Pinien sind stumme Zeugen. Will Berthold

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Pinien sind stumme Zeugen - Will Berthold

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dabei hätte sie über ihre Cosa-Nostra-Ableger in den USA eine einmalige Vertriebs-Möglichkeit. Ich will es kurz machen, Gentlemen«, faßt Partaker noch einmal zusammen. »Die Wahrscheinlichkeiten drei und vier wären bedenkenlose Schatzfinder oder auch die untergetauchten Nazis, die jetzt, da man ihnen nicht mehr so auf die Finger sieht, ihre Schäfchen aus dem trockenen hervorholen. Welche Personengruppe die Falsifikate verbreitet, kann ich nicht sagen, aber absolut sicher bin ich, daß es sich bei den Dollarblüten um sogenannte Himmler-Noten handelt.«

      »Aber wir hatten doch in dieser Sache ermittelt«, wirft Präsident Truman ein, der nicht mehr erschöpft wirkt. »Wie weit reichen die Fakten, und wo beginnen die Vermutungen?«

      »Die Endstation des Fälschertrupps war das Ausseer Land in Österreich. Nachweisbar wurden einige Lastwagenfuhren mit Falschgeld, Klischees und anderen Unterlagen in den stillen Toplitzsee gekippt, ein verwunschenes Binnengewässer von zwei Kilometern Länge und 450 Metern Breite. Die Tiefe, die dieses Strandgut birgt, ist ungewöhnlich und reicht bis 106 Meter hinab. Der örtliche CIC-Resident rief Spezialisten zu Hilfe; sie bildeten eine Sonderkommission, die monatelang und mit allen möglichen Mitteln Hitlers Schlammeimer entleerte. Man stieß dabei nur auf riesige Mengen gefälschter Pfundnoten, aber auf keine einzige Dollarblüte und konnte ausschließen, daß solche während des Krieges noch vertrieben wurden.«

      »Und danach?«

      »Das wissen die Götter, wenn sie’s wissen.«

      »Wer ist für diesen Pfusch verantwortlich?« fragt der Hausherr zornig.

      »Die Untersuchungen leitete ClC-Captain Steel ein, fachlich ein hervorragender Mann.«

      »Er ist wirklich ein Experte«, schaltet sich Edgar Hoover ein. »Steel war vor der Einberufung zur Armee beim FBI als Falschgeldspezialist tätig. Wir schickten ihm auf seinen Wunsch für seine Sonderkommission zwei Spezialisten als Verstärkung – einer davon war Mr. Ginty.«

      »Und warum ist dann nicht mehr herausgekommen?«

      »Weil die Sonderkommission gegen mehrfachen und heftigen Protest von Captain Steel aufgelöst wurde und alle Tauchversuche im Toplitzsee – auf seinem Grund vermutete man die Dollar-Klischees – abgebrochen werden mußten.«

      »Das war wohl ein gottverdammter Nonsense – inzwischen haben sie wahrscheinlich andere gehoben.«

      »Mag sein, Mister President«, erwidert Partaker, »aber das Militär denkt ja mitunter in schlichteren Kategorien.«

      Einigen Teilnehmern der Geheimbesprechung war anzusehen, daß sie über die provokanten Worte des CIA-Vice in Weißglut gerieten; andere grinsten schadenfroh hinter vorgehaltener Hand. Bevor die Meinungen aufeinanderprallten, resümierte Amerikas Nummer eins:

      »Wenn ich Sie recht verstanden habe, Mr. Partaker, dann kennen Sie die Quelle dieser Fälschungen, nicht jedoch die Leute, die sie angezapft haben.« Truman wartete die Bestätigung nicht erst ab. »Es kann sich bei ihnen um vorsätzliche Betrüger handeln«, fuhr er fort, »um unehrliche Finder oder um politische Attentäter. Es können Deutsche sein oder Russen, Italiener oder aber auch Gangster, die sich zu einem internationalen Syndikat zusammengeschlossen haben …«

      »Richtig, Mister President«, entgegnet der CIA-Vice.

      »Unter diesen Umständen wird uns wohl nichts anderes übrigbleiben, als da wieder zu beginnen, wo wir damals dummerweise aufgehört haben.«

      »That’s right, Mister President.«

      »Gut. Ich denke, daß Sie und Craig Ginty genau die richtigen Leute sind, um die Ermittlungen zu führen. Blitzschnell bitte und unter absoluter Geheimhaltung. Ich lasse Ihnen freie Hand bei Ihrer Investigation. Sie unterstehen mir direkt. Sie erhalten Geldmittel in unbeschränkter Menge, die Sie freilich später abrechnen müssen. Alle Geheimakten sind Ihnen in dieser Sache zugänglich zu machen.«

      »Einverstanden«, sagen nacheinander Edgar Hoover und CIA-Direktor Hellenkoeter.

      »Noch etwas?«

      »Ja, Mister President. Es könnte notwendig werden, Vorschriften, vielleicht sogar Gesetze zu umgehen«, erwidert Partaker.

      »Tun Sie, was Sie wollen«, erwidert Harry S. Truman erregt, »nur erledigen Sie den Fall, bevor er sich zur Katastrophe ausweitet.« Er nickt den Anwesenden zu. »Ich werde jeden von Ihnen decken, der bei der Verfolgung dieses Verbrechens in den Verdacht gerät, zu weit gegangen zu sein.«

      Als sich die Versammelten trennen, bedauert Partaker, der eigentlich lieber den Fachmann Dewey auf dem Präsidentenstuhl sähe, daß die Tage des Pragmatikers aus dem Mittelwesten offensichtlich gezählt sind. Fast drei Viertel aller Kommentatoren sprechen bereits von Dewey als dem neuen Präsidenten, und ›Life‹ hat bereits mit dem Andruck des Umschlags begonnen, von dessen Frontseite der republikanische Gegenkandidat – und Gouverneur von New York – als Sieger lächelt.

      Robert S. Steel steht am Fenster seines Apartments im ›Plaza‹-Hotel, das dem Central Park schräg gegenüber liegt. In der ersten Abenddämmerung ziehen die Menschen paarweise in Manhattans riesige Lunge wie in die Arche Noah, je zwei von jeder Tiergattung auf der Flucht vor der großen Sintflut. Er beobachtet, wie sie stehenbleiben, sich umarmen, einander küssen und dann beim Weitergehen Liebesschwüre ablegen, die sie am nächsten Morgen vielleicht schon vergessen haben.

      Seine Müdigkeit ist auf einmal wie weggeblasen. Er schilt sich einen Toren, er bräuchte nur über den Gang zu Mrs. Gipsy Sandler zu gehen, um eine möglicherweise offene Zimmertüre einzurennen; aber als Routinier weiß er nur zu gut, daß ein Mann bei einer Frau, die er gerade kennengelernt hat, durch scheinbare Zurückhaltung am raschesten vorankommt. Jedenfalls brachten das dem bisherigen CIC-Captain Verstand und Erfahrung bei; doch wenn sich Adams verdammter Trieb rührt, wird sein Epigone leicht zum Amokläufer.

      Steel bekämpft reizvolle Impressionen um die schwarze Madonna unter der Dusche. Das macht ihn nur noch munterer, die Versuchung läßt sich nicht wegschwemmen. Vorübergehend spürt er die Zeitverschiebung überhaupt nicht mehr. Dann denkt er wieder geordneter, auf einmal fällt ihm ein, daß zwölf ›Madisons‹-Dollar-Noten à fünftausend Greenbacks im Hotelsafe besser aufgehoben sind als unter seinem Kopfkissen. Er zieht sich an, geht nach unten, mietet ein Schließfach im Tresorraum, bringt im Metallbehältnis einen dicken braunen Umschlag unter.

      Dann betritt er die Bar, um doch noch einen Schlummertrunk zu nehmen. Aus einem werden drei; dabei kommt Steel, wie er meint, die splendide Idee: Am hoteleigenen Blumenstand erwirbt er einen riesigen Strauß dunkelroter Baccaras. Er wird ihn vor die Tür legen, die Werbedame anrufen und sie bitten, die Rosen in eine Vase zu stecken. Vielleicht gibt ihm dabei das Telefongespräch eine Chance, schon heute zu erreichen, worauf er sich sonst bis morgen – oder vielleicht sogar bis übermorgen – gedulden müßte. Wenn er erst einmal einen Brückenkopf besitzt, fällt rasch die ganze Festung.

      Der Ex-Captain fährt mit dem Lift zur dritten Etage hinauf, geht den langen Gang entlang auf der Suche nach dem Zimmer Nummer 331. Kurz bevor er das Ziel erreicht, öffnet sich die Tür, aber nicht die Madonna in Schwarz kommt heraus, sondern ein etwa vierzigjähriger Mann, mittelgroß und mittelgrau, so in Eile, daß er achtlos an dem Rosenkavalier vorbeihastet.

      Im ersten Zorn möchte der Heimkehrer sich die Baccaras um die Ohren schlagen. Dann macht er sich klar, daß der Mann gegangen und nicht gekommen ist. Er deponiert den Strauß vor Zimmer 331, geht vier Türen zurück in sein eigenes Apartment und ruft seinen Reiseflirt an: »I dislike to disturb you, Gipsy«, beginnt er vorsichtig. »Aber ich möchte verhindern, daß die Rosen vor Ihrer Tür

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