Deutsche Geschichte. Ricarda Huch

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Deutsche Geschichte - Ricarda Huch Sachbücher bei Null Papier

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wei­te­re Ge­bie­te. Bei­de wa­ren lie­bens­wür­di­ge und her­vor­ra­gen­de Per­sön­lich­kei­ten, Karl­mann leich­ter vom Ge­fühl hin­ge­ris­sen, Pi­pin be­son­ne­ner, tat­kräf­tig, groß­mü­tig, ein sym­pa­thi­scher Mensch und schöp­fe­ri­scher Staats­mann. Vor die­sel­be Fra­ge ge­stellt wie sein Va­ter, ent­schied er im ent­ge­gen­ge­setz­ten Sinn. Der ers­te Schritt zu ei­ner en­ge­ren Be­zie­hung zum Papst ging von ihm aus, in­dem er zwei Ge­sand­te, den Bi­schof Bern­hard von Würz­burg und den Abt Ful­rad von St. De­nys, nach Rom schick­te, da­mit ihn Papst Za­cha­ri­as, ein klu­ger Grie­che, zur Füh­rung des Kö­nigs­ti­tels be­rech­tigt er­klä­re. Man könn­te mei­nen, die förm­li­che Rich­tig­stel­lung ei­nes Ver­hält­nis­ses, das große Ta­ten be­grün­det hat­ten, hät­te kei­nes päpst­li­chen Gut­ach­tens be­durft; al­lein ab­ge­se­hen da­von, dass Pi­pin die Ei­fer­sucht, den Neid und die Treu­lo­sig­keit sei­ner Gro­ßen kann­te, liegt es im Men­schen, dass er das Be­dürf­nis hat, sich und sein Da­sein nicht nur auf die ei­ge­ne Kraft und Ge­walt, son­dern auf einen Rechts­grund zu stüt­zen und mit der Ver­gan­gen­heit zu ver­bin­den. Der Gläu­bi­ge wie der Ungläu­bi­ge, sie wol­len nicht nur be­sit­zen, son­dern mit Recht be­sit­zen, der Un­ter­lie­gen­de fühlt sich noch als Sie­ger, wenn er sich als Ver­tre­ter des Rech­tes, ei­ner hö­he­ren Ent­schei­dung in ei­ner an­de­ren Re­gi­on be­trach­ten kann. Ei­nen welt­li­chen Herrn konn­te Pi­pin als Schieds­rich­ter nicht gel­ten las­sen; aber das Ur­teil des rö­mi­schen Bi­schofs, des Haup­tes der christ­li­chen Kir­che wür­de all­ge­mein als Got­tes­ur­teil auf­ge­fasst wer­den. Doch wur­de die Ant­wort des Za­cha­ri­as, es sei bil­lig, dass der­je­ni­ge, der die Macht habe, auch den Kö­nigs­ti­tel füh­re, und Pi­pin sei des­halb als Kö­nig zu krö­nen, nur als ein für Pi­pins Ge­wis­sen wich­ti­ges Gut­ach­ten an­ge­se­hen und als eine Wei­sung an die frän­ki­sche Geist­lich­keit, die als Groß­grund­be­sit­zer von aus­schlag­ge­ben­der Be­deu­tung war; die Kö­nigs­wahl fand nach al­ter ger­ma­ni­scher Sit­te durch das Heer statt. Da­nach wur­de Pi­pin in Sois­sons von den Bi­schö­fen ge­salbt; man nimmt an, dass Bo­ni­fa­ti­us da­bei tä­tig war.

      Papst Za­cha­ri­as stand in gu­ten Be­zie­hun­gen zu den Lan­go­bar­den; nach sei­nem Tode griff Ai­stulf den Plan der Erobe­rung Ita­li­ens wie­der auf und nahm Ra­ven­na ein. Papst Ste­phan II. wand­te sich zu­erst brief­lich an Pi­pin und trat dann die Rei­se über die Al­pen an, um als Schutz­fle­hen­der vor dem Kö­nig zu er­schei­nen, eine Rei­se, die dop­pelt schwie­rig war, weil sie durch das feind­li­che lan­go­bar­di­sche Ge­biet ging. Pi­pin war ent­schlos­sen, den ihm vom Papst ge­wie­se­nen Weg ein­zu­schla­gen; aber er stand da­mit ziem­lich al­lein. Un­ver­ges­sen war sei­nes Va­ters lan­go­bar­den­freund­li­che Po­li­tik, dar­an woll­ten nicht nur vie­le frän­ki­sche Gro­ße, son­dern auch Pi­pins Frau, die Kö­ni­gin Ber­tra­da, und sein Bru­der Karl­mann fest­hal­ten. Karl­mann hat­te die Re­gie­rung schon seit meh­re­ren Jah­ren nie­der­ge­legt, war nach Rom ge­gan­gen und Mönch ge­wor­den; man nimmt an, dass er im Klos­ter durch ein Mit­glied der kö­nig­li­chen Fa­mi­lie für die Lan­go­bar­den ge­won­nen war. Die Sa­che war ihm so wich­tig, dass er über die Al­pen ging, um Pi­pin per­sön­lich zu be­ein­flus­sen. Trotz so vie­ler und ge­wich­ti­ger Ge­gen­wir­kun­gen be­harr­te Pi­pin auf sei­nem Wil­len: er emp­fing Ste­phan eh­ren­voll, ließ sich, sei­ne Frau und sei­ne Söh­ne von ihm sal­ben und ver­sprach ihm Schutz nicht nur in sei­ner au­gen­blick­li­chen Not­la­ge, son­dern auch für künf­ti­ge Zei­ten. Ste­phan ver­lieh ihm den Ti­tel ei­nes Pa­tri­ci­us Ro­ma­norum, den der Kö­nig seit­dem führ­te. Auf sei­nem Wege nach Ita­li­en nahm Pi­pin sei­ne Frau und sei­nen Bru­der mit sich bis Vi­enne, wo er sie zu­rück­ließ, und wo Karl­mann im fol­gen­den Jah­re starb. Pi­pin be­la­ger­te Ai­stulf in sei­ner Haupt­stadt Pa­via und zwang ihn, auf Ra­ven­na und die so­ge­nann­te Pen­ta­po­lis, fünf Städ­te von Ri­mi­ni bis An­co­na, zu ver­zich­ten; als Ai­stulf bald dar­auf sei­nen An­griff auf das päpst­li­che Ge­biet er­neu­er­te, wie­der­hol­te er sei­nen Kriegs­zug mit Er­folg. Die Schlüs­sel der zu­rück­ero­ber­ten Städ­te, die den päpst­li­chen Du­kat aus­mach­ten, ließ Pi­pin am Gra­be des hei­li­gen Pe­trus nie­der­le­gen zu­gleich mit ei­ner Ur­kun­de, in wel­cher er sei­nem Ver­spre­chen ge­mäß die Schen­kung die­ses Ge­bie­tes an den Hei­li­gen Stuhl aus­sprach.

      Dies be­deu­tungs­vol­le Er­eig­nis fand zu der Zeit statt, als Bo­ni­fa­ti­us starb. Pi­pin nahm den Fa­den auf, den der An­gel­sach­se an­ge­spon­nen hat­te, so­dass nun staat­lich und kirch­lich das frän­ki­sche Reich in eine enge Ver­bin­dung mit Rom ein­ge­tre­ten war. Man kann nicht um­hin, sich vor­zu­stel­len, dass es auch an­ders hät­te kom­men kön­nen, da ja die Ent­wick­lung, die tat­säch­lich sich voll­zog, durch­aus nicht all­ge­mein ge­for­dert wur­de, son­dern, so­weit sie per­sön­lich be­dingt war, haupt­säch­lich nur von zwei her­vor­ra­gen­den Män­nern ge­tra­gen wur­de. Wenn die Lan­go­bar­den Ita­li­en zu ei­nem Reich zu­sam­men­ge­fasst hät­ten, wie an­ders wäre das Schick­sal Deutsch­lands, das Schick­sal Ita­li­ens, das Schick­sal Eu­ro­pas ge­wor­den. Man könn­te sich den­ken, dass schon da­mals ein Gleich­ge­wicht na­tio­na­ler Staa­ten sich hät­te her­aus­bil­den kön­nen; man könn­te ge­neigt sein, die Nie­der­la­ge der Lan­go­bar­den, ei­nes so reich­be­gab­ten ed­len ger­ma­ni­schen Stam­mes zu be­kla­gen. Das Lied vom Rö­mi­schen Wel­treich er­tön­te lau­ter als die Stim­men der ein­zel­nen Völ­ker, es er­füll­te das Abend­land. Und lässt man die Er­eig­nis­se und Ge­stal­ten des Mit­tel­al­ters an sich vor­über­zie­hen, so zwei­felt man nicht, dass die tat­säch­li­che Ent­wick­lung die­je­ni­ge war, die der Mensch­heit ge­ra­de durch das tra­gi­sche Ver­hält­nis zwi­schen Papst und Kai­ser, durch den über­mensch­li­chen Um­riss ih­rer Zie­le den reichs­ten Ge­halt an großen Ide­en und vor­bild­li­chen Ge­stal­ten ge­ben konn­te.

      Nach Pi­pins Tode, der wie sein Va­ter jung starb, sieg­te noch ein­mal der po­li­ti­sche Ge­dan­ke des Karl Mar­tell, näm­lich der An­schluss an die Lan­go­bar­den. Ber­tra­da reis­te selbst nach Ita­li­en; und wenn sie auch Rom nicht mied, wo sie an den hei­li­gen Stät­ten be­te­te, so war doch ihr haupt­säch­li­cher Zweck, die Ver­mäh­lung ih­res äl­tes­ten Soh­nes mit ei­ner Toch­ter des Lan­go­bar­den­kö­nigs De­si­de­ri­us zu be­trei­ben, die auch wirk­lich voll­zo­gen wur­de. Das fes­tig­te zu­gleich die Ver­bin­dung mit Bay­ern, da Thas­si­lo, der Her­zog von Bay­ern, mit ei­ner Schwes­ter der jun­gen Frau ver­hei­ra­tet war. Papst Ste­phan äu­ßer­te sei­nen Zorn über die­se Wen­dung in ei­nem Schrei­ben, das bald zäh­ne­flet­schend grim­mig, bald ölig mil­de den bom­bas­ti­schen Stil trägt, der in der Kanz­lei der Ku­rie üb­lich wur­de. Er be­zeich­ne­te die Ver­bin­dung Karls mit ei­ner Lan­go­bar­din als aus ei­ner Ein­flüs­te­rung des Teu­fels ent­stan­den, von der Nie­der­tracht selbst aus­ge­heckt, die Lan­go­bar­den als ein stin­ken­des, aus­sät­zi­ges, treu­lo­ses Volk, ja über­haupt nicht ein­mal Volk. Wahn­sinn sei es, wenn der edle Kö­nig des ruhm­vollen Fran­ken­lan­des sich durch eine sol­che Ver­bin­dung be­fle­cke. Zum Schluss droh­te er, wenn die Hei­rat trotz sei­ner Ab­mah­nung zu­stan­de käme, dem Schul­di­gen mit dem Bann­fluch, durch den er mit­samt den üb­ri­gen Gott­lo­sen dem Teu­fel und dem ewi­gen Feu­er zum Ver­bren­nen über­ant­wor­tet wer­den wür­de.

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