Tibor (zweite Serie) 1: Die Spinnengöttin. Thomas Knip
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Читать онлайн книгу Tibor (zweite Serie) 1: Die Spinnengöttin - Thomas Knip страница 4
»Das spielt keine Rolle. Wenn wir bei dir sind, kannst du uns nicht überlisten«, antwortete einer der beiden und wies Tibor mit seinem Speer an, weiterzugehen.
»Ich habe versprochen, euch die Diamanten zu geben – und wenn ich etwas verspreche, dann halte ich es auch«, antwortete der Sohn des Dschungels.
»Gilt das auch für ein Versprechen, das dir abgezwungen wurde?«, meinte der Krieger.
Tibor verzog die Lippen. »Ihr seid wirklich zu misstrauisch. Aber ich gebe zu, dass ich euch lieber helfen würde, wenn ihr mich darum gebeten hättet. Andererseits …«, dieser Gedanke beschäftigte ihn schon die ganze Zeit, »… müsst ihr in großer Bedrängnis sein, sonst hättet ihr diesen Gewaltstreich nicht gewagt.« Er blickte die Eingeborenen über die Schulter an. »Wollt ihr mir nicht doch sagen, wozu ihr die Diamanten so dringend haben müsst?«, hoffte er, die Männer zum Einlenken bewegen zu können.
»Nein!«
»Das dürfen wir nicht!«, kam die gepresste Antwort.
»Vertraut euch mir an!«, beharrte Tibor. »Ich meine es wirklich ehrlich mit euch.«
Einer der Männer senkte den Kopf, sah ihn dann aber wieder entschlossen an. »Das mag sein … aber wir verlassen uns doch lieber auf unsere Speere.«
»Wenn ihr euch darauf verlasst, seid ihr verlassen …«, antwortete Tibor düster.
»Wie … wie meinst du das?«, fragte der zweite Eingeborene. Er sah sich hastig um, als rechne er mit einem Angriff aus dem Unterholz, und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
Blitzschnell ließ sich Tibor nach hinten fallen. Er machte eine Rolle rückwärts über das Gras, noch bevor die Eingeborenen reagieren konnten, und stieß die Beine in die Höhe. Seine Füße trafen die Hände der O’gogos. Schmerzerfüllt schrien die Männer auf, stolperten zu Boden und ließen die Speere fallen.
Tibor wusste, dass er keine Sekunde verlieren durfte. Schon griff einer seiner Bewacher nach dem Speer im Gras, als ihn Tibor zurückstieß.
»Nicht doch … die beiden Speere nehme ich an mich!« Er packte die Waffen und hielt sie mit ausgestreckten Armen von sich. »Zurück!«, forderte er die Eingeborenen auf, die sich wieder erheben wollten, und schlug ihnen den Speerschaft gegen die Brust. Benommen sackten die Männer ins Gras.
»Ihr armen Narren!« Tibor schüttelte den Kopf. »Habt ihr geglaubt, mich in meinem Dschungel unter Druck setzen zu können?«
»Wir …«, stöhnte einer der beiden O’gogos und hielt sich den Kopf.
»Seht euch um!«, forderte Tibor sie mit ausgebreiteten Armen auf.
Die beiden Eingeborenen rissen die Augen schreckgeweitet auf. Um sie herum war mit einem Mal ein lautes Rascheln und Knacken zu hören. Entsetzt schrien sie auf, als sie sich einer Übermacht von Gorillas gegenübersahen, die sich wie Schatten aus dem Unterholz erhoben oder sich in den Ästen zeigten.
Einer der gewaltigen Menschenaffen stieß ein Grollen aus. »Wollten die Zweibeiner dir etwas antun? Sollen wir sie töten?«
»Nein, Tando!«, rief Tibor mit knurrenden Lauten zurück, die die O’gogos nur noch mehr zusammenzucken ließen. Die ersten Gorillas machten bereits einen Schritt auf die Eingeborenen zu, als Tibor sie mit einer Handbewegung aufhielt.
»Ihr könnt gehen. Die beiden bedeuten keine Gefahr für mich. Lasst auch die anderen Zweibeiner in Ruhe, die Kerak und die beiden Äffchen gefangen halten.«
Kurz war verhaltenes Murren unter den Gorillas zu hören, doch dann verschwanden sie so schnell wieder im Dschungel, wie sie erschienen waren. Tibors feine Sinne verrieten ihm, dass sie seiner Anweisung gefolgt waren.
»Hier!« Er richtete sich an seine Bewacher und streckte ihnen die Speere entgegen.
Die beiden O’gogos sahen ihn entgeistert an.
»Nun nehmt eure Speere schon, ihr Helden«, meinte er. »Wir wollen weitergehen. Das gerade eben sollte nur eine kleine Lehre dafür sein, dass Vertrauen mehr wert ist als euer Misstrauen.«
Die Eingeborenen nahmen die Waffen mit versteinerten Mienen entgegen und folgten ihm stumm.
ZWEI
Kurze Zeit darauf hatten sie einen breiten Fluss erreicht, der den Urwald zerteilte. Das Erdreich unter den Füßen der drei Männer war entlang des Ufers weich und gab bei jedem Schritt nach. Hohe Farne und Schilfrohre reichten den Männern bis zur Hüfte.
Tibor blieb stehen und blickte auf die Insel, die sich inmitten des Flusses erhob.
»Wartet hier«, sagte er zu den O’gogos. »Ich habe mir in einer Höhle auf dieser kleinen Insel einen Vorrat an Diamanten angelegt.«
Die beiden Krieger nickten nur stumm. Seit dem Vorfall mit den Gorillas sahen sie sich fortwährend nach allen Seiten nervös um und hielten ihre Speere fest umklammert. Tibor nahm es mit einem Lächeln zur Kenntnis, spannte seine Muskeln an und sprang mit einem weiten Satz in den Fluss. Kurz tauchte er unter, bevor er wieder an die Oberfläche kam und mit kraftvollen Kraulzügen auf die Insel zuschwamm.
Ihn beschäftigte nach wie vor die Frage, wozu die O’gogos die Steine benötigten. Er ging nicht davon aus, dass sie sie für sich selbst haben wollten. Ihr Stamm lebte so tief im Dschungel, dass sie höchstwahrscheinlich noch nie mit der modernen Zivilisation in Berührung gekommen waren. Sie dürften den Wert von Diamanten wohl nicht einmal kennen.
Tibor erreichte die Insel und stieg an einer flach abfallenden Stelle über die dunklen, nassen Steine, die mit Moos und Flechten bedeckt waren. Er wusste genau, wohin er sich wenden musste und kniete an dem wuchtigen Felsblock, der den größten Teil der Insel einnahm, nieder.
Ein Blick zur Seite zeigte ihm, dass die beiden O’gogos nach wie vor am gegenüberliegenden Ufer standen und zu ihm herübersahen.
Am Fuß des Felsbrockens lagen mehrere kleinere Steine scheinbar willkürlich verstreut. Tibor schob sie zur Seite und legte die Öffnung frei, die dahinter verborgen lag. Es war nicht mehr als eine kleine Nische, in der ein prall gefülltes Säckchen verborgen lag.
Tibor holte es hervor und wog es in seiner Hand. Die Diamanten, die darin verstaut waren, hatte er im Laufe der Jahre angehäuft. Sie waren ein Vermögen wert und hätten ihm ein Leben in Wohlstand bescheren können. Doch dafür interessierte er sich schon lange nicht mehr.
Er verschloss die Nische wieder mit den Steinen. Nachdenklich sah er auf das Säckchen. Sollten die O’gogos sie haben …
… zumindest vorübergehend, ergänzte er seinen Gedanken. Er dachte keine Sekunde daran, den Eingeborenen den Schatz zu überlassen, ohne herauszufinden, wofür sie ihn benötigten!
Er sprang zurück in den Fluss und schwamm durch die Strömung auf das andere Ufer zu. Noch bevor er aus dem Wasser gestiegen war, hob er das Säckchen in die Höhe und warf es seinen Bewachern zu.
»Fangt den Beutel auf!«, rief er. Einer der Krieger fing ihn mitten im Flug. Die beiden Männer knieten nieder und wurden vom hohen Gras verdeckt.
Tibor stemmte seine Arme auf eine