Der gute Ton und die feine Sitte. Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem
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Vor allem auf Reinlichkeit durch mindestens wöchentlich einmal vorzunehmendes gründliches Waschen des Kopfes. Es herrscht gerade dagegen selbst bei sonst ganz reinlichen Menschen ein seltsames Vorurteil, begründet durch die Furcht vor Erkältung. Dieselbe wird aber nicht eintreten, wenn man so verfährt, dass man den Kopf erst gründlich mit Seife in warmem Wasser wäscht, dann mit kaltem Wasser abspült, mit Tüchern trocknet, und dann vermittelst einer mit Tropfapparat versehenen Flasche die ganze Kopfhaut mit Kölnischem Wasser befeuchtet. Durch das Verdunsten des Alkohols wird nicht nur das Trocknen der Haare beschleunigt, sondern auch die Kopfhaut so erwärmt, dass eine Erkältung ausgeschlossen ist. Auch kann man sich jetzt bei jedem Friseur den Kopf waschen und durch eigens dazu hergestellte Apparate die Haare trocknen lassen. Das kostet zwar mehr als daheim, aber es hat durch die Schnelligkeit des Verfahrens ganz wesentliche Vorteile. Nur sei empfohlen, dabei nur solche Geschäfte aufzusuchen, deren Reinlichkeit ausser Frage steht. Es ist schon vielfach über die ästhetische Berechtigung des falschen Haares geschrieben worden. Da wir in diesem Abschnitte notwendig zu dieser Frage Stellung nehmen müssen, so können wir nicht umhin zu bekennen, dass wir bei einem kahlköpfigen Herrn eine Perücke zwar noch niemals vermisst haben, eine solche aber, wo sie aus Gesundheitsrücksichten, natürlich nicht bis zur Fuchsigkeit, getragen wurde, nicht als abstossend oder unästhetisch empfunden haben. Wenn jedoch eine Dame das Unglück hatte, ihre Haare zu verlieren, so ist sie es ihren Mitmenschen schuldig, dieses Defizit unter einer Perücke oder sonstigem Arrangement zu verbergen. Nichts wirkt unästhetischer, als der kahle Kopf eines weiblichen Wesens; was bei einem Herrn kaum auffällt, beraubt eine Dame aller und jeder Anmut. Absolut verwerflich jedoch ist die törichte Unsitte des Haarfärbens. Warum sich seiner grauen Haare schämen? Es wird keines Menschen Gesicht durch gefärbte Haare auch nur um ein Jahr jünger aussehen, im Gegenteil erhalten die Züge durch die immer stumpfe künstliche Farbe etwas hartes, selbst karikiertes, was natürlich der Spiegel, in dem man immer nur sieht, was man sehen will, nicht sagt, sonst aber jeder andere sieht. Gefärbtes Haar verleugnet sich niemals, es sieht tot, unnatürlich und vielfach sogar unappetitlich aus durch die Spuren, welche die künstliche Farbe oft auf der Haut zurücklässt. Die Natur lässt ihrer nicht spotten und sich nicht täuschen. Denn mit dem im Alter ergrauenden Haar verändern sich auch die Züge, die künstliche Färbung der Haare macht sie scharf, spitz und hart, was sie, umrahmt von weissem oder grauem Haar, in diesem Masse niemals sein werden. Durch irgendwelches Ereignis vorzeitig ergrautes Haar zu färben ist aber eben so zwecklos, um so mehr, als ein jugendliches Gesicht durch weisses Haar einen ganz eignen, pikanten Reiz erhält. Schliesslich sei noch bemerkt, dass übermässig geöltes und eingefettetes Haar unfein aussieht und einen schlechten Geschmack verrät. Das Haar darf nie zusammengeklebt aussehen, nie fett leuchten, sondern muss leicht und natürlich aufliegen, das für die Erhaltung der Haare notwendige Fett braucht nur sehr sparsam angewendet zu werden, und ist sorgsam mit einer reinen Bürste auf dem Haarboden zu verteilen.
43. Wie soll man die Zähne behandeln?
Ein schöner Mund mit guten Zähnen ist eine unschätzbare Mitgift für das äussere der Menschen, aber auch jeder andere, minder schöne Mund macht immer noch einen angenehmen Eindruck, wenn seine Zähne schön, zum mindesten aber gut gehalten sind. Sauberkeit ist auch hierbei die erste und letzte Regel, die nicht genug gepredigt werden kann. Oder hat ein jugendfrischer Mund, der beim Sprechen und Lachen gelbe, unreine Zähne zeigt, schon jemand zum Ansehen oder gar zum Küssen gereizt? Ein unsauberer Mund hat schon manchem Mädchen den Freier entfremdet, doch auch älteren Leuten steht er gar nicht schön. Man versäume nicht, die Zähne mindestens einmal täglich mit einer mittelharten Bürste und einem unschädlichen Zahnpulver gut zu reinigen, ausserdem soll man den Mund nach jeder Mahlzeit ausspülen, besser freilich noch mit der Zahnbürste putzen. Ferner lasse man seine Zähne von Zeit zu Zeit durch einen tüchtigen Zahnarzt nachsehen, der den ihnen anhaftenden Weinstein ablöst und etwaigen Erkrankungen der Zähne bei Zeiten durch Plombieren oder Ausreissen steuern kann. Die dafür gemachte Ausgabe deckt sich durch die Ersparnis an falschen Zähnen, die bei schlechter Pflege der eigenen nur zu rasch nötig werden. Falsche Zähne sind auch eines der vielen notwendigen Übel. Die Ärzte empfehlen sie zur besseren Zerkleinerung der Speisen, also aus Gesundheitsrücksichten. Doch auch vom ästhetischen Standpunkt aus ist man gezwungen, sie anzuerkennen, denn es kann nicht geleugnet werden, dass ein zahnloser, eingefallener Mund den Gesetzen der Schönheit nicht entspricht. Wer also seine eigenen Zähne nicht erhalten hat, mag sie immerhin durch falsche ersetzen, achte aber darauf, dass dieselben von einem guten Techniker gearbeitet sind, und vor allem tadellos passen, denn ein Mensch, der beim Essen und beim Sprechen fortwährend mit dem Gebiss klappert, oder ein ununterbrochenes Fangspiel damit unterhalten muss, um es nur überhaupt im Munde zu erhalten, gewährt keinen lieblichen Anblick.
44. Wie pflegt man die Hände?
Es gibt viele Menschen, die glauben, dass man nur durch Nichtstun eine schöne Hand bewahren kann. Wenn es nun auch nicht geleugnet werden darf, dass schwere Arbeit die Hände angreift, rot und plump macht, so ist doch anderseits auch nicht notwendig, dass eine arbeitsame Hausfrau, die selbst bei allem im Hause die Hand anlegt, Hände haben muss wie eine Küchenmagd. Die Verfasserin kennt sehr gute und arbeitsame Hausfrauen, die dennoch schöne und gepflegte Hände haben und dieses für viele unmögliche Wunder nur dadurch erreichen, dass sie nach getaner Arbeit ihren Händen die notwendige Pflege angedeihen lassen, statt mit ihrer Arbeitsamkeit in einer Weise zu kokettieren, die manchmal stark an Absicht grenzt. Eine schöne und wohlgepflegte Hand verschönt oft eine sonst nicht hübsche Persönlichkeit, sie ist gewissermassen die Charakteristik der ganzen Person und deutet an, ob ihr Besitzer, besonders aber ihre Besitzerin zu jenen verfeinerten Naturen gehören, die man am besten mit dem viel missbrauchten Worte „vornehm“ bezeichnet. Wer hat nicht schon von aristokratischen Händen gehört oder gelesen? Es ist damit nicht gesagt, dass nur Leute von aristokratischer Abstammung dieselben besitzen, man bezeichnet vielmehr damit die seine, schöne Form der Hände mit ihren langen spitzen Fingern, ihren ovalen rosigen Nägeln, ihren feinen Handgelenken. Ich erinnere hier an Tizians berühmtes Gemälde vom Zinsgroschen in der Dresdener Galerie. Dort ist die Hand des Heilands eine sogenannte aristokratische Hand, eine Hand, die den Charakter ihres Besitzers verrät. Wenn nun auch niemand die ihm von der Natur gegebene Form der Hände ändern kann, so ist es doch jedem möglich, durch geeignete Pflege seine Hände weiss, weich und angenehm fürs Auge zu erhalten. Wer sehr spröde Haut hat, darf zum Waschen nur die weichste und beste Seife verwenden, wer auch diese nicht verträgt und rissige, aufgesprungene Hände davon bekommt, bediene sich der Sandmandelkleie, die sehr reinigend wirkt, ohne die empfindlichste Haut anzugreifen. Man verwende zum Waschen ferner nur kaltes Wasser, d. h. solches, das nicht auf dem Gefrierpunkte steht, sondern eben nur frisch ist. Kaltes Wasser ist das beste Schönheitsmittel. Ist das Wasser zu hart, so muss man ihm einen Zusatz von einigen Tropfen Salmiakgeist oder Boraxpulver geben. Sehr wichtig für eine schöne Hand ist auch die Pflege der Nägel. Man beschneide sie mit einer scharfen Schere in einem runden gleichmässigen Bogen, so dass der Nagel ein schönes Oval bildet, schaufelförmige, zwei Zentimeter lange Nägel, wie manche sie lieben, gehören nicht zum guten Ton, auch dann nicht, wenn ihre Träger den höchsten Kreisen angehören sollten. Hingegen wieder sind zu kurz geschnittene Nägel, über die das Fleisch hinüberragt, hässlich und unfein. Man muss ferner darauf achten, nach dem Waschen der Hände das Fleisch an der Einfassung der Nägel mit dem Handtuch oder einem eigens dazu käuflichen Instrumente zurückzustossen, da das über den Nagel wachsende Fleisch diesem ein unschönes Ansehen gibt. Auch kann man die Nägel selbst von Zeit zu Zeit mit sehr fein pulverisiertem Bimsstein abreiben und dann mit einer ledernen Feile polieren, spröde Nägel müssen öfters mit Lanolin eingerieben werden. Dass die Nägel peinlich sauber zu halten sind, versteht sich von selbst, ein schwarzer Nagel wirkt abstossend. Mit der Hand ist der Handschuh eng verknüpft. Man trage sie niemals mit aufgetrennten Nähten, fehlenden Knöpfen, gedrehten Fingerspitzen. Der Handschuh soll glatt und tadellos die Hand umschliessen, bei Damen auch so lang sein, dass zwischen Ärmel und Handschuhschluss der blosse Arm niemals sichtbar ist. Bei blossen Armen muss der Handschuh mindestens den Ellbogen erreichen, doch spricht