Deutsche Geschichte. Ricarda Huch

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Deutsche Geschichte - Ricarda Huch Sachbücher bei Null Papier

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wie ein Schlacht­ge­sang, strah­lend von Ma­je­stät und Tri­umph, es durch­bohr­te das Herz mit fei­er­li­cher Trau­er wie ein Cho­ral. Wel­t­herr­schaft und Chris­ten­tum wa­ren dar­in ver­schmol­zen, Im­pe­ri­um sine fine de­di – End­los dau­re das Reich, das ich gab. Die Ver­kün­di­gung Ju­pi­ters, des Va­ters der Göt­ter und Men­schen, durch die Vir­gil dem Rö­mer­reich un­end­li­che Dau­er ver­heißt, schlug in einen ge­wal­ti­gen Ak­kord zu­sam­men mit den Wor­ten des Herrn, auf wel­che die Kir­che ih­ren An­spruch auf Un­ver­gäng­lich­keit grün­det: Tu es Pe­trus – Du bist Pe­trus, und auf die­sen Fel­sen will ich bau­en mei­ne Ge­mein­de, und die Pfor­ten der Höl­le sol­len sie nicht über­wäl­ti­gen. Göt­ter­wor­te üb­ten bin­den­den Zau­ber, beug­ten die sieg­rei­chen Söh­ne Ger­ma­ni­ens un­ter Rom in Trüm­mern.

      Man­che von den Ger­ma­nen hat­ten Rom ge­dient, man­che hat­ten sich ihm un­ter­wor­fen, an­de­re es be­kämpft, es be­siegt, alle glaub­ten an das Rö­mi­sche Reich. Es war eine von Gott er­rich­te­te Ord­nung, von Gott da­durch be­glau­bigt, dass er in­ner­halb die­ses Rei­ches Fleisch ge­wor­den war, au­ßer­halb des­sen das Cha­os der Hei­den­welt bran­de­te, und Rom war sein Haupt. Ro­ma sanc­ta, Roma ae­ter­na. Es war der Sitz der Cäsa­ren ge­we­sen, es war jetzt der Sitz der Päps­te, es konn­te ver­fal­len und ver­öden, es blieb der ma­gi­sche Punkt, durch den die Erde mit den Göt­tern ver­bun­den war. Die Ger­ma­nen wa­ren reich an Ge­gen­wart und Zu­kunft, aber Rom, wenn es auch da­nie­der­lag, be­saß einen Schatz über alle Schät­ze, es be­saß ge­form­te Ver­gan­gen­heit. Alte Kul­tur ist Schwer­kraft, die den Men­schen un­wi­der­steh­lich an­zieht; je nä­her er der Na­tur steht, de­sto wil­li­ger beugt er sich ih­rem ver­gilb­ten Glan­ze. Ver­schie­de­ne ger­ma­ni­sche Völ­ker grün­de­ten Rei­che, die über­ra­schend auf­blüh­ten, ei­ni­ge ver­gin­gen so rasch, wie sie ent­stan­den wa­ren, alle glaub­ten ohne Wur­zel im Zu­fäl­li­gen der ei­ge­nen Kraft zu schwe­ben, bis sie un­ver­gäng­lich gött­li­chen Rechts­grund im Rö­mi­schen Wel­treich fan­den.

      Sel­ten ist es den Men­schen ver­gönnt, aus ei­ge­nem Geis­te eine Tat von dau­ern­der Be­deu­tung zu tun; ein dazu Au­ser­wähl­ter war Win­fried Bo­ni­fa­ti­us, der die Kir­che des Fran­ken­rei­ches dem Papst un­ter­warf. Wie viel Um­wäl­zen­des die Jahr­hun­der­te den bri­ti­schen In­seln ge­bracht ha­ben, der An­gel­sach­se des 8.Jahr­hun­derts war dem Eng­län­der der neu­en Zeit ähn­lich: tat­kräf­tig, sach­lich, streng kirch­lich, ohne fromm zu sein, groß­ar­tig in sei­nen Ent­wür­fen, im Or­ga­ni­sie­ren, so­dass man den jun­gen Mönch des Klos­ters Nutscel­le gern zu di­plo­ma­ti­schen Ge­schäf­ten ver­wen­de­te. Es wür­de ihm an Ehren und Ein­fluss in der Hei­mat nicht ge­fehlt ha­ben; aber ihn be­weg­ten grö­ße­re Ge­dan­ken. Er ging aus von dem Wun­sche, die Frie­sen zu be­keh­ren, nichts Fern­lie­gen­des für ihn, denn von den Iren und An­gel­sach­sen war größ­ten­teils die Mis­si­on un­ter den ger­ma­ni­schen Stäm­men des Fest­lan­des aus­ge­führt wor­den. Die kel­ti­schen Iro­schot­ten, die Urein­woh­ner der In­seln, ge­hör­ten der al­ten bri­ti­schen Mönchs­kir­che an, die den Ver­fall des Rö­mi­schen Rei­ches über­dau­ert hat­te, die An­gel­sach­sen der von Papst Gre­gor I. ge­pflanz­ten bi­schöf­li­chen Kir­che. In der bri­ti­schen Mönchs­kir­che be­stan­den al­ler­lei von der Papst­kir­che ab­wei­chen­de Ge­bräu­che, wie dass die Ehe­lo­sig­keit der Geist­li­chen bei ih­nen kein Ge­bot war, haupt­säch­lich aber wa­ren sie, wenn sie auch mit dem rö­mi­schen Papst in Be­zie­hung stan­den, doch un­ab­hän­gig von ihm, in­dem der Be­griff der Fort­pflan­zung der gött­li­chen Pries­ter­wei­he durch den rö­mi­schen Bi­schof bei ih­nen nicht galt. Die Ge­ring­schät­zung, mit wel­cher die An­gel­sach­sen auf die Mönchs­kir­che her­ab­sa­hen, hat­te ver­mut­lich ih­ren Grund mehr dar­in, dass sie über­haupt die un­ter­wor­fe­ne Ras­se ver­ach­te­ten, als in den Ei­gen­hei­ten ih­rer Ver­fas­sung. Man­gel an Bil­dung konn­te man den Iro­schot­ten kaum vor­wer­fen, die so­gar Grie­chisch ver­stan­den und lehr­ten; es war wohl mehr et­was Re­gel­lo­ses, Schwei­fen­des, Fan­tas­ti­sches in ih­rem We­sen, was die An­gel­sach­sen ab­stieß. Der säch­si­sche Stolz war bei den An­gel­sach­sen noch ge­stei­gert; Win­fried war von vor­neh­mer Ab­kunft, dazu per­sön­lich durch das Macht­ge­fühl ei­nes über­ra­gen­den Geis­tes und un­beug­sa­men Cha­rak­ters ge­ho­ben. Die Be­keh­rung der Frie­sen war eine Auf­ga­be der Zeit, zu­erst vom Erz­bi­schof von York ver­sucht, der bei ei­ner Rom­rei­se an die frie­si­sche Küs­te ver­schla­gen war, wäh­rend der Fran­ken­herr­scher Pi­pin von He­ris­tall und des­sen Sohn Karl sie mit dem Schwert zu un­ter­wer­fen trach­te­ten. Der krie­ge­ri­sche An­griff ver­dop­pel­te die Wi­der­spens­tig­keit der Frie­sen ge­gen die Glau­bens­bo­ten; denn der neue Gott stell­te sich of­fen­sicht­lich dar als der Gott von Fein­den, die ih­rer Frei­heit nach­stell­ten. Ein Sieg Pi­pins hat­te zu­nächst Er­folg: der Frie­sen­häupt­ling muss­te einen Teil sei­nes Lan­des ab­tre­ten und eine Toch­ter ei­nem Soh­ne Pi­pins, Grim­sald, zur Frau ge­ben. Der an­gel­säch­si­sche Mis­sio­nar Wil­li­brord war Pi­pin als Ge­hil­fe will­kom­men, er grün­de­te das Klos­ter Ech­ter­nach, stell­te sich dem rö­mi­schen Papst vor und wur­de von die­sem zum Erz­bi­schof von Ut­recht ge­weiht, dem­sel­ben Ort, wo Rad­bod, der Frie­sen­häupt­ling, sei­nen Sitz hat­te. Die­ser ra­sche Er­folg war nicht von Dau­er: Grim­sald wur­de auf der Rei­se zu sei­nem er­krank­ten Va­ter in der Kir­che von Lüt­tich von ei­nem Frie­sen er­mor­det, der, wie man glaub­te, ein Be­auf­trag­ter Rad­bo­ds war. Als bald dar­auf Pi­pin starb, fiel das er­ober­te Ge­biet ab. So war die Lage, als Win­fried, etwa fünf­und­drei­ßig Jah­re alt, sich dem ver­schüt­te­ten Werk zu wei­hen be­schloss. Er fuhr nach Fries­land hin­über und hat­te eine Un­ter­re­dung mit Rad­bod; da­bei muss er den Ein­druck un­über­wind­li­chen Wi­der­stan­des emp­fan­gen ha­ben, denn er kehr­te bald in sein Klos­ter zu­rück, nicht um sei­nen Plan auf­zu­ge­ben, son­dern um ihn an­ders an­zu­pa­cken. Win­fried war nicht ein Glau­bens­bo­te, wie Co­lum­ban, Gal­lus, Pir­min ge­we­sen wa­ren, die das Feu­er ih­res Glau­bens auf die Hei­den zu über­tra­gen wuss­ten, die Mensch und Tier durch die frem­de Rede be­zau­ber­ten, auch mit der Faust drein­schlu­gen, wenn das Wort nicht ver­fing; Win­fried war ein Ari­sto­krat, dem es mehr auf Kul­tur als Re­li­gi­on an­kam, den das Un­ge­ord­ne­te mehr be­lei­dig­te als das Un­christ­li­che. Als ein rech­ter Eng­län­der sah er die Re­li­gi­on als Teil der staat­li­chen Ord­nung an und be­schloss, sein Be­keh­rungs­werk nicht als ein Aben­teu­rer gleich­sam von un­ten aus im Her­zen des Vol­kes, son­dern von oben und au­ßen her, als Or­ga­ni­sa­ti­on an die Hand zu neh­men, aus­ge­hend von der Spit­ze der Kir­che, dem rö­mi­schen Papst. Nach­dem er die eben er­hal­te­ne Abts­wür­de nie­der­ge­legt hat­te, ging er nach Rom, um sich vom Papst die Voll­macht zur Mis­si­ons­pre­digt zu ho­len. Auch die Rom­rei­se war et­was Zeit­ge­mä­ßes, sie wur­de von den bri­ti­schen In­seln aus mit Vor­lie­be un­ter­nom­men. Geist­li­che und welt­li­che Per­so­nen, männ­li­che und weib­li­che folg­ten dem Zuge nach der Haupt­stadt der Welt, nach dem hei­li­gen Son­nen­lan­de. Dort war, wie in un­se­ren Ta­gen, eine Ko­lo­nie von Frem­den, dort mach­te man in­ter­essan­te Be­kannt­schaf­ten, dort trank man, ge­löst vom All­tag, aus ei­nem Le­bens­stro­me, der über fa­bel­haf­ten Rui­nen vol­ler als an­ders­wo rausch­te. Die vier Päps­te, die Bo­ni­fa­ti­us er­leb­te, Gre­gor II., Gre­gor III., Za­cha­ri­as und Ste­phan III.,

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