Gesammelte Werke von Charles Darwin (Mit Illustrationen). Чарльз Дарвин
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In den Vereinigten Staaten wurden über eine Million Soldaten, welche während des letzten Krieges dienten, gemessen und die Staaten, in denen sie geboren und erzogen waren, notiert.75 Aus dieser staunenswerthen Zahl von Beobachtungen ergiebt sich als bewiesen, daß locale Einflüsse irgendwelcher Art direct auf die Größe wirken; und wir lernen ferner, »daß der Staat, in dem das körperliche Wachsthum zum großen Theil stattgehabt hat, und der Staat der Geburt, welcher die Abstammung ergiebt, einen ausgesprochenen Einfluß auf die Größe auszuüben scheinen«. So ist z. B. als feststehend ermittelt worden, daß »ein Aufenthalt in den westlichen Staaten während der Jahre des Wachsthums eine Zunahme der Größe hervorzubringen neigt«. Andrerseits ist es sicher, daß bei Matrosen die Lebensweise das Wachsthum hemmt, wie sich »aus der bedeutenden Verschiedenheit der Größe von Soldaten und Matrosen im Alter von 17 und 18 Jahren ergiebt«. Mr. B. A. Gould versuchte die Natur dieser Einflüsse festzustellen, welche hiernach auf die Größe einwirken; er gelangte indeß nur zu negativen Resultaten, nämlich daß sie weder im Klima noch in der Bodenerhebung des Landes, noch selbst »in irgendwelchem controlierbarem Grade« in der Reichlichkeit oder dem Mangel der Lebensannehmlichkeiten liegen. Diese letzte Schlußfolgerung steht im directen Gegensatz zu der, zu welcher Villermé nach der Statistik der Körpergröße der in verschiedenen Theilen Frankreichs Conscribierten gelangte. Wenn wir die Verschiedenheit in der Körpergröße zwischen den polynesischen Häuptlingen und den niedrigen Volksstämmen derselben Inselgruppen, oder zwischen den Einwohnern der fruchtbaren vulkanischen und der niedrigen unfruchtbaren Koralleninseln desselben Oceans,76 oder ferner zwischen den Feuerländern der östlichen und westlichen Küsten ihres Heimatlandes, wo die Subsistenzmittel sehr verschieden sind, mit einander vergleichen, so ist es kaum möglich, den Schluß zu umgehen, daß bessere Nahrung und größerer Comfort die Körpergröße beeinflussen. Die voranstehenden Angaben zeigen aber, wie schwierig es ist, zu irgend einem präcisen Resultate zu gelangen. Dr. Beddoe hat vor Kurzem nachgewiesen, daß bei den Einwohnern Großbritanniens der Aufenthalt in Städten und gewisse Beschäftigungen einen die Körpergröße beeinträchtigenden Einfluß haben; und er schließt ferner, daß das Resultat in einer gewissen Ausdehnung vererbt wird, wie es auch in den Vereinigten Staaten der Fall ist. Weiter glaubt auch Dr. Beddoe, daß, wo nur immer »eine Rasse das Maximum ihrer physischen Entwicklung erlangt, sie auch an Energie und moralischer Kraft sich am höchsten erhebt«.77
Ob äußere Bedingungen irgend eine andre directe Wirkung auf den Menschen äußern, ist nicht bekannt. Es hätte sich erwarten lassen, daß Verschiedenheiten des Klima einen ausgesprochenen Einfluß haben würden, da bei einer niederen Temperatur die Lungen und Nieren zu größerer Thätigkeit und bei einer höheren Temperatur die Leber und die Haut zu einer solchen herangezogen werden.78 Man meinte früher, daß die Hautfarbe und die Beschaffenheit des Haares durch Licht oder Wärme bestimmt würden; und obgleich sich kaum leugnen läßt, daß eine gewisse Wirkung hierdurch ausgeübt wird, so stimmen fast alle Beobachter jetzt darin überein, daß die Wirkung nur sehr gering gewesen ist, selbst nach viele Generationen dauernder Einwirkung. Doch wird dieser Gegenstand besser noch dann erörtert werden, wenn wir von den verschiedenen Rassen des Menschen reden. In Bezug auf unsere domesticierten Thiere haben wir Gründe zu der Annahme, daß Kälte und Feuchtigkeit direct das Wachsthum der Haare afficieren; für den Menschen ist mir aber kein entscheidender Beweis hierfür begegnet.
Wirkung des vermehrten Gebrauchs und Nichtgebrauchs von Theilen. – Es ist allgemein bekannt, daß der Gebrauch die Muskeln des Individuums kräftigt und daß völliger Nichtgebrauch oder die Zerstörung des betreffenden Nerven sie schwächt. Wird das Auge zerstört, so wird der Sehnerv häufig atrophisch; wenn eine Arterie unterbunden wird, so nehmen die seitlichen Blutgefäße nicht bloß an Durchmesser, sondern auch an Dicke und Kraft ihrer Wandungen zu. Hört in Folge von Krankheit die eine Niere auf zu wirken, so nimmt die andere an Größe zu und verrichtet doppelte Arbeit. Knochen nehmen nicht bloß an Dicke, sondern auch an Länge zu, wenn sie größere Gewichte zu tragen haben.79 Verschiedene gewohnheitsgemäß ausgeübte Beschäftigungen bringen veränderte Verhältnisse zwischen verschiedenen Theilen des Körpers hervor. So wurde durch die Commission der Vereinigten Staaten mit Bestimmtheit festgestellt,80 daß die Beine der im letzten Kriege verwendeten Matrosen um 0,217 Zoll länger waren, als die der Soldaten, trotzdem daß die Matrosen im Mittel kleiner waren; dagegen waren ihre Arme um 1,09 kürzer und daher außer Verhältnis kürzer in Bezug auf ihre geringere Körperhöhe. Diese Kürze der Arme ist offenbar Folge ihres stärkeren Gebrauchs und ist ein ganz unerwartetes Resultat; doch benutzen Matrosen ihre Arme hauptsächlich zum Ziehen und nicht zum Tragen von Lasten. Der Umfang des Nackens und die Höhe des Spanns sind bei Matrosen größer, während der Umfang der Brust, der Taille und der Hüften geringer ist als bei Soldaten.
Ob die verschiedenen hier angeführten Modificationen erblich werden würden, wenn dieselbe Lebensweise während vieler Generationen befolgt würde, ist unbekannt, aber wahrscheinlich. Rengger81 schreibt die dünnen Beine und die dicken Arme der Payaguas-Indianer dem Umstande zu, daß sie Generationen hindurch fast ihr ganzes Leben in Canoes zugebracht haben, wobei ihre unteren Gliedmaßen bewegungslos waren. Andere Schriftsteller sind in Bezug auf andere analoge Fälle zu einem ähnlichen Schlusse gelangt. Nach Cranz,82 welcher lange Zeit unter den Eskimos lebte, »glauben die Eingeborenen, daß der Scharfsinn und das Geschick zum Robbenfangen (ihre höchste Kunst und Tugend) erblich sind, und jedenfalls ist etwas Wahres hieran; denn der Sohn eines berühmten Robbenfängers wird sich auszeichnen, auch wenn er seinen Vater in der Kindheit schon verloren hat«. Doch ist es in diesem Falle die geistige Anlage, welche ebenso wie die körperliche Bildung offenbar vererbt wird. Es wird angeführt, daß die Hände englischer Arbeiter schon bei der Geburt größer sind als die der besitzenden Classen.83 Nach der Correlation, welche wenigstens in manchen Fällen84 zwischen der Entwicklung der Gliedmaßen und der Kiefer besteht, ist es möglich, daß bei den Classen, welche nicht viel mit ihren Händen und Füßen arbeiten, die Kiefer schon aus diesem Grunde an Größe abnehmen. Daß sie allgemein bei veredelten und civilisierten Menschen kleiner sind als bei harte Arbeit verrichtenden oder Wilden, ist sicher. Doch wird, wie Mr. Herbert Spencer85 bemerkt hat, bei Wilden der bedeutendere Gebrauch der Kiefer zum Kauen grober, ungekochter Nahrung in einer directen Weise auf die Kaumuskeln, und auf die Knochen, an welchen diese befestigt sind, einwirken. Bei Kindern ist schon lange vor der Geburt die Haut an den Fußsohlen dicker als an irgend einem andern Theile des Körpers;86 und es läßt sich kaum zweifeln, daß dies eine Folge der vererbten Wirkungen des eine lange Reihe von Generationen hindurch stattgefundenen Drucks ist. Es ist eine allgemein bekannte Thatsache, daß Uhrmacher und Kupferstecher sehr leicht kurzsichtig werden, während Leute, die viel im Freien leben, und besonders