Der Dreißigjährige Krieg (Teil 1-3). Ricarda Huch

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Der Dreißigjährige Krieg (Teil 1-3) - Ricarda Huch

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werden schon zu Kreuze kriechen, wenn der Ferdinand die Zügel führt«, sagte dieser lachend.

      Wenn sie nur erreichen könnte, meinte Maria, daß er ein paar Jahre früher mündig erklärt werde; die habsburgische Vormundschaft sei doch nur eine Mißwirtschaft. Es komme darauf an, daß er sich seinem Oheim, dem Kaiser Rudolf, persönlich vorstellen könne; der Rat Rumpf, der alles beim Alten vermöge, sei ein guter Freund von ihr und habe sich bereit erklärt, einen solchen Besuch zu vermitteln. Inzwischen müsse Ferdinand sich in körperlichen Übungen vervollkommnen, damit er eine anständige Haltung bekomme, nicht wie ein Hampelmann einhergehe, müsse sich ein ernstes, aufrichtiges, bescheidenes Betragen angewöhnen, um auf Rudolf einen günstigen Eindruck zu machen, denn davon hänge nun einmal alles ab.

      »Ich bin gut genug für den alten Unflat!« sagte Ferdinand, indem er die lange Unterlippe hängen ließ, unterbrach sich aber sogleich, von der Mutter derb am Arme geschüttelt. Er hätte eine Maulschelle verdient, rief sie zornig; wie er so frech von der kaiserlichen Majestät reden dürfe! Wenn das seine jüngeren Geschwister gehört hätten!

      Sie hätten es oft genug von ihr gehört, brummte Ferdinand, wie er es auch nicht aus sich selber habe. Sie habe gesagt, daß er sich Huren halte und mit gemeinen Leuten und Ketzern saufe und schändliche Künste treibe.

      »Dir ziemt nicht, alles zu sagen, was mir ziemt,« sagte sie unwirsch, »denn du kannst nicht unterscheiden, wo und wann du den Mund auftun sollst.« Sie sei Rudolfs Freundin nie gewesen, aber er sei nun einmal der Kaiser und habe ihr Schicksal in seinen Händen, darum müsse Ferdinand sich Mühe geben, ihm zu gefallen.

      Schließlich eröffnete Maria ihrem Sohne einen Ausblick in die Zukunft: Bis jetzt hätten weder der Kaiser noch seine lebenden Brüder einen Erben; er sowie Matthias, Ernst und Albrecht wären unvermählt, Maximilian dürfe als Deutschordensmeister nicht heiraten, der Sohn Ferdinands von Tirol sei als Kind der Welserin unebenbürtig, nur der jüngste Bruder, Karl, sein verstorbener Vater, habe Söhne in der Ehe erzeugt. Ersichtlich stehe das Haus unter der Malediktion Gottes, die es sich durch Lauheit im Glauben zugezogen habe, und so wäre es nicht unmöglich, daß noch einmal alle habsburgischen Länder auf ihn kämen. Wenn Gott es so füge, sei dabei jedenfalls seine Absicht, einen frommen Glaubenshelden an die Herrschaft zu bringen, der die katholische Kirche wiederherstellen werde, und obschon er natürlicherweise seinen Oheimen nichts Übles wünschen dürfe, vielmehr fortfahren solle, für ihre Gesundheit und Fortpflanzung zu beten, so müsse er sich doch im stillen auf sein großes Amt vorbereiten, falls Gott im Schilde führe, ihn dahin zu erhöhen.

      Ferdinand war ein wenig rot geworden; aber er sagte leichthin, warum sollte denn der Kaiser nicht noch heiraten und Nachkommenschaft erzielen, da er doch Hurenkinder habe. Auch Matthias, Ernst und Albrecht wären noch in den Jahren, sich zu vermählen; mit so weitaussehenden Sachen wolle er sich nicht ernstlich abgeben.

      Dank den Anweisungen, die sein Beschützer, Minister Rumpf, dem Knaben gab, wie auch durch seine natürliche Unbefangenheit und Schlauheit fiel Ferdinands Besuch am Kaiserhofe gut aus; überhaupt hatte der Kaiser an jungen Leuten, die sich ihm mit bescheidener Bewunderung und Ehrerbietung näherten, Wohlgefallen und liebte es, Späße mit ihnen zu machen, bei denen er eine anmutig überlegene Freundlichkeit entfalten konnte. Ferdinand kehrte nicht wenig gehoben nach Graz zurück und mußte sich manche Neckerei von Seiten der Geschwister gefallen lassen, die das pomphafte Wesen an dem Dämel, wie sie Ferdinand nannten, der beim Spiel der Albernste war, nicht leiden konnten.

      Es schien in der Tat, als wolle Gott das Haus der Erzherzogin Maria erhöhen; denn nach vielen Weiterungen, die die Launenhaftigkeit des greisen Königs von Spanien, Philipps II., verursachte, kam endlich die Verlobung zwischen seinem Sohne Philipp, dem Thronfolger, und ihrer Tochter, der kleinen blonden Margareta, zustande. Maria, die das Reisen außerordentlich liebte, geleitete sie selbst nach Madrid und hatte große Mühe, das kindische Wesen der Tochter vor den so anders gearteten Spaniern zu verbergen. Als die erste spanische Gesandtschaft die Reisenden unterwegs antraf und der Prinzessin ein auf Elfenbein gemaltes Miniaturbild ihres Bräutigams überreichte, hielt sie den Ausbruch ihrer Lustigkeit unter dem strengen Blick der Mutter notdürftig zurück; sowie sie aber allein waren, warf sie sich auf einen Stuhl und rief unmäßig lachend: »So also sieht der Lipperli aus! Und dies soll mein Mann sein! Er gleicht einer Quarkrübe! Ich werde ihm ein Lätzlein mitbringen, denn er kann gewiß noch nicht sauber essen.«

      Daß sie selbst noch in die Kinderstube gehöre, sagte Maria strafend, beweise ihr Benehmen. Dann betrachtete sie das Bildchen, stellte einige Familienähnlichkeit fest und meinte, es sei überhaupt fraglich, ob der Prinz selbst dazu gesessen habe; denn der alte König habe seine Kinder nicht mehr konterfeien lassen, seit ihm mehrere bald nach dem Abmalen gestorben seien.

      Ob denn etwa die Maler in Spanien als Zauberer verbrannt würden? fragte die Kleine neugierig. Es gehe eben seltsam zu in Spanien, sagte Maria, der alte König habe zuletzt voll Bosheit und Narrheit gesteckt, es komme ihr wohl, daß er noch gerade gestorben sei. Die spanischen Verwandten seien alle ein wenig verstockt und verdreht, man heiße das die spanische Krankheit, und sie könne es sich gut vorstellen, wenn sie die widerwärtigen Spanier sähe, in deren Gesellschaft es einem eng ums Herz werde. Zwischen dieser gelben, langnasigen, ranzigen Nation und den Juden sei kaum ein Unterschied.

      Vielleicht bekomme sie diese Krankheit auch, wenn sie erst in Spanien sei, sagte Margareta, so wolle sie sich bis dahin noch recht lustig machen. Damit war auch Maria einverstanden. Die vielen Geschenke, die den hohen Reisenden unterwegs von Fürsten und Städten überreicht wurden, die Kostbarkeiten und Heiligtümer, die die Erzherzogin einkaufte, wurden abends beim Glückstopf verspielt in der Art, daß für die daheim zurückgelassenen Kinder mit gesetzt wurde. In Mailand gefiel der Kleinen nächst den vielen Kirchen und Klöstern ein Flohtheater am besten, und sie lag der Mutter mit dringenden Bitten an, es ihr zu kaufen. Indessen schlug es ihr Maria ab, weil die leidigen Spanier, wenn sie dahinterkämen, es ihr übel auslegen könnten, obwohl sie selbst gewiß mehr Flöhe, Läuse und Wanzen hätten als ein Bauernkind auf dem Miste.

      Großen Trost fand Maria in der Begleitung des Hans Ulrich von Eggenberg, der, aus einer lutherischen, durch Geldgeschäfte reich gewordenen Familie stammend, sich, seit er erwachsen war, zur katholischen Kirche gehalten hatte, kürzlich vom Kaiser in den Freiherrnstand erhoben und bei der Erzherzogin und ihrer ganzen Familie sehr beliebt war. Seine offenen blauen Augen und sein gemütliches Wesen versinnbildlichten ihr unter den Fremden die deutsche Heimat. Wenn sie eine Weile mit ihm geschwatzt habe, sagte sie zu ihm, sei ihr zumut, als sei sie daheim im Walde spaziert und habe Eichen und Buchen rauschen hören, und hätte sie nicht von Zeit zu Zeit eine solche Erquickung, möchte sie es nicht so lange zwischen den stinkenden spanischen Zwiebelfeldern aushalten. Auch die kleine Margareta sagte, sie würde lieber nach Madrid reisen, wenn Eggenberg noch kein Weib hätte und König von Spanien wäre; worauf Eggenberg erwiderte, er würde ihr dann gewiß auch so viele Flöhe fangen, daß die Hofdamen sich ihren Bedarf aus Aranjuez müßten kommen lassen.

      Gleichzeitig fand eine andere habsburgische Vermählung statt, durch welche Ferdinands Aussichten einen unerwarteten Niederschlag erlitten; sein Oheim Albrecht nämlich heiratete die Prinzessin Isabella von Spanien, die einzige, wegen ihres Verstandes und ihrer Tüchtigkeit berühmte Tochter Philipps II., die seit so vielen Jahren mit ihrem Vetter Rudolf, dem Kaiser, verlobt gewesen war, daß man sich gewöhnt hatte, dies als einen dauernden Zustand zu betrachten. Die Geschwister kicherten und warfen listige Blicke auf Ferdinand, Leopold streckte ihm hinter dem Rücken der Mutter die Zunge aus. Da er seine Wut an dem jüngeren Bruder nicht selbst auslassen konnte, der eine breite Brust und starke Muskeln bekommen hatte, machte Ferdinand die Mutter aufmerksam, die dann auch mit der Strafe nicht zögerte. Einen solchen Rüpel könne sie den Passauern nicht als Bischof anbieten, fuhr sie Leopold an; sie müsse so von ihrer eigenen Familie genug darüber hören, daß sie alle geistlichen Würden für ihren unmündigen Buben wolle. »Ich speie Euch auf den Passauer Bischofshut!« sagte Leopold trotzig, worauf er mit einem Gebetbuche eingesperrt wurde,

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