Zwei Jahre Ferien. Jules Verne

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Zwei Jahre Ferien - Jules Verne Jules Verne bei Null Papier

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vom »Sloug­hi«, das sich ne­ben großer Trag­wei­te durch vor­züg­li­che Klar­heit aus­zeich­ne­te. Gleich­zei­tig trug er in ei­nem am Gür­tel be­fes­tig­ten Sa­cke Schiffs­zwie­back, ein Stück Pö­kel­fleisch, nebst ei­nem Fla­schen­kür­bis voll mit ein we­nig Bran­dy ver­setz­ten Was­sers mit sich, um ein Früh­stück und nö­ti­gen­falls ein Mit­ta­ges­sen ein­neh­men zu kön­nen, wenn ir­gend­ein Zu­fall sei­ne Rück­kehr zum »Sloug­hi« ver­zö­ger­te.

      Schnel­len Schrit­tes da­hin­wan­delnd, folg­te Bri­ant an­fäng­lich der Küs­ten­li­nie, wel­che an der in­ne­ren Riff­gren­ze ein lan­ger Strei­fen von der letz­ten Flut her noch feuch­ten Va­recs be­zeich­ne­te. Nach Ver­lauf ei­ner Stun­de ge­lang­te er zu dem äu­ßers­ten, von Do­ni­phan und des­sen Beglei­tern er­reich­ten Punkt, wenn die­se sich zur Jagd auf Fel­sen­tau­ben be­ga­ben. Das Ge­flü­gel hat­te au­gen­blick­lich nichts von ihm zu fürch­ten. Er woll­te sich nicht auf­hal­ten, um so schnell als mög­lich bei dem Kap an­zu­lan­gen. Das Wet­ter war klar und der Him­mel ganz frei von Dunst­mas­sen — das muss­te er be­nut­zen. Häuf­ten sich am Nach­mit­tag nach Os­ten zu wie­der Ne­bel­wol­ken, so war sein gan­zes Un­ter­neh­men ver­fehlt.

      Wäh­rend der ers­ten Stun­den hat­te Bri­ant ziem­lich schnell wei­ter schrei­ten und die Hälf­te sei­nes We­ges zu­rück­le­gen kön­nen. Stell­te sich ihm kein Hin­der­nis ent­ge­gen, so konn­te er vor acht Uhr am Vor­ge­bir­ge ein­tref­fen. Je mehr sich das stei­le Ufer aber der Klip­pen­bank nä­her­te, de­sto be­schwer­li­cher wur­de für ihn der Bo­den des Vor­lan­des. Der Sand­strei­fen wur­de umso schma­ler, je mehr die Bran­dung über ihn her­ein­brach. An­stel­le des elas­tisch fes­ten Erd­bo­dens zwi­schen dem Ge­hölz und dem Meer muss­te Bri­ant jetzt über nas­se Fels­blö­cke und schlüpf­ri­ge See-Ei­chen vor­drin­gen, oder ge­le­gent­lich Was­ser­la­chen um­wan­dern, so wie über lo­ses Ge­stein hin­ba­lan­cie­ren, auf dem der Fuß nir­gends fes­ten Stütz­punkt fand. Das mach­te sein Fort­kom­men sehr schwie­rig und — was noch schlim­mer war — ver­ur­sach­te ihm eine Ver­spä­tung von zwei vol­len Stun­den.

      »Ich muss das Kap vor Wie­de­r­ein­tritt des Hoch­was­sers er­rei­chen!« sag­te sich Bri­ant. »Die­ser Teil des Lan­des ist bei der letz­ten Flut über­schwemmt ge­we­sen, und das wird bei der nächs­ten bis zum Fuße des ho­hen Ufers wie­der der Fall sein. Bin ich ge­zwun­gen, ent­we­der zu­rück­zu­wei­chen oder mich auf ein Fels­stück zu flüch­ten, so kom­m’ ich zu spät an. Ich muss also um je­den Preis hin­durch, ehe die Flut das Vor­land be­deckt!«

      Ohne auf die An­stren­gung zu ach­ten, die ihm fast die Glie­der lähm­te, such­te der mu­ti­ge Kna­be den kür­zes­ten Weg ein­zu­schla­gen. Zu­wei­len muss­te er Stie­fel und St­rümp­fe aus­zie­hen, um bis zum hal­b­en Bein ver­sin­kend durch Was­ser­an­samm­lun­gen zu wa­ten. Be­fand er sich dann wie­der auf den Klip­pen, so setz­te er sich man­chem ge­fähr­li­chen Sturz aus, den er nur durch sei­ne Ge­wandt­heit glück­lich ver­mied.

      Wie er sich hier über­zeug­te, tum­mel­te sich ge­ra­de an die­ser Stel­le der Bai das See­ge­flü­gel in größ­ter Men­ge; ja, man konn­te sa­gen, dass es hier von Tau­ben, Aus­tern­fres­sern und En­ten wim­mel­te. Fer­ner spiel­ten hier zwei oder drei Paar Pelz­rob­ben am Ran­de der Klip­pen, wel­che nicht die ge­rings­te Furcht zeig­ten und gar nicht ins Was­ser zu ent­flie­hen such­ten. Daraus war der Schluss zu zie­hen, dass die­se Am­phi­bi­en dem Men­schen nicht miss­trau­ten, weil sie von ihm nichts zu fürch­ten zu ha­ben glaub­ten, und dass min­des­tens seit lan­gen Jah­ren kei­ne Fi­scher hier­her ge­kom­men wa­ren, um auf sie Jagd zu ma­chen.

      Pelzrobben Pelzrobben

      Bei nä­he­rer Über­le­gung er­kann­te Bri­ant aus die­ser An­we­sen­heit von Rob­ben, dass die­se Küs­te in noch hö­he­rer Brei­te lie­gen muss­te, als er vor­her an­ge­nom­men, und je­den­falls süd­li­cher als Neu­see­land. Der Scho­ner muss­te also bei der Fahrt über den Stil­len Ozean nicht un­be­trächt­lich nach Süd­os­ten ab­ge­wi­chen sein.

      Die­se Wahr­neh­mung wur­de noch wei­ter be­stä­tigt, als Bri­ant, nach­dem er den Fuß des Vor­ge­bir­ges er­reicht, gan­ze Scha­ren von Platt­fi­schen, wel­che die ant­ark­ti­schen Ge­gen­den be­woh­nen, sich um­her­tum­meln sah. Die­se glit­ten zu Hun­der­ten durch­ein­an­der un­ter un­ge­schick­ter Be­we­gung ih­rer großen Flos­sen, wel­che ih­nen na­tür­lich mehr zum Schwim­men als zum Flie­gen die­nen. Üb­ri­gens ist mit de­ren ran­zi­gem und öli­gem Flei­sche nichts an­zu­fan­gen.

      Es war jetzt zehn Uhr mor­gens, ein Be­weis, wie viel Zeit Bri­ant zur Zu­rück­le­gung der letz­ten Mei­len ge­braucht hat­te.

      Er­schöpft und aus­ge­hun­gert, hielt er es für das Klügs­te, sich erst et­was zu stär­ken, ehe er die Be­stei­gung des Vor­ge­bir­ges un­ter­nahm, des­sen Kamm sich bis drei­hun­dert Fuß über die Mee­res­flä­che er­hob.

      Bri­ant setz­te sich also, ge­schützt ge­gen die an­stei­gen­de Flut, wel­che schon über den Klip­pen­gür­tel hin­weg­schäum­te, auf einen Fel­sen nie­der. Si­cher­lich hät­te er nach ei­ner Stun­de zwi­schen der Bran­dung und am Fuß des stei­len Ufers nicht mehr hin­durch­kom­men kön­nen, ohne von der Flut­wel­le um­spült zu wer­den. Das be­un­ru­hig­te ihn nun nicht wei­ter, und am Nach­mit­tag, wenn das Was­ser sich bei der Ebbe wie­der ins Meer zu­rück­ge­zo­gen hat­te, hoff­te er auch an die­ser Stel­le einen gang­ba­ren Weg zu fin­den.

      Ein tüch­ti­ges Stück Fleisch und ei­ni­ge herz­haf­te Schlu­cke aus der Kür­bis­fla­sche, mehr be­durf­te es nicht, um Hun­ger und Durst zu stil­len, wäh­rend der Auf­ent­halt sei­ne Glie­der neu stärk­te. Gleich­zei­tig gab er sich aber auch den ihn be­stür­men­den Ge­dan­ken hin. Al­lein und fer­ne von sei­nen Ka­me­ra­den such­te er sich sei­ne Lage völ­lig klarzu­ma­chen, fest ent­schlos­sen, sich dem Wohl­sein und der Ret­tung al­ler bis zum Ende mit al­len Kräf­ten zu wid­men. Wenn das Auf­tre­ten Do­ni­phans und ei­ni­ger an­de­rer ihm man­che Sor­ge ein­flö­ßte, so war das nur des­halb, weil er eine Tren­nung für höchst ver­derb­lich hielt. Er nahm sich je­doch be­stimmt vor, sich je­der Hand­lung, die ihm sei­ne Ka­me­ra­den zu ge­fähr­den schi­en, un­be­dingt zu wi­der­set­zen. Dann dach­te er an sei­nen Bru­der Jac­ques, des­sen Be­neh­men ihm rech­te Sor­ge mach­te. Es schi­en ihm, als ob das Kind ir­gend­ei­nen, wahr­schein­lich vor der Ab­fahrt be­gan­ge­nen Feh­ler ver­heim­li­che, und er ge­lob­te sich, so­lan­ge in Jac­ques zu drin­gen, bis die­ser sich her­beiließ, ihm zu ant­wor­ten.

      Bri­ant dehn­te sei­nen Auf­ent­halt bis auf eine Stun­de aus, um wie­der ganz zu Kräf­ten zu kom­men, dann schnür­te er den Sack wie­der zu, warf ihn auf den Rücken und be­gann die ers­ten Felss­pros­sen em­por­zu­klim­men.

      Ganz am Ende der Bai ge­le­gen, zeig­te das in eine ganz schar­fe Spit­ze aus­lau­fen­de Vor­ge­bir­ge eine sehr merk­wür­di­ge geo­lo­gi­sche Bil­dung. Man hät­te es als eine durch Feu­er er­zeug­te Kris­tal­li­sa­ti­on an­se­hen kön­nen, wel­che un­ter dem Ein­fluss plu­to­ni­scher Kräf­te ent­stan­den war.

      Die­ser

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