Die berühmtesten Dramen von Henrik Ibsen. Henrik Ibsen
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Читать онлайн книгу Die berühmtesten Dramen von Henrik Ibsen - Henrik Ibsen страница 14
Billing. So ist es, – Gott verdamm' mich! Man meint nicht eher damit fertig zu sein, als bis man den ganzen Krempel eingerissen hat.
Aslaksen aus der Druckerei. Eingerissen? Sie denken doch wohl nicht daran, das Badehaus einzureißen.
Hovstadt. Keine Spur; haben Sie bloß keine Angst.
Stockmann. Nein, es handelt sich um ganz andere Dinge. Na, was sagen Sie denn zu meiner Abhandlung, Herr Hovstad?
Hovstadt. Meines Erachtens ein wahres Meisterstück –
Stockmann. Ja, nicht wahr –? Na, das freut mich; das freut mich.
Hovstadt. So klar und so einleuchtend; man braucht durchaus nicht Fachmann zu sein, um den Sachverhalt zu verstehen. Ich wage zu behaupten, Sie werden alle aufgeklärten Elemente, Mann für Mann, auf Ihrer Seite haben.
Aslaksen. Und die besonnenen doch wohl auch?
Billing. Die besonnenen wie die unbesonnenen, – ja, fast die ganze Stadt, meine ich.
Aslaksen. Na, dann können wir die Abhandlung wohl drucken.
Stockmann. Ja, das sollte ich meinen!
Hovstadt. Sie soll morgen früh hinein.
Stockmann. Donnerwetter ja, – auch nicht ein Tag darf verloren werden. Hören Sie, Herr Aslaksen, darum möchte ich Sie gebeten haben: nehmen Sie sich persönlich des Manuskripts an.
Aslaksen. Das werde ich tun.
Stockmann. Behüten Sie's, als ob es Gold wäre. Keinen Druckfehler; jedes Wort ist wichtig. Ich komme später wieder mit heran; vielleicht könnte ich dann rasch Korrektur lesen. – Ich kann gar nicht sagen, wie ich darauf brenne, die Sache gedruckt zu sehen, – in die Welt geschleudert –
Billing. Geschleudert, – ja, wie einen Blitz!
Stockmann. – dem Urteil aller verständigen Mitbürger unterbreitet. Ach, Sie können sich nun und nimmer vorstellen, welchen Dingen ich heut ausgesetzt war. Man hat mir mit allem Möglichen gedroht; man hat mir meine sonnenklarsten Menschenrechte nehmen wollen –
Billing. Was! Ihre Menschenrechte!
Stockmann. – man hat mich erniedrigen, mich zu einem Schurken machen wollen, hat verlangt, ich sollte persönliche Vorteile über meine innerste, heiligste Überzeugung stellen –
Billing. Das ist doch, Gott verdamm' mich, zu stark!
Hovstadt. O ja, von der Seite kann man alles gewärtigen.
Stockmann. Aber bei mir werden sie den Kürzeren ziehen; das sollen sie schwarz auf weiß haben. Jetzt werde ich Tag für Tag mich im »Volksboten« sozusagen vor Anker legen und sie mit einem explodierenden Aufsatz nach dem andern bestreichen –
Aslaksen. Ja, aber hören Sie –
Billing. Hurra! Es gibt Krieg, es gibt Krieg!
Stockmann. – ich werde sie zu Boden schlagen, werde sie zerschmettern, ihre Festungswerke vor den Augen aller rechtschaffenen Leute wegrasieren! Das werde ich tun!
Aslaksen. Aber machen Sie es nur moderat, Herr Doktor; schießen Sie mit Maß –
Billing, Ach was! Ach was! Nur nicht das Dynamit sparen!
Stockmann fährt unbeirrt fort. Denn jetzt handelt es sich, sehen Sie, nicht mehr um das Wasserwerk und die Kloake allein. Nein, das ganze Gemeinwesen soll gereinigt, desinfiziert werden –
Billing. Das ist das erlösende Wort!
Stockmann. Alle Flickwerksgreise müssen weggefegt werden, verstehen Sie. Und zwar auf allen möglichen Gebieten! Heut haben sich mir unendliche Perspektiven eröffnet. So ganz klar bin ich mir darüber noch nicht, – aber das wird sich schon machen. Wir müssen hin und uns junge, frische Bannerträger suchen, meine Freunde; auf allen Vorposten müssen wir neue Kommandanten haben.
Billing. Hört! Hört!
Stockmann. Und wenn wir nur zusammenhalten, so wird alles glatt gehen, ganz glatt! Die ganze Umwälzung wird sich vollziehen wie ein Stapellauf. Ja, glauben Sie es nicht?
Hovstadt. Ich für mein Teil glaube, daß wir jetzt alle Aussicht haben, die Kommunalverwaltung in die Hände zu bringen, wo sie von rechtswegen hingehört.
Aslaksen. Und wenn wir nur mit Maß zu Werke gehen, so kann ich mir wahrhaftig nicht denken, daß es gefährlich sein könnte.
Stockmann. Wer zum Teufel schert sich drum, ob es gefährlich ist oder nicht! Was ich tue, tue ich im Namen der Wahrheit und um meines Gewissens willen.
Hovstadt. Sie sind ein Mann, der Unterstützung verdient, Herr Doktor.
Aslaksen. Ja, das steht fest, der Herr Doktor ist der wahre Freund der Stadt; er ist der Gesellschaft ein echter Freund, jawohl!
Billing. Doktor Stockmann ist – Gott verdamm' mich, Aslaksen, – ein Volksfreund!
Aslaksen. Ich denke, der Verein der Hausbesitzer wird von diesem Ausdruck bald Gebrauch machen.
Stockmann bewegt, drückt ihnen die Hände. Danke schön, danke schön, meine lieben, treuen Freunde; – wie erquicklich mir das in meinen Ohren klingt! Mein Herr Bruder nannte mich ganz anders. Na, das soll ihm bei Gott mit Zinsen heimgezahlt werden. Nun muß ich aber weg und nach einem armen Teufel schauen –. Ich komme wieder, wie gesagt. Nehmen Sie nur das Manuskript gut in acht, Herr Aslaksen; – und streichen Sie mir um alles in der Welt keins von den Ausrufungszeichen! Setzen Sie lieber noch ein paar Stück hinzu! Schön, schön; adieu so lange, adieu, adieu!
Gegenseitige Verabschiedung auf dem Wege zur Tür; ab.
Hovstadt. Er kann uns ein unbezahlbarer, nützlicher Mann werden.
Aslaksen. Ja, solange er sich nur an die Geschichte mit der Badeanstalt halten wollte. Wenn er aber weiter geht, so ist es nicht ratsam, mit ihm gemeinsame Sache zu machen.
Hovstadt. Hm, das kommt doch drauf an –
Billing. Sie sind aber auch verflucht ängstlich, Aslaksen.
Aslaksen. Ängstlich? Ja, wenn es sich um die lokalen Machthaber handelt, dann bin ich ängstlich, Herr Billing. Ich will Ihnen was sagen, – das habe ich in der Schule der Erfahrung gelernt. Aber stellen Sie mich mal vor die hohe Politik, ja selbst vor die Opposition gegen die Regierung, und dann sehen Sie zu, ob ich ängstlich bin.
Billing. Nein, dann gewiß nicht. Aber das ist ja gerade der Widerspruch in Ihnen.
Aslaksen. Ich bin ein Mann von Gewissen – das ist die Geschichte. Fährt man gegen die Regierung los, so tut man wenigstens der Gesellschaft keinen Schaden; denn die Leute kümmern sich darum nicht, sehen Sie, – die stehen doch fest. Aber die lokalen Behörden, die können gestürzt