Deutsche Geschichte. Ricarda Huch

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Deutsche Geschichte - Ricarda Huch Sachbücher bei Null Papier

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un­er­bitt­lich am Jüngs­ten Tage die Bö­sen von den Gu­ten son­dern. Wer den ge­weih­ten Raum be­trat, spür­te die Ge­gen­wart über­ir­di­scher Mäch­te. Die Kna­ben vor­neh­mer Ab­kunft, die hier von den El­tern Gott dar­ge­bracht wur­den, wuss­ten, dass sie be­stimmt wa­ren, Krie­ger des höchs­ten Kriegs­herrn zu wer­den, wenn sie auch kei­ne Rüs­tung tru­gen. Stolz, sprö­de, keck beug­ten sie sich doch der Zucht ih­rer Leh­rer und des Ab­tes, die nach der Re­gel streng und mil­de, brü­der­lich und kö­nig­lich sie re­gier­ten. Der Sehn­sucht des ger­ma­ni­schen Jüng­lings, ei­nem Füh­rer Ge­folg­schaft zu leis­ten, der im Kamp­fe vor­an­ging, konn­ten sie auch im Klos­ter Ge­nü­ge tun. Je nach ih­rer Be­ga­bung war ih­nen das Klos­ter Uni­ver­si­tät, Kunst­schu­le, Hand­wer­ker­schu­le, land­wirt­schaft­li­che Schu­le. Denn es war eine Welt im klei­nen, al­les, was ge­braucht wur­de, wur­de im Klos­ter an­ge­fer­tigt, das über den Ge­brauch hin­aus Er­zeug­te ging zum Ver­kauf hin­aus.

      Im Klos­ter­gar­ten wur­den Ro­sen, Ver­be­nen, Nel­ken und an­de­re Blu­men des schö­nen An­blicks und des Duf­tes we­gen ge­zo­gen, da­ne­ben Ge­mü­se, Kü­chen­kräu­ter und Pflan­zen, de­nen Heil­kraft zu­ge­schrie­ben wur­de: Lat­tich, Lauch, Erb­sen, Pe­ter­si­lie, Min­ze, La­ven­del und Thy­mi­an. Die rei­chen Klös­ter hat­ten aus­wär­ti­ge Be­sit­zun­gen, oft von weit­her wur­den dem Mut­ter­klos­ter Er­trä­ge zu­ge­führt. Das Klos­ter Rei­chenau be­zog aus ei­ge­nen Gü­tern in Ita­li­en Wein und Öl. Hohe Gäs­te pfleg­ten Schen­kun­gen an Wild oder Fisch oder Wein zu ma­chen, und der für die Gabe fest­ge­setz­te Tag wur­de zum Fest­tag. Ek­ke­hard IV. hat den Be­such ge­schil­dert, den der lie­bens­wür­di­ge Kö­nig Kon­rad I. im Jah­re 911 in Sankt Gal­len mach­te. Wäh­rend er in Kon­stanz die Weih­nacht fei­er­te, er­zähl­te ihm der Bi­schof Sa­lo­mon, der in Sankt Gal­len er­zo­gen war, von der Pro­zes­si­on, die an ei­nem der fol­gen­den Tage dort statt­fin­de, wor­auf der Kö­nig aus­rief: »Wä­ren wir dort! Und warum, mein Herz, ge­hen wir nicht mor­gen früh hin?« Fröh­lich fuh­ren sie zu Schiff den Rhein hin­auf und wur­den in Sankt Gal­len mit Hym­nen emp­fan­gen. Von den drei Freu­den­ta­gen, die der Kö­nig dort zu­brach­te, blieb der Tag der Un­schul­di­gen Kind­lein, der ein Tag be­son­de­rer Frei­heit für die Klos­ter­schü­ler war, al­len die liebs­te Erin­ne­rung. Der Kö­nig, of­fen­bar ein Kin­der­freund, ließ den klei­nen Bur­schen Obst hin­schüt­ten und staun­te, als nicht ei­ner sich rühr­te, um da­nach zu grei­fen, dann wie­der nahm er sie auf den Schoß und leg­te ih­nen Gold­mün­zen in den Mund und lob­te la­chend den einen, der das Gold voll Ab­scheu aus­spie. Er speis­te mit den Mön­chen, be­rei­cher­te das be­schei­de­ne Mahl durch au­ßer­ge­wöhn­li­che Zuta­ten, ver­brei­te­te fröh­lich plau­dernd ge­müt­li­che Stim­mung und sag­te spä­ter zum Bi­schof von Kon­stanz, das we­nigs­tens war die Über­lie­fe­rung des Klos­ters, er sei noch nie bei ei­nem Gast­mahl so hei­ter ge­we­sen. Auch in die Ge­bets­ver­brü­de­rung ließ er sich auf­neh­men, eine Ein­rich­tung, zu­fol­ge wel­cher Lai­en nach er­folg­ter Zu­stim­mung der Mön­che eine ge­wis­se Zu­ge­hö­rig­keit zum Klos­ter sich er­wer­ben konn­ten, so­dass die Mön­che sie in ihr Ge­bet ein­schlos­sen, und sie das recht hat­ten, vor­über­ge­hend im Klos­ter zu ver­wei­len, wo­von Fürs­ten und Ad­li­ge wohl am Ende ih­res Le­bens Ge­brauch mach­ten, um in ge­hei­lig­ten Räu­men zu ster­ben.

      In­des­sen, nicht da­durch al­lein soll­te das Klos­ter einen Ge­gen­satz zur Welt bil­den, dass es eine Stät­te des Frie­dens sei, wäh­rend drau­ßen Blut und Trä­nen ver­gos­sen wur­den: Lei­den und Ent­beh­rung soll­te der Grund­ton des mön­chi­schen Le­bens sein. Es soll­te ein frei­wil­lig über­nom­me­nes Lei­den sein zum Zei­chen der Nach­fol­ge Chris­ti; mit dem drei­fa­chen Ge­lüb­de der Ar­mut, der Keusch­heit und des Ge­hor­sams ver­zich­te­te des­halb der Mönch auf al­les, wor­aus der Mensch die Genüs­se zu schöp­fen pflegt, auf Be­sitz, auf Lie­be und Fa­mi­lie, auf den ei­ge­nen Wil­len. Im Klos­ter soll­te ein Grund­ge­dan­ke des Chris­ten­tums ver­wirk­licht wer­den: die Aus­schal­tung des Pri­vatei­gen­tums. Auch nicht ein Buch, nicht einen Grif­fel soll­te der Mönch zu ei­gen be­sit­zen, al­len soll­te al­les ge­mein­sam sein. Die meis­ten Kir­chen­vä­ter stimm­ten dar­in über­ein, dass der Ge­mein­be­sitz gut, von der Na­tur und von Gott ge­wollt sei, dass die Hab­sucht der Men­schen das Son­de­rei­gen­tum ein­ge­führt habe. Da­mit hing das Ge­bot der Ehe­lo­sig­keit zu­sam­men, denn in der Fa­mi­lie bil­det sich die Nei­gung aus, Ver­mö­gen zu er­wer­ben und den Kin­dern zu ver­er­ben, wo­durch es der Ge­mein­de ent­zo­gen wird. Dem ger­ma­ni­schen Bau­er, be­son­ders dem säch­si­schen, der gern al­lein auf sei­nem Hof saß, war die kirch­li­che Leh­re von der Gü­ter­ge­mein­schaft durch­aus ent­ge­gen­ge­setzt. Auch wur­de das stren­ge Ge­bot im Klos­ter oft durch­bro­chen, da es im­mer sol­che gab, die et­was Ei­ge­nes zu ver­heim­li­chen wuss­ten, wor­über es dann zu häss­li­chen Zan­ke­rei­en kam. Al­lein wenn auch Heu­che­lei und Schwä­che das Vor­le­ben des christ­li­chen Ge­dan­kens trü­ben und die Un­mög­lich­keit, ihn rein zu ver­wirk­li­chen, be­wei­sen moch­ten, er leuch­te­te doch von die­ser Stät­te in die von Hab­gier zer­ris­se­ne Welt, einen Ha­fen al­len de­nen öff­nend, die ihm die­nen woll­ten. Hier in die­sem ge­hei­lig­ten Be­zirk soll­te das Gold nur dem Schmuck des Al­tars die­nen, die wei­ßen Hän­de des Mönchs soll­ten sich nie um eine er­raff­te Mün­ze schlie­ßen, nur sich öff­nen, um sie dem Be­dürf­ti­gen aus­zu­tei­len. Das zur Er­hal­tung des Le­bens Not­wen­di­ge war da, gab es et­was dar­über hin­aus, wur­de es mit Dank ge­nos­sen, aber im All­ge­mei­nen soll­te die Leh­re der Kir­chen­vä­ter gel­ten: wer et­was Über­flüs­si­ges hat, ent­zieht es dem Ar­men. Die Be­ga­bung soll­te in­ner­halb der Ge­mein­schaft zwar an­er­kannt und ge­pflegt wer­den und sich ent­fal­ten, aber kei­nen Vor­zug der Ehre oder der Ein­künf­te zur Fol­ge ha­ben. Alle stan­den un­ter glei­chem Ge­setz, wohn­ten gleich, nähr­ten und klei­de­ten sich gleich, ein­zig die Per­sön­lich­keit, de­ren Wur­zel sich mensch­li­chem Ein­griff ent­zieht, gött­li­che Prä­gung, die kein ir­di­scher De­spot ver­wi­schen kann, mach­te sich durch grö­ße­res Lie­ben und Ge­liebt­wer­den gel­tend, trotz al­ler Be­stim­mun­gen, die auch die Freun­des­lie­be ge­gen­über der Nächs­ten­lie­be be­schrän­ken soll­ten. So­weit es mensch­li­che Lei­den­schaft und mensch­li­che Schwä­che zu­las­sen, wur­de hier christ­li­che Brü­der­lich­keit ver­wirk­licht.

      Nicht im­mer er­tru­gen die jun­gen Män­ner die Ver­ge­wal­ti­gung, die ih­rer Na­tur durch das Mönch­tum an­ge­tan wur­de, gut­wil­lig. Oft wa­ren es sol­che, die schon als Kin­der durch Kränk­lich­keit, Zart­heit, Nei­gung zum be­schau­li­chen Le­ben, geis­ti­ge Be­ga­bung für die klös­ter­li­che Lauf­bahn vor­be­stimmt schie­nen; war das nicht der Fall, so muss­ten die ad­li­gen Kna­ben, de­ren Vä­ter und Brü­der das Schwert führ­ten, sich im Krie­ge aus­zeich­ne­ten, Aben­teu­er er­leb­ten, hart mit sich rin­gen, bis sie in­ne­ren Frie­den fan­den oder we­nigs­tens sich zu fü­gen lern­ten. Zwi­schen den Klos­ter­mau­ern ver­sieg­te man­che Trä­ne des Zorns, ver­hall­te man­cher Fluch der Verzweif­lung. Nur zu­fäl­lig ist uns das Schick­sal des jun­gen Gra­fen­soh­nes Wolo über­lie­fert, der, um von fer­ne die blau­en Ber­ge zu se­hen, dem Ver­bo­te trot­zend einen Turm be­stieg, stürz­te und das Ge­nick brach, im Ster­ben wohl das Ge­schick seg­nend, das ihn be­frei­te. Un­se­li­ger en­de­te der säch­si­sche Gra­fen­sohn Gott­schalk, der auf ei­nem Kon­zil in Mainz

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