Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer. Arthur Schopenhauer

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Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer - Arthur Schopenhauer

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ist: es ist die specifische Art seines Wirkens, d.h. eben die Art seines Daseyns, sein Wesen. Zwar von jeder einzelnen Wirkung des Dinges ist eine Ursache nachzuweisen, aus welcher folgt, daß es gerade jetzt, gerade hier wirken mußte; aber davon daß es überhaupt und gerade so wirkt, nie. Hat es keine andern Eigenschaften, ist es ein Sonnenstäubchen, so zeigt es wenigstens als Schwere und Undurchdringlichkeit jenes unergründliche Etwas: dieses aber, sage ich, ist ihm, was dem Menschen sein Wille ist, und ist, so wie dieser, seinem innern Wesen nach, der Erklärung nicht unterworfen, ja, ist an sich mit diesem identisch, Wohl läßt sich für jede Aeußerung des Willens, für jeden einzelnen Akt desselben zu dieser Zeit, an diesem Ort, ein Motiv nachweisen, auf welches er, unter Voraussetzung des Charakters des Menschen, nothwendig erfolgen mußte. Aber daß er diesen Charakter hat, daß er überhaupt will, daß von mehreren Motiven gerade dieses und kein anderes, ja, daß irgend eines seinen Willen bewegt, davon ist kein Grund je anzugeben. Was dem Menschen sein unergründlicher, bei aller Erklärung seiner Thaten aus Motiven vorausgesetzter Charakter ist; eben das ist jedem unorganischen Körper seine wesentliche Qualität, die Art seines Wirkens, deren Aeußerungen hervorgerufen werden durch Einwirkung von außen, während hingegen sie selbst durch nichts außer ihr bestimmt, also auch nicht erklärlich ist: ihre einzelnen Erscheinungen, durch welche allein sie sichtbar wird, sind dem Satz vom Grund unterworfen: sie selbst ist grundlos. Schon die Scholastiker hatten Dies im Wesentlichen richtig erkannt und als forma substantialis bezeichnet. (Worüber Suarez, Disput, metaph., disp. XV, sect. I.)

      Es ist ein eben so großer, wie gewöhnlicher Irrthum, daß die häufigsten, allgemeinsten und einfachsten Erscheinungen es wären, die wir am besten verständen; da sie doch vielmehr nur diejenigen sind, an deren Anblick und unsere Unwissenheit darüber wir uns am meisten gewöhnt haben. Es ist uns eben so unerklärlich, daß ein Stein zur Erde fällt, als daß ein Thier sich bewegt. Man hat, wie oben erwähnt, vermeint, daß man, von den allgemeinsten Naturkräften (z.B. Gravitation, Kohäsion, Undurchdringlichkeit) ausgehend, aus ihnen die seltener und nur unter kombinirten Umständen wirkenden (z.B. chemische Qualität, Elektricität, Magnetismus) erklären, zuletzt aus diesen wieder den Organismus und das Leben der Thiere, ja des Menschen Erkennen und Wollen verstehn würde. Man fügte sich stillschweigend darin, von lauter qualitates occultae auszugehn, deren Aufhellung ganz aufgegeben wurde, da man über ihnen zu bauen, nicht sie zu unterwühlen vorhatte. Dergleichen kann, wie gesagt, nicht gelingen. Aber abgesehn davon, so stände solches Gebäude immer in der Luft. Was helfen Erklärungen, die zuletzt auf ein eben so Unbekanntes, als das erste Problem war, zurückführen? Versteht man aber am Ende vom innern Wesen jener allgemeinen Naturkräfte mehr, als vom innern Wesen eines Thieres? Ist nicht eines so unerforscht, wie das andere? Unergründlich, weil es grundlos, weil es der Inhalt, das Was der Erscheinung ist, das nie auf ihre Form, auf das Wie, auf den Satz vom Grunde, zurückgeführt werden kann. Wir aber, die wir hier nicht Aetiologie, sondern Philosophie, d.i. nicht relative, sondern unbedingte Erkenntniß vom Wesen der Welt beabsichtigen, schlagen den entgegengesetzten Weg ein und gehn von Dem, was uns unmittelbar, was uns am vollständigsten bekannt und ganz und gar vertraut ist, was uns am nächsten liegt, aus, um Das zu verstehn, was uns nur entfernt, einseitig und mittelbar bekannt ist: und aus der mächtigsten, bedeutendesten, deutlichsten Erscheinung wollen wir die unvollkommenere, schwächere verstehn lernen. Mir ist von allen Dingen, meinen eigenen Leib ausgenommen, nur eine Seite bekannt, die der Vorstellung: ihr inneres Wesen bleibt mir verschlossen und ein tiefes Geheimniß, auch wenn ich alle Ursachen kenne, auf die ihre Veränderungen erfolgen. Nur aus der Vergleichung mit Dem, was in mir vorgeht, wenn, indem ein Motiv mich bewegt, mein Leib eine Aktion ausübt, was das innere Wesen meiner eigenen durch äußere Gründe bestimmten Veränderungen ist, kann ich Einsicht erhalten in die Art und Weise, wie jene leblosen Körper sich auf Ursachen verändern, und so verstehn, was ihr inneres Wesen sei, von dessen Erscheinen mir die Kenntniß der Ursache die bloße Regel des Eintritts in Zeit und Raum angiebt und weiter nichts. Dies kann ich darum, weil mein Leib das einzige Objekt ist, von dem ich nicht bloß die eine Seite, die der Vorstellung, kenne, sondern auch die zweite, welche Wille heißt. Statt also zu glauben, ich würde meine eigene Organisation, dann mein Erkennen und Wollen und meine Bewegung auf Motive, besser verstehn, wenn ich sie nur zurückführen könnte auf Bewegung aus Ursachen, durch Elektricität, durch Chemismus, durch Mechanismus; muß ich, sofern ich Philosophie, nicht Aetiologie suche, umgekehrt auch die einfachsten und gemeinsten Bewegungen des unorganischen Körpers, die ich auf Ursachen erfolgen sehe, zuvörderst ihrem innern Wesen nach verstehn lernen aus meiner eigenen Bewegung auf Motive, und die unergründlichen Kräfte, welche sich in allen Körpern der Natur äußern, für der Art nach als identisch mit Dem erkennen, was in mir der Wille ist, und für nur dem Grade nach davon verschieden. Dies heißt: die in der Abhandlung über den Satz vom Grund aufgestellte vierte Klasse der Vorstellungen muß mir der Schlüssel werden zur Erkenntniß des innern Wesens der ersten Klasse, und aus dem Gesetz der Motivation muß ich das Gesetz der Kausalität, seiner innern Bedeutung nach, verstehn lernen.

      Spinoza sagt (epist. 62), daß der durch einen Stoß in die Luft fliegende Stein, wenn er Bewußtsein hätte, meinen würde, aus seinem eigenen Willen zu fliegen. Ich setze nur noch hinzu, daß der Stein Recht hätte. Der Stoß ist für ihn, was für mich das Motiv, und was bei ihm als Kohäsion, Schwere, Beharrlichkeit im angenommenen Zustande erscheint, ist, dem innern Wesen nach, das Selbe, was ich in mir als Willen erkenne, und was, wenn auch bei ihm die Erkenntniß hinzuträte, auch er als Willen erkennen würde. Spinoza, an jener Stelle, hatte sein Augenmerk auf die Nothwendigkeit, mit welcher der Stein fliegt, gerichtet und will sie, mit Recht, übertragen auf die Nothwendigkeit des einzelnen Willensaktes einer Person. Ich hingegen betrachte das innere Wesen, welches aller realen Nothwendigkeit (d.i. Wirkung aus Ursache), als ihre Voraussetzung, erst Bedeutung und Gültigkeit ertheilt, beim Menschen Charakter, beim Stein Qualität heißt, in Beiden aber das Selbe ist, da wo es unmittelbar erkannt wird, Wille genannt, und welches im Stein den schwächsten, im Menschen den stärksten Grad der Sichtbarkeit, Objektität, hat. – Dieses im Streben aller Dinge mit unserm Wollen Identische hat sogar der heilige Augustinus, mit richtigem Gefühl, erkannt, und ich kann mich nicht entbrechen, seinen naiven Ausdruck der Sache herzusetzen: Si pecora essemus, carnalem vitam et quod secundum sensum ejusdem est amaremus, idque esset sufficiens bonum nostrum, et secundum hoc si esset nobis bene, nihil aliud quaereremus. Item, si arbores essemus, nihil quidem sentientes motu amare possemus: verumtamen id quasi appetere videremur, quo feracius essemus, uberiusque fructuosae. Si essemus lapides, aut fluctus, aut ventus, aut flamma, vel quid ejusmodi, sine ullo quidem sensu atque vita, non tamen nobis deesset quasi quidam nostrorum locorum atque ordinis appetitus. Nam velut amores corporum momenta sunt ponderum, sive deorsum gravitate, sive sursum levitate nitantur: ita enim corpus pondere, sicut animus amore fertur quocunque fertur. (de civ. Dei, XI, 28).

      Noch verdient bemerkt zu werden, daß schon Euler einsah, das Wesen der Gravitation müsse zuletzt auf eine den Körpern eigenthümliche »Neigung und Begierde« (also Willen) zurückgeführt werden (im 68. Briefe an die Prinzessin). Sogar macht gerade Dies ihn dem Begriffe der Gravitation, wie er bei Neuton dasteht, abhold, und er ist geneigt, eine Modifikation desselben gemäß der frühem Cartesianischen Theorie zu versuchen, also die Gravitation aus dem Stoße eines Aethers auf die Körper abzuleiten, als welches »vernünftiger und den Leuten, die helle und begreifliche Grundsätze lieben«, angemessener wäre. Die Attraktion will er als qualitas occulta aus der Physikverbannt sehn. Dies ist eben nur der todten Naturansicht, welche, als Korrelat der immateriellen Seele, zu Eulers Zeit herrschte, gemäß: allein es ist beachtenswerth in Hinsicht auf die von mir aufgestellte Grundwahrheit, welche nämlich schon damals dieser feine Kopf aus der Ferne durchschimmern sehend, bei Zeiten umzukehren sich beeilte und nun, in seiner Angst, alle damaligen Grundansichten gefährdet zu sehn, sogar beim alten, bereits abgethanen Absurden Schutz suchte.

      § 25

       Inhaltsverzeichnis

      Wir wissen, daß die Vielheit überhaupt nothwendig durch Zeit und Raum

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