetten Weide entlaufen. Fürsorge allein tut’s nicht immer.

      Wo der Löwe am liebsten jagt? Im Atlas? Mensch, der liegt ja in Afrika. Wenn er sich zu erkennen gibt, ist er am liebsten im Pyjama ... Seide also, nicht Atlas.

      Mähne? Neee, Mähne ist nicht. Glatt ausrasiert. Man muß überhaupt höllisch aufpassen, daß man Männchen und Weibchen auseinanderkennt.

      Was sagen Sie? Das wäre kein richtiger Löwe? Na, ob’s gerade ein ganz richtiger Löwe ist ... es kann auch ein Esel sein. Der Esel in der Löwenhaut, das kennen Sie doch. Manchmal ist der Löwe bestimmt ein Esel. Vielleicht ist er sogar nur ein Schaf. Ein Schafbock meinetwegen.

      Ein Windhund? Schön, vielleicht ist er nur ein Windhund. Ein Hündchen. Ein Maltheser ... nee, kein Ritter. Ritter ist er sicher nicht. Ja, vielleicht ist er sogar nur ein Kater, und er glaubt, ein Löwe zu sein, weil er einen Affen hat. Wissen Sie, es ist so schwer, die Berliner Naturgeschichte zu schreiben ... so schwer ...“

      Im Vorübergehen

      Frau Katz, deren Gatte sehr reich ist (denn er arbeitet nicht für die Katz, obgleich er immer nur an Frau Katz denkt), also Frau Katz hat sich einen neuen Garten anlegen lassen. Einen englischen Garten, weil das sehr vornehm klingt. Auch ein Gewächshaus ist da, und nun geht sie neben dem Herrn Obergärtner durch ihren englischen Garten und läßt sich alle die Blumen und Pflanzen bei Namen nennen.

      Der Obergärtner weiß ihre Wißbegierde in jeder Hinsicht zu befriedigen. Er war früher bei Hofe und ist ein sehr respektabler Mann.

      Schließlich bleibt Frau Katz vor einem Gewächs stehen.

      „Wie nennt man das Ding?“ fragt sie. Der Obergärtner zögert.

      Frau Katz zieht die Augenbrauen hoch (gemalte Augenbrauen, fein wie japanische Blätterschatten).

      „Hören Sie, lieber Obergärtner, ich will keine Pflanzen in meinem Garten haben, die man nicht bei Namen kennt.“

      „Warum nicht gar!“ erwidert der brave Mann, „es ist, gnädige Frau, mit allem Respekt, ein Kaktus.“

      Der tote Hund

      Kurfürstendamm.

      Dicht am Bürgersteig liegt ein toter schwarzer Hund. Überfahren. Eine alte Frau steht weinend bei dem Kadaver, mitleidige Menschen sammeln sich und sprechen ihr Trost zu. Die wenigen ziehen mehrere an. Jeder läßt sich die Geschichte von dem (toten) Hund, den ein Autobus totgefahren hat, wiederholen. Das Interesse verwandelt sich unter dem Eindruck der phantasievollen Schilderungen in Mitleid. Aus Mitleid wird Empörung. „Diese Ausländer!“ sagt ein dicker freundlicher Herr. „Fahren wie die Verrückten, ist ihnen ja egal, ob sie einen Hund totfahren. Bei den heutigen Preisen!“ „Das arme Tier,“ fährt die sehr reich gewordene Frau Kommerzienrat fort und läßt ihre Brillantboutons mitfühlend zittern. „Das arme, arme Tier! Man sollte die Rohlinge ein paar Monate einsperren! Das ist auch ein Mord, wenn’s auch nur ein Tier ist.“

      Sie

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