Gesammelte Werke von Charles Darwin (Mit Illustrationen). Чарльз Дарвин
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Die Frage, ob das Menschengeschlecht aus einer oder aus mehreren Species besteht, ist in den letzten Jahren von den Anthropologen sehr lebhaft behandelt worden, welche sich in zwei Schulen trennt, die Monogenisten und die Polygenisten. Diejenigen, welche das Princip der Entwickelung nicht annehmen, müssen die Species entweder als einzelne Schöpfungen oder als in irgend einer Weise distincte Einheiten ansehen, und welche Menschenformen sie als Species zu betrachten haben, müssen sie nach Analogie der Methode entscheiden, welche gewöhnlich bei der Classification anderer organischer Wesen als Arten befolgt wird. Es ist aber ein hoffnungsloser Versuch, diesen Punkt entscheiden zu wollen, bis irgend eine Definition des Ausdruckes »Species« allgemein angenommen sein wird; und diese Definition darf kein unbestimmbares Element einschließen, wie eben einen Schöpfungsact. Wir könnten ebensogut ohne irgend eine Definition zu entscheiden versuchen, ob eine gewisse Anzahl von Häusern ein Dorf, ein Flecken oder eine Stadt genannt werden soll. Eine practische Illustration der Schwierigkeit haben wir in den kein Ende nehmenden Zweifeln, ob viele nahe verwandte Säugethiere, Vögel, Insecten und Pflanzen, welche einander in Nord-Amerika und Europa vertreten, als Species oder als geographische Rassen aufgeführt werden sollen; und dasselbe gilt für die Erzeugnisse vieler Inseln, welche in geringer Entfernung von dem nächsten Festlande gelegen sind.
Auf der anderen Seite werden diejenigen Naturforscher, welche das Princip der Entwicklung annehmen, – und dies wird von der größeren Zahl der aufstrebenden Männer jetzt angenommen, – keinen Zweifel haben, daß alle Menschenrassen von einem einzigen ursprünglichen Stamm herrühren, mögen sie es nun für passend oder nicht für passend halten, dieselben als distincte Species zu bezeichnen zum Zweck, damit den Betrag ihrer Verschiedenheit auszudrücken.374 Bei unsern domesticierten Thieren steht die Frage, ob die verschiedenen Rassen von einer oder mehreren Species ausgegangen sind, etwas verschieden. Obgleich man zugeben kann, daß alle solche Rassen ebenso wie alle natürlichen Species innerhalb einer und derselben Gattung unzweifelhaft einem und demselben primitiven Stamme entsprungen sind, so ist es doch ein völlig zulässiger Gegenstand der Discussion, ob alle die domesticierten Rassen, z. B. des Hundes, den jetzigen Grad von Verschiedenheit erlangt haben, seitdem irgend eine Species zuerst vom Menschen domesticiert wurde, oder ob sie einige ihrer Charaktere einer Vererbung von distincten Species verdanken, welche bereits im Naturzustande verschieden geworden waren. In Betreff des Menschen kann keine solche Frage entstehen, denn man kann nicht sagen, daß er zu irgend einer besonderen Periode domesticiert worden wäre.
Während eines frühen Stadiums der Divergenz der Menschenrassen von einer gemeinsamen Stammform werden sie nur wenig von einander abgewichen und der Zahl nach nur wenig gewesen sein. In Folge dessen werden sie, soweit ihre unterscheidenden Merkmale in Betracht kommen, weniger Ansprüche gehabt haben, als distincte Species betrachtet zu werden, als die jetzt existierenden sogenannten Rassen. Nichtsdestoweniger würden solche frühe Rassen vielleicht von einigen Naturforschern als distincte Species aufgeführt worden sein, – so willkürlich ist der Ausdruck Species, – wenn ihre Verschiedenheiten, obschon äußerst unbedeutend, constanter gewesen wären, als sie es jetzt sind, und sie nicht allmählich in einander übergegangen wären.
Es ist indessen möglich, wenn auch nicht entfernt wahrscheinlich, daß die ältesten Urerzeuger des Menschen früher bedeutend in ihren Charakteren von einander auseinander gegangen sind, bis sie einander unähnlicher wurden, als es die jetzt bestehenden Rassen irgendwie sind, und daß sie später, wie Vogt375 vermuthet, in ihren Charakteren convergiert haben. Wenn der Mensch mit einem und demselben Ziele vor Augen die Nachkommen zweier distincter Species zur Nachzucht auswählt, so führt er zuweilen, soweit die allgemeine äußere Erscheinung in Betracht kommt, einen beträchtlichen Grad von Convergenz herbei. Dies ist, wie Nathusius376 gezeigt hat mit den veredelten Rassen der Schweine der Fall, welche von zwei distincten Species abgestammt sind, und in einem weniger scharf markierten Grade auch mit den veredelten Rassen des Rindes. Ein bedeutender Anatom, Gratiolet, behauptet, daß die anthropomorphen Affen keine natürliche Untergruppe bilden, daß vielmehr der Orang ein hoch entwickelter Gibbon oder Semnopithecus, der Schimpanse ein hoch entwickelter Macacus und der Gorilla ein hoch entwickelter Mandrill ist. Wenn man diese Folgerung, welche fast ausschließlich auf Charakteren des Gehirns beruht, zugiebt, so würde man einen Fall von Convergenz, mindestens in äußeren Merkmalen, vor sich haben; denn die anthropomorphen Affen sind sich sicherlich in vielen Punkten einander ähnlicher, als sie anderen Affen sind. Alle analogen Ähnlichkeiten, wie die eines Walfisches mit einem Fisch, kann man in der That als Fälle von Convergenz bezeichnen; doch ist dieser Ausdruck niemals auf oberflächliche und adaptive Ähnlichkeiten angewendet worden. In den meisten Fällen würde es indessen außerordentlich voreilig sein, eine große Ähnlichkeit der Merkmale in vielen Punkten des Baues bei den modificierten Nachkommen einst weit von einander verschieden gewesener Wesen einer Convergenz zuzuschreiben. Die Form eines Crystalls wird allein durch die Molecularkräfte bestimmt, und es ist nicht überraschend, daß unähnliche Substanzen zuweilen ein und dieselbe Form annehmen können; aber bei organischen Wesen müssen wir uns doch daran erinnern, daß die Form eines jeden von einer endlosen Menge complicierter Beziehungen abhängt, nämlich von Abänderungen, welche Folgen von Ursachen sind, die viel zu intricat sind, um einzeln verfolgt werden zu können; – ferner von der Natur der Abänderungen, welche erhalten worden sind, und dies hängt wieder von den umgebenden physikalischen Bedingungen und in einem noch höheren Grade von den umgebenden Organismen ab, mit welchen ein jeder in Concurrenz getreten ist; – und endlich von Vererbung, an sich schon ein schwankendes Element, wobei alle die zahllosen Voreltern wieder Formen besaßen, welche durch ganz gleichmäßig complicierte Beziehungen bestimmt worden waren. Es erscheint im äußersten Grade unglaublich, daß die modificierten Nachkommen zweier Organismen, wenn diese in einer ausgesprochenen Weise von einander verschieden waren, jemals später so weit convergieren sollten, daß sie durch ihre ganze Organisation hindurch sich einer Identität näherten. Was den oben angezogenen Fall der convergierenden Rassen der Schweine betrifft, so haben sich Beweise ihrer Abstammung aus zwei ursprünglichen Stämmen noch immer deutlich erhalten, und zwar nach Nathusius an gewissen Knochen ihrer Schädel. Wären die Menschenrassen, wie es einige Naturforscher vermuthen, von zwei oder mehreren distincten Species abgestammt, welche von einander so weit oder nahezu so weit abgewichen wären, wie der Orang vom Gorilla abweicht, so ließe sich kaum bezweifeln, daß ausgesprochene Verschiedenheiten in der Structur gewisser Knochen noch immer beim Menschen, wie er jetzt existiert, nachweisbar sein würden.
Fußnote
369 A. de Quatrefages hat in der Anthropolog. Review, Jan. 8., 1869, p. 22 einen interessanten Bericht über den Erfolg und die Energie der Paulistas in Brasilien gegeben, welche eine stark gekreuzte Rasse von Portugiesen und Indianern mit einer Zumischung von Blut anderer Rassen darstellen.
370 z. B. bei den Eingeborenen von Amerika und Australien. Prof. Huxley sagt (Transact. Internation. Congress of Prehistoric. Archaeol. 1868, p. 105), daß »die Schädel vieler Süddeutscher und Schweizer so kurz und breit sind, »wie die der Tartaren« u. s. w.