Deutsche Geschichte. Ricarda Huch

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Deutsche Geschichte - Ricarda Huch Sachbücher bei Null Papier

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Ge­dan­ke und den Ger­ma­nen nicht durch­aus fremd. Al­ler­dings wa­ren sie im All­ge­mei­nen zü­gel­los im Trin­ken und in der Frau­en­lie­be; sie be­durf­ten des Rau­sches. Den er­wähl­ten Frau­en ga­ben sie sich mit ei­ner fast kind­li­chen Ge­walt­sam­keit hin, und es kam zu er­bit­ter­ten Kämp­fen mit der Kir­che, wenn sie ein Lie­bes­ver­hält­nis we­gen zu na­her Ver­wandt­schaft zu lö­sen un­ter­nahm. An­de­rer­seits wur­de in der ger­ma­ni­schen My­tho­lo­gie Jung­fräu­lich­keit als Quell über­mensch­li­cher Kraft be­grif­fen, und im Ver­hal­ten zum Tode, den zu fürch­ten für den Frei­ge­bo­re­nen als Schan­de galt, lag Selb­st­über­win­dung. Karl der Gro­ße ver­ab­scheu­te Trun­ken­heit. Dass blo­ßes Sich­ge­hen­las­sen nichts Gro­ßes er­zeugt, wuss­te auch der heid­nische Deut­sche, und ge­ra­de weil der Freie kei­nen Zwang dul­det, muss­te er sich selbst zwin­gen. Ohne die­sen Selbstzwang gibt es kei­ne Ehre. Um an dem Kamp­fe des schaf­fen­den Got­tes ge­gen den zer­stö­ren­den Teu­fel teil­zu­neh­men, ström­ten Män­ner und Frau­en den Klös­tern zu.

      Im Sü­den Deutsch­lands hat­ten schon vor Bo­ni­fa­ti­us Klos­ter­grün­dun­gen statt­ge­fun­den, so­wohl in Fran­ken wie in Schwa­ben und Bay­ern. In Schwa­ben grün­de­ten iro­schot­ti­sche Mön­che Rei­chenau und Sankt Gal­len, im from­men Bay­ern be­tei­lig­ten sich die Bi­schö­fe, die ein­hei­mi­schen Her­zö­ge und ad­li­gen Pri­vat­per­so­nen. So etwa wie die ers­ten eu­ro­päi­schen An­sied­ler in den wil­den Wes­ten Ame­ri­kas ein­dran­gen, so zo­gen glau­bens­star­ke, aben­teu­er­lus­ti­ge Leu­te in klei­ne­ren und grö­ße­ren Grup­pen dem Sü­den und Os­ten zu, dran­gen in die al­ten rö­mi­schen Pro­vin­zen ein, wo längs der großen Stra­ßen noch Ro­ma­nen, ab­seits in den Flus­stä­lern Sla­wen wohn­ten. Auch ein­zel­ne freie Bau­ern sie­del­ten und ro­de­ten, der Name man­ches küh­nen Man­nes ist in den Na­men al­ter Ort­schaf­ten er­hal­ten; aber die Klös­ter hat­ten grö­ße­re Mit­tel zur Ver­fü­gung und er­ziel­ten dement­spre­chend grö­ße­re Er­geb­nis­se. Ge­wöhn­lich wur­de den Mön­chen ein Stück Kul­tur­land und ein Stück Öd­land ver­lie­hen, da­mit sie von den Er­träg­nis­sen des einen leb­ten, wäh­rend sie das an­de­re ur­bar mach­ten. Ver­las­se­ne Rui­nen aus der Rö­mer­zeit lie­fer­ten oft das Ma­te­ri­al für die klös­ter­li­chen Bau­ten; die Trüm­mer des al­ten Iu­va­vum er­mög­lich­ten, dass gleich das ers­te Salz­bur­ger Klos­ter aus Stein her­ge­stellt wer­den konn­te. Kam eine aus­wan­dern­de Ge­sell­schaft an der Stät­te an, die zur Er­rich­tung ei­nes Klos­ters oder der Fi­lia­le ei­nes Klos­ters ge­eig­net schi­en, so wur­de zum Zei­chen der Be­sitz­nah­me ein Kreuz auf­ge­stellt und dann eine Zel­le ge­baut, wo­von das häu­fi­ge Vor­kom­men des Wor­tes Zell im Orts­na­men Kun­de gibt. Sie wur­de un­ter den Schutz der hei­li­gen Mar­ga­re­te oder des hei­li­gen Ge­org, des Dra­chen­über­win­ders, ge­stellt, wenn man in be­nach­bar­ten Wäl­dern die wil­den Tie­re fürch­te­te; freund­li­che Auen weih­te man der Jung­frau Ma­ria. Die stren­ge Re­gel des Bo­ni­fa­ti­us, wo­nach die Mön­che alle Ar­beit selbst tun soll­ten, wur­de in Bay­ern nie durch­ge­führt; die schwe­re Ar­beit der Ko­lo­ni­sa­ti­on wur­de von hö­ri­gen Knech­ten ge­leis­tet.

      Passau, St. Flo­ri­an, Krems­müns­ter, Chiem­see, Staf­fel­see, Wes­so­brunn, Te­gern­see, Be­ne­dikt­be­u­ren, die bei­den letz­te­ren von zwei ad­li­gen Brü­der­paa­ren ge­stif­tet, wur­den in Bay­ern zu be­deu­ten­den Kul­tur­mit­tel­punk­ten, in Fran­ken Lorsch und Prüm, im El­saß Wei­ßen­burg, in Sach­sen Kor­vey und die be­rühm­ten Non­nen­k­lös­ter Gan­ders­heim, Qued­lin­burg und Nord­hau­sen. Die Schen­kun­gen, mit de­nen die Klös­ter über­häuft wur­den, mach­ten sie schnell au­ßer­or­dent­lich reich.

      In den Vor­rats­häu­sern und Stäl­len des Klos­ters Staf­fel­see be­fan­den sich im Jah­re 812: 1 Pferd, 26 Och­sen, 20 Kühe, 1 Stier, 51 Stück Klein­vieh, 5 Käl­ber, 87 Ham­mel, 14 Läm­mer, 17 Bö­cke, 58 Zie­gen, 12 Böck­chen, 40 Schwei­ne, 50 Frisch­lin­ge, 63 Gän­se, 50 jun­ge Hüh­ner, 17 Bie­nen­stö­cke, 20 Speck­schwar­ten, 40 Käse, 127 Fett- und Schmalz­töp­fe. Dazu ka­men noch Ho­nig, But­ter, Salz und Malz. In den Mäg­de­kam­mern span­nen und web­ten 24 Mäg­de und ver­fer­tig­ten aus Wol­le und Lei­nen Wä­sche und Klei­dungs­stücke. Das Land wur­de teils ver­pach­tet, teils vom Klos­ter selbst durch Hö­ri­ge be­wirt­schaf­tet, die teils mit dem Land zu­sam­men ge­schenkt wa­ren, teils sich mit oder ohne Land dem Klos­ter frei­wil­lig er­ga­ben. Trotz des da­ma­li­gen Über­flus­ses an Land und Leu­ten be­darf der Wett­ei­fer des Schen­kens, der im 9. und 10. Jahr­hun­dert das deut­sche Volk er­griff, der Er­klä­rung, und er er­klärt sich haupt­säch­lich durch die Ge­walt des Glau­bens. Moch­te im­mer­hin noch man­cher säch­si­sche Bau­er in ein­sa­men Hö­fen sich an sei­nen al­ten Ru­nen und Sprü­chen ge­nü­gen las­sen, der Adel und die be­gü­ter­ten Frei­en wa­ren gläu­bi­ge Chris­ten, über­zeugt, das Heil ih­rer See­le nur durch die Ver­mitt­lung des Paps­tes in Rom emp­fan­gen zu kön­nen.

      Wa­ren auch vie­le Wäl­der ge­lich­tet und vie­le Moo­re ent­wäs­sert, noch im­mer gab es ta­ge­rei­sen­weit Wild­nis in deut­schen Lan­den. Ta­ge­lang ging der jun­ge Bayer Sturm, als er einen Platz für das Klos­ter such­te, das Bo­ni­fa­ti­us grün­den woll­te, durch Wäl­der und flocht bei Nacht einen Zaun um sei­nen Esel, um ihn not­dürf­tig vor wil­den Tie­ren zu schüt­zen, und wenn es in den Zwei­gen ra­schel­te und knack­te, horch­te er ge­spannt, ob ein Mensch oder ein Wolf oder Luchs sich her­an­sch­li­che. An den Mün­dun­gen des Rheins, der We­ser und Elbe über­schwemm­te das Ge­wäs­ser oft weit­hin das Land, Sturm­flu­ten bran­de­ten über die noch nicht ein­ge­deich­ten An­sie­de­lun­gen und ris­sen sie in die Tie­fe. Im Herbst, im Win­ter und im Früh­ling, wenn die Wol­ken tief her­ab­hin­gen, der kal­te Wind heul­te und Schnee und Re­gen die Wege zu Mo­rast auf­weich­ten, moch­te dem Wan­de­rer, der zu Fuß oder zu Pfer­de ein ent­fern­tes Ziel zu er­rei­chen such­te, oft die Hand er­star­ren und das Herz er­be­ben. Nicht nur wil­de Tie­re, auch die wil­den Men­schen muss­te er fürch­ten, We­ge­la­ge­rer, Krie­ger, die zum Kamp­fe aus­zo­gen oder vom Kamp­fe zu­rück­kehr­ten und ih­ren Über­mut an je­dem Be­lie­bi­gen aus­tob­ten, Fein­de viel­leicht, die die Ge­le­gen­heit wahr­nah­men, einen al­ten Span aus­zu­tra­gen. Weit und breit kein Haus; die Dör­fer, durch die man etwa kam, be­stan­den aus dürf­ti­gen, stroh­ge­deck­ten Hüt­ten aus Lehm und Holz. Zu­wei­len kam man wohl an fes­ten, brei­ten Häu­sern frei­er Bau­ern oder an Guts­hö­fen vor­über, die Eschen und Ei­chen be­schirm­ten, an de­nen ein Quell vor­über­rie­sel­te, und die wohl­be­stell­te Äcker um­ga­ben. Städ­te gab es noch we­ni­ge au­ßer den al­ten Rö­mer­städ­ten am Rhein, Straß­burg, Ba­sel, Mainz, Köln, au­ßer Augs­burg am Lech und Re­gens­burg an der Do­nau, und auch dort öff­ne­ten sich dem Wan­de­rer zu Schutz und Her­ber­ge nur die Klös­ter, die es dort etwa gab.

      In­mit­ten des wol­ken­ver­han­ge­nen, wäl­der­rau­schen­den, waf­fenk­lir­ren­den Lan­des gab es Be­zir­ke, die der Frie­de Got­tes er­füll­te. Moch­te drau­ßen Krieg ra­sen, un­ter der täg­li­chen Fron der Land­ar­bei­ter seuf­zen, Ge­walt und Un­recht tri­um­phie­ren, im Klos­ter glüh­te die Flam­me ewi­ger An­be­tung, beug­ten sich im­mer Knie vor dem Herrn, rie­fen im­mer in­brüns­ti­ge Lip­pen den höchs­ten Na­men an, leg­ten Gott­ge­weih­te

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