Gesammelte Werke von Charles Darwin (Mit Illustrationen). Чарльз Дарвин
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368 Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. 2. Aufl. Bd. II, p. 106.
Wenn sich nun unser angenommener Naturforscher nach Gründen für die andere Seite der Frage umsähe und untersuchte, ob die Formen des Menschen sich, wie gewöhnliche Species, verschieden erhalten, wenn sie in einem und demselben Lande in großen Zahlen unter einander gemischt leben, so würde er sofort sehen, daß dies durchaus nicht der Fall ist. In Brasilien würde er eine ungeheure Bastardbevölkerung von Negern und Portugiesen bemerken; in Chiloë und anderen Theilen von Süd-Amerika würde er sehen, daß die ganze Bevölkerung aus Indianern und Spaniern besteht, welche in verschiedenen Graden in einander übergegangen sind.369 In vielen Theilen desselben Continents würde er die compliciertesten Kreuzungen zwischen Negern, Indianern und Europäern antreffen, und derartige dreifache Kreuzungen bieten die schärfste Probe für wechselseitige Fruchtbarkeit der elterlichen Formen dar, wenigstens nach den Erfahrungen aus dem Pflanzenreiche zu schließen. Auf einer Insel des Stillen Oceans würde er eine kleine Bevölkerung von mit einander vermischtem polynesischen und englischen Blute finden, und auf den Inseln des Fiji-Archipels eine Bevölkerung von Polynesiern und Negritos, welche sich in allen Graden gekreuzt haben. Viele analoge Fälle könnten noch z. B. aus Süd-Afrika angeführt werden. Es sind daher die Menschenrassen nicht hinreichend distinct, um ohne Verschmelzung zusammen bestehen zu können, und das Ausbleiben einer Verschmelzung giebt die herkömmliche und beste Probe für die specifische Verschiedenheit ab.
Unser Naturforscher würde gleichfalls sehr beunruhigt werden, sobald er bemerkte, daß die Unterscheidungsmerkmale aller Rassen des Menschen in hohem Grade variabel sind. Diese Thatsache fällt sofort Jedem auf, wenn er zuerst die Negersclaven in Brasilien sieht, welche aus allen Theilen von Afrika eingeführt worden sind. Dieselbe Bemerkung gilt auch für die Polynesier und für viele andere Rassen. Es kann bezweifelt werden, ob irgend ein Charakter angeführt werden kann, welcher für eine Rasse distinctiv und constant ist. Wilde sind selbst innerhalb der Grenzen eines und desselben Stammes auch nicht entfernt so gleichförmig im Charakter, wie oft behauptet worden ist. Die Hottentottenfrauen bieten gewisse Eigenthümlichkeiten dar, welche schärfer markiert sind als diejenigen, welche bei irgend einer anderen Rasse auftreten; aber man weiß, daß sie nicht von constantem Vorkommen sind. Bei den verschiedenen amerikanischen Stämmen weichen die Farbe und das Behaartsein beträchtlich ab; dasselbe gilt bis zu einem gewissen, und in Bezug auf die Form der Gesichtszüge bis zu einem bedeutenden Grade für die Neger in Afrika. Die Form des Schädels variiert in manchen Rassen bedeutend;370 und so ist es mit jedem anderen Charakter. Nun haben alle Naturforscher durch theuer erkaufte Erfahrungen gelernt, wie vorschnell der Versuch ist, Species mit Hülfe inconstanter Charaktere zu definieren.
Aber das gewichtigste aller Argumente gegen die Betrachtung der Rassen des Menschen als distincter Species ist, daß sie gradweise in einander übergehen und zwar, so weit wir es beurtheilen können, in vielen Fällen ganz unabhängig davon, ob sie sich mit einander gekreuzt haben oder nicht. Der Mensch ist sorgfältiger als irgend ein anderes Wesen studiert worden und doch besteht die größtmögliche Verschiedenheit des Urtheils zwischen fähigen Richtern darüber, ob er als eine einzige Species oder Rasse classificiert werden solle oder als zwei ( Virey), als drei ( Jacquinot), als vier ( Kant), fünf ( Blumenbach), sechs ( Buffon), sieben ( Hunter), acht ( Agassiz), elf ( Pickering), fünfzehn ( Bory St. Vincent), sechzehn ( Desmoulins), zweiundzwanzig ( Morton), sechzig ( Crawfurd), oder als dreiundsechzig nach Burke.371 Diese Verschiedenartigkeit der Beurtheilung beweist nicht, daß die Rassen nicht als Species zu classificieren wären, es zeigt aber dieselbe, daß sie allmählich in einander übergehen und daß es kaum möglich ist, scharfe Unterscheidungsmerkmale zwischen ihnen aufzufinden.
Jedem Naturforscher, welcher das Unglück gehabt hat, sich an die Beschreibung einer Gruppe äußerst veränderlicher Organismen zu machen, sind Fälle vorgekommen, – und ich spreche aus Erfahrung – welche dem des Menschen völlig gleichen; und ist er zur Vorsicht disponiert, so wird er damit enden, daß er alle die Formen, welche allmählich in einander übergehen, zu einer einzigen Species vereinigt. Denn er wird sich selbst sagen, daß er kein Recht hat, Objecte mit Namen zu belegen, welche er nicht definieren kann. Fälle dieser Art kommen auch in der Ordnung, welche den Menschen mit einschließt, vor, nämlich bei gewissen Gattungen von Affen, während in anderen Gattungen, wie bei Cercopithecus, die meisten Species mit Sicherheit bestimmt werden können. In der amerikanischen Gattung Cebus werden die verschiedenen Formen von manchen Naturforschern als Species rangiert, von anderen als bloße geographische Rassen. Wenn nun zahlreiche Exemplare von Cebus aus allen Theilen von Süd-Amerika gesammelt würden, und es stellte sich heraus, daß diejenigen Formen, welche jetzt specifisch verschieden zu sein scheinen, durch kleine Abstufungen allmählich in einander übergehen, so würden sie von den meisten Naturforschern als bloße Varietäten oder Rassen aufgeführt werden; und in dieser Weise ist die größere Zahl der Naturforscher in Bezug auf die Rassen des Menschen verfahren. Nichtsdestoweniger muß man bekennen, daß es wenigstens im Pflanzenreiche372 Formen giebt, welche man Species zu nennen nicht umhin kann, welche aber unabhängig von einer zwischen ihnen auftretenden Kreuzung durch zahllose Abstufungen mit einander verbunden werden.
Einige Naturforscher haben neuerdings den Ausdruck »Subspecies« angewendet, um Formen zu bezeichnen, welche viele der charakteristischen Eigenschaften echter Species besitzen, welche aber kaum einen so hohen Rang verdienen. Wenn wir nun die gewichtigen Argumente, die oben für das Erheben der Menschenrassen zur Würde von Species mitgetheilt wurde, uns vergegenwärtigen und auf der anderen Seite die unübersteiglichen Schwierigkeiten, sie zu definieren, so dürfte der Ausdruck »Subspecies« hier sehr passend angewendet werden. Aber schon aus langer Gewohnheit wird vielleicht der Ausdruck »Rasse« stets vorgezogen werden. Die Wahl von Ausdrücken ist nur insofern