Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer. Arthur Schopenhauer

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Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer - Arthur Schopenhauer

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und tiefruhenden Umgebung einen Anstrich des Erhabenen. Denn weil sie für den des steten Strebens und Erreichens bedürftigen Willen keine Objekte darbietet, weder günstige noch ungünstige, so bleibt nur der Zustand der reinen Kontemplation übrig, und wer dieser nicht fähig ist, wird der Leere des nichtbeschäftigten Willens, der Quaal der Langenweile, mit beschämender Herabsetzung Preis gegeben. Sie giebt insofern ein Maaß unsers eigenen intellektualen Werthes, für welchen überhaupt der Grad unserer Fähigkeit zum Ertragen, oder Lieben der Einsamkeit ein guter Maaßstab ist. Die geschilderte Umgebung giebt also ein Beispiel des Erhabenen in niedrigem Grad, indem in ihr dem Zustand des reinen Erkennens, in seiner Ruhe und Allgenugsamkeit, als Kontrast, eine Erinnerung an die Abhängigkeit und Armsäligkeit des eines steten Treibens bedürftigen Willens beigemischt ist. – Dies ist die Gattung des Erhabenen, welche dem Anblick der endlosen Prärien im innern Nord-Amerikas nachgerühmt wird.

      Lassen wir nun aber eine solche Gegend auch der Pflanzen entblößt seyn und nur nackte Felsen zeigen; so wird, durch die gänzliche Abwesenheit des zu unserer Subsistenz nöthigen Organischen, der Wille schon geradezu beängstigt: die Oede gewinnt einen furchtbaren Charakter; unsere Stimmung wird mehr tragisch: die Erhebung zum reinen Erkennen geschieht mit entschiedenerem Losreißen vom Interesse des Willens, und indem wir im Zustande des reinen Erkennens beharren, tritt das Gefühl des Erhabenen deutlich hervor.

      In noch höherem Grade kann es folgende Umgebung veranlassen. Die Natur in stürmischer Bewegung; Helldunkel, durch drohende schwarze Gewitterwolken; ungeheure, nackte, herabhängende Felsen, welche durch ihre Verschränkung die Aussicht verschließen; rauschende schäumende Gewässer; gänzliche Oede; Wehklage der durch die Schluchten streichenden Luft. Unsere Abhängigkeit, unser Kampf mit der feindlichen Natur, unser darin gebrochener Wille, tritt uns jetzt anschaulich vor Augen: so lange aber nicht die persönliche Bedrängniß die Oberhand gewinnt, sondern wir in ästhetischer Beschauung bleiben, blickt durch jenen Kampf der Natur, durch jenes Bild des gebrochenen Willens, das reine Subjekt des Erkennens durch und faßt ruhig, unerschüttert, nicht mitgetroffen (unconcerned), an eben den Gegenständen, welche dem Willen drohend und furchtbar sind, die Ideen auf. In diesem Kontrast eben liegt das Gefühl des Erhabenen.

      Aber noch mächtiger wird der Eindruck, wenn wir den Kampf der empörten Naturkräfte im Großen vor Augen haben, wenn in jener Umgebung ein fallender Strohm durch sein Toben uns die Möglichkeit die eigene Stimme zu hören benimmt; – oder wenn wir am weiten, im Sturm empörten Meere stehn: häuserhohe Wellen steigen und sinken, gewaltsam gegen schroffe Uferklippen geschlagen, spritzen sie den Schaum hoch in die Luft, der Sturm heult, das Meer brüllt, Blitze aus schwarzen Wolken zucken und Donnerschläge übertönen Sturm und Meer. Dann erreicht im unerschütterten Zuschauer dieses Auftritts die Duplicität seines Bewußtseyns die höchste Deutlichkeit: er empfindet sich zugleich als Individuum, als hinfällige Willenserscheinung, die der geringste Schlag jener Kräfte zertrümmern kann, hülflos gegen die gewaltige Natur, abhängig, dem Zufall Preis gegeben, ein verschwindendes Nichts, ungeheuren Mächten gegenüber; und dabei nun zugleich als ewiges ruhiges Subjekt des Erkennens, welches, als Bedingung alles Objekts, der Träger eben dieser ganzen Welt ist und der furchtbare Kampf der Natur nur seine Vorstellung, es selbst in ruhiger Auffassung der Ideen, frei und fremd allem Wollen und allen Nöthen. Es ist der volle Eindruck des Erhabenen. Hier veranlaßt ihn der Anblick einer dem Individuo Vernichtung drohenden, ihm ohne allen Vergleich überlegenen Macht.

      Auf ganz andere Weise kann er entstehn bei der Vergegenwärtigung einer bloßen Größe in Raum und Zeit, deren Unermeßlichkeit das Individuum zu Nichts verkleinert. Wir können die erstere Art das Dynamisch-, die zweite das Mathematisch-Erhabene nennen, Kants Benennungen und seine richtige Eintheilung beibehaltend, obgleich wir in der Erklärung des innern Wesens jenes Eindrucks ganz von ihm abweichen und weder moralischen Reflexionen, noch Hypostasen aus der scholastischen Philosophie einen Antheil dabei zugestehn.

      Wenn wir uns in die Betrachtung der unendlichen Größe der Welt in Raum und Zeit verlieren, den verflossenen Jahrtausenden und den kommenden nachsinnen, – oder auch, wenn der nächtliche Himmel uns zahllose Welten wirklich vor Augen bringt, und so die Unermeßlichkeit der Welt auf das Bewußtseyn eindringt, – so fühlen wir uns selbst zu Nichts verkleinert, fühlen uns als Individuum, als belebter Leib, als vergängliche Willenserscheinung, wie ein Tropfen im Ocean, dahin schwinden, ins Nichts zerfließen. Aber zugleich erhebt sich gegen solches Gespenst unserer eigenen Nichtigkeit, gegen solche lügende Unmöglichkeit, das unmittelbare Bewußtseyn, daß alle diese Welten ja nur in unserer Vorstellung dasind, nur als Modifikationen des ewigen Subjekts des reinen Erkennens, als welches wir uns finden, sobald wir die Individualität vergessen, und welches der nothwendige, der bedingende Träger aller Welten und aller Zeiten ist. Die Größe der Welt, die uns vorher beunruhigt, ruht jetzt in uns: unsere Abhängigkeit von ihr wird aufgehoben durch ihre Abhängigkeit von uns. – Dieses Alles kommt jedoch nicht sofort in die Reflexion, sondern zeigt sich als ein nur gefühltes Bewußtseyn, daß man, in irgend einem Sinne (den allein die Philosophie deutlich macht), mit der Welt Eines ist und daher durch ihre Unermeßlichkeit nicht niedergedrückt, sondern gehoben wird. Es ist das gefühlte Bewußtseyn Dessen, was die Upanischaden der Veden in so mannigfaltigen Wendungen wiederholt aussprechen, vorzüglich in dem schon oben beigebrachten Spruch: Hae omnes creaturae in totum ego sum, et praeter me aliud ens non est (Oupnek'hat, Bd. I, S. 122). Es ist Erhebung über das eigene Individuum, Gefühl des Erhabenen.

      Auf eine ganz unmittelbare Weise erhalten wir diesen Eindruck des Mathematisch-Erhabenen schon durch einen Raum, der zwar gegen das Weltgebäude betrachtet klein ist, der aber dadurch daß er uns unmittelbar ganz wahrnehmbar geworden ist, nach allen drei Dimensionen mit seiner ganzen Große auf uns wirkt, welche hinreicht, das Maaß unsers eigenen Leibes fast unendlich klein zu machen. Dies kann ein für die Wahrnehmung leerer Raum nie, daher nie ein offener, sondern nur ein durch die Begränzung nach allen Dimensionen unmittelbar wahrnehmbarer, also ein sehr hohes und großes Gewölbe, wie das der Peterskirche in Rom, oder der Paulskirche in London. Das Gefühl des Erhabenen entsteht hier durch das Innewerden des verschwindenden Nichts unsers eigenen Leibes vor einer Größe, die andererseits selbst wieder nur in unserer Vorstellung liegt und deren Träger wir als erkennendes Subjekt sind, also hier wie überall durch den Kontrast der Unbedeutsamkeit und Abhängigkeit unsers Selbst als Individuums, als Willenserscheinung, gegen das Bewußtseyn unserer als reinen Subjekts des Erkennens. Selbst das Gewölbe des gestirnten Himmels wirkt, wenn es ohne Reflexion betrachtet wird, nur eben so wie jenes steinerne Gewölbe, und nicht mit seiner wahren, sondern nur mit seiner scheinbaren Größe. – Manche Gegenstände unserer Anschauung erregen den Eindruck des Erhabenen dadurch, daß, sowohl vermöge ihrer räumlichen Größe, als ihres hohen Alters, also ihrer zeitlichen Dauer, wir ihnen gegenüber uns zu Nichts verkleinert fühlen, und dennoch im Genüsse ihres Anblicks schwelgen: der Art sind sehr hohe Berge, Aegyptische Pyramiden, kolossale Ruinen von hohem Alterthume.

      Ja, auch auf das Ethische läßt unsere Erklärung des Erhabenen sich übertragen, nämlich auf Das, was man als den erhabenen Charakter bezeichnet. Auch dieser nämlich entspringt daraus, daß der Wille nicht erregt wird durch Gegenstände, welche allerdings geeignet wären, ihn zu erregen; sondern das Erkennen auch dabei die Oberhand behält. Ein solcher Charakter wird demnach die Menschen rein objektiv betrachten, nicht aber nach den Beziehungen, welche sie zu seinem Willen haben könnten: er wird z.B. ihre Fehler, sogar ihren Haß und ihre Ungerechtigkeit gegen ihn selbst, bemerken, ohne dadurch seinerseits zum Haß erregt zu werden; er wird ihr Glück ansehn, ohne Neid zu empfinden; er wird ihre guten Eigenschaften erkennen, ohne jedoch nähere Verbindung mit ihnen zu wünschen; er wird die Schönheit der Weiber wahrnehmen, ohne ihrer zu begehren. Sein persönliches Glück oder Unglück wird ihn nicht stark afficiren, vielmehr wird er seyn, wie Hamlet den Horatio beschreibt:

      Denn er wird in seinem eigenen Lebenslauf und dessen Unfällen weniger sein individuelles,

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