Mami Box 1 – Familienroman. Claudia Torwegge
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Am Abend kam ihre Schwester Jenny, um sich von ihrem Urlaub erzählen zu lassen. Da sie bereits etwas Abstand hatten, berichteten Vera und Edgar eher amüsiert von ihrem Abenteuer. Sie vermochten jetzt schon über manches zu lachen, was sie geärgert hatte.
»Trotzdem«, seufzte Jenny, »ihr kommt wenigstens mal raus und seht ein Stück von der Welt. Ihr könnt doch planen, wie ihr wollt. Wenn ich denke, wie angebunden ich dagegen bin: der Haushalt, die Kinder und das Geschäft, mit dem Dieter verheiratet ist.«
»Mach nicht so eine verdrossene Miene, Jenny, das steht dir nicht«, sagte Edgar mit einem leichten Lächeln zu seiner Schwägerin.
»Ja, du hast gut reden.« Düster sah Jenny ihn an. »Wenn du aus der Bank kommst, ist Feierabend für dich. Bei Dieter gibt’s so was nicht. Er hat sich auch heute wieder einen Stapel Kataloge von Auktionshäusern mitgebracht, da brütet er nun bis Mitternacht drüber.«
»Dafür paßt er auf die Kinder auf, und wir haben einen gemütlichen Abend für uns«, versuchte Vera zu besänftigen und stand auf, um eine Flasche Sekt aus dem Kühlschrank zu holen. Daß sie nur immer so unzufrieden war, ihre Schwester! Jenny war vierzig, acht Jahre älter als sie, und sie war eine schöne, aparte Frau. Das würde sie nicht mehr lange sein, wenn sie sich weiter in eine gewisse Verbitterung hineinsteigerte. Warum denn nur? Sie hatte zwei gesunde Kinder, war das nicht schon Glück genug? Statt dessen ging sie oftmals nervös und zänkisch mit ihnen um. Da war es kein Wunder, daß die beiden hin und wieder trotzig aufmuckten.
Sicher, Dieter kümmerte sich zu wenig um seine Familie, das stimmte schon. Er lebte für seine Kunsthandlung, war ein passionierter Sammler und Förderer junger Talente. Der Kunstsalon Sasse war seit Generationen in der Familie und hatte weithin in Fachkreisen einen guten Ruf.
Auch Vera entfloh nun ein Seufzer. Es war eben nichts vollkommen auf der Welt.
»Wir haben Claus und Katrin etwas mitgebracht«, sagte sie, als Edgar den Sekt eingeschenkt hatte. »Es gibt da ganz originelle Sachen. Hoffentlich können sie mit dem Spiel etwas anfangen. Ich gebe es dir nachher für sie mit.«
»Könntest du es ihnen nicht selber geben, Vera? Ich wollte sie euch nämlich morgen herschicken, wenn es euch nichts ausmacht. Sie würden nach der Schule kommen und bis abends bleiben. Dieter braucht mich im Geschäft. Er plant doch wieder eine Ausstellung.«
»Natürlich können sie kommen. Wir freuen uns doch immer, wenn wir die beiden um uns haben, nicht wahr, Edgar?«
»Und ich bin froh, wenn ihr sie mir mal abnehmt.«
»Das sagst du in einem Ton, als liebtest du deine Kinder nicht«, hielt Vera ihrer Schwester mit leichtem Vorwurf entgegen.
»Natürlich liebe ich sie«, erwiderte Jenny ungeduldig. »Aber manchmal wächst mir eben alles über den Kopf.«
Als sie fort war, sagte Vera zu ihrem Mann: »Kannst du das verstehen, daß Jenny so unfroh ist? Sie war doch früher nicht so.«
Edgar zuckte die Achseln. »Bei Männern redet man von einer »Midlifecrisis«. Vielleicht gibt es das bei Frauen auch, so eine Krise in der Mitte des Lebens, und deine Schwester hat sie erwischt.« Er lächelte ein wenig. »Wir werden damit nichts zu tun haben, denke ich, wenn wir mal in die Jahre kommen. Oder, was meinst du?«
»Das will ich doch nicht hoffen.« Auch Vera lächelte nun, aber es war eher ein ernstes Lächeln. Sie trat auf ihn zu und legte ihm den Arm um den Nacken. »Dafür sind wir zu eng miteinander verbunden, Edgar.«
Er nickte nachdrücklich und umfaßte sie ganz, legte seinen Kopf gegen ihr leichtgelocktes, volles Haar, das die Farbe reifer Kastanien hatte. Sie war schon eine wunderbare Frau, seine Vera. Sie trugen es zusammen, daß sie keine Kinder hatten. Nach achtjähriger Ehe hatten sie die Hoffnung darauf aufgegeben. Aber sie klagte und jammerte nicht, und wenn sie manchmal traurig darüber gewesen war, hatte sie sich ihm nur inniger zugewandt. »Wir haben uns, das ist sehr viel«, pflegte sie zu sagen.
Da waren ja auch noch die Kinder ihrer Schwester, die nur zu gern zu ihrer Tante Vera kamen. Dann war doch einmal Kinderlachen im sonst so stillen Haus, und Vera hatte etwas zum Verwöhnen.
Sie bereitete auch am nächsten Tag deren Lieblingsspeise, Dampfnudeln mit Vanillesoße. »Wer soll denn die alle essen?« lachte Edgar, als sie sie auf den Tisch brachte.
»Die verdrücken wir schon«, behauptete der neunjährige Claus und rutschte erwartungsvoll auf seinem Stuhl hin und her.
»Ja, du«, seine zwei Jahre ältere Schwester knuffte ihn leicht in die Seite, »du wirst sowieso zu dick. Sagt Mama immer.«
»Sagt sie nur, wenn sie schlechte Laune hat. Hat sie leider öfter.« Claus wandte sein rundes Gesicht der Tante zu. »Wieso bist du eigentlich immer gutgelaunt, Tante Vera?«
»Tante Vera hat ja auch nicht soviel um die Ohren wie unsere Mama«, hielt ihm Katrin altklug entgegen. »Sie hat kein Geschäft am Hals und keine Kinder, die sie nerven. Ich schaffe mir bestimmt auch mal keine an. Ich mach’s wie du, Tante Vera. Du hast es doch ganz toll. Immer Zeit.«
»Ja, ja«, sagte Vera. »Jetzt debattiert mal nicht länger, sondern greift zu.« Das ließ sich Claus nicht zweimal sagen, es gab ein fröhliches Schmausen, und die Dampfnudeln wurden bald weniger.
»Wieso mußt du fort, Onkel Edgar?« fragte Claus nach dem Essen ganz enttäuscht. »Ich denke, du hast noch Urlaub und mußt nicht in deine Bank.«
»Es ist nicht ›meine‹ Bank«, stellte Edgar richtig, »ich leite nur die Filiale. Und ich muß meinen Wagen in der Werkstatt nachsehen lassen, das ist auch wichtig.«
»Och, wo wir doch gerade da sind… Du könntest doch das neue Spiel mit uns spielen. Das verstehen wir sonst überhaupt nicht. Wie sollen wir denn damit klarkommen?«
»Tante Vera wird euch helfen. Ich bleibe ja auch nicht lange weg.«
»Ihr werdet doch auch Schularbeiten machen müssen«, meinte Vera. Die beiden Kinder wechselten einen Blick. »Das ist ja gerade das Fürchterliche!« stöhnte Claus.
»Och«, seine Schwester machte eine wegwerfende Handbewegung, »die können wir auch heute abend noch machen. Oder, bei uns fällt morgen die erste Stunde aus, dann mach ich sie morgen früh.«
»Und ich hab gar nicht viel auf«, fiel Claus eifrig ein. Schmeichelnd griff er nach der Hand seiner Tante. »Laß uns lieber spielen, ja?«
Weil das Wetter immer noch schön war, setzten sie sich damit auf die Terrasse, dort verteilten sie auf der Vorlage die drolligen Figürchen, die nach bestimmten Regeln in ein Ziel gebracht werden mußten. Das mußten sie erst studieren, und sie waren noch eifrig dabei, als Katrin plötzlich sagte: »Wer schleicht’n da vorne rum? Gehört die hier in die Straße? Die guckt immer her.«
Vera sah auf. Isabella! Da war sie tatsächlich schon wieder. Und jetzt näherte sie sich zögernd, als ihre Blicke sich trafen. »Guten Tag«, sagte sie, sichtlich eingeschüchtert von den Kindern, die sie wie einen Störenfried betrachteten. Sie wandte sich an Vera. »Sind das Ihre Kinder? Ich dachte, Sie hätten keine.«
»Wir sind hier nur zu Besuch«, erklärte Claus, »bei unserer Tante.«
Vera nahm die kleine Hand, die sich ihr scheu und irgendwie bittend