Märchen für Kinder. Hans Christian Andersen
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„Ich möchte sie wohl sehen!“ dachte der Soldat, aber dazu bekam er ja keine Erlaubnis.
Nun lebte er lustig in den Tag hinein. Da er aber jeden Tag nur Geld ausgab und nie etwas einnahm, so hatte er zuletzt nur noch zwei Pfennig übrig, und mußte aus den prächtigen Zimmern, die er bisher bewohnt hatte, in ein gar ärmliches Stübchen unterm Dache ziehen, mußte sich seine Stiefeln selbst bürsten und mit einer Stopfnadel zusammennähen und keiner seiner Freunde kam zu ihm, weil man so viele Treppen zu ihm hinaufzusteigen hatte.
Es war ein ganz dunkler Abend, und er konnte sich nicht einmal ein Licht kaufen; da erinnerte er sich plötzlich, daß sich noch ein Lichtstumpf in dem Feuerzeuge befinden müßte, welches er aus dem hohlen Baume mitgenommen hatte.
Er holte das Feuerzeug, aber als er Feuer schlug, sprang die Thüre auf und der Hund mit den
Nun wußte der Soldat, was das für ein prächtiges Feuerzeug war! Schlug er einmal, so kam der Hund, welcher auf der Kiste mit dem Kupfergeld saß; schlug er zweimal, so kam der, welcher das Silbergeld hatte, und schlug er dreimal, so kam der, welcher das Gold hatte.
Da dachte er auch sogleich an die Prinzessin: „Es ist doch kurios, daß man sie nicht zu sehen bekommt! Sie soll so schön sein, behauptet jeder, aber was kann ihr das nützen, wenn sie immer in dem großen Kupferschlosse sitzen muß. Kann ich sie denn gar nicht zu sehen bekommen? — Halt! — Mein Feuerzeug!“ Nun schlug er Feuer, und — wips — kam der Hund mit Augen so groß wie Gänseeier.
„Es ist zwar mitten in der Nacht,“ sagte der Soldat, „aber ich möchte doch gar zu gern die Prinzessin sehen, nur einen kleinen Augenblick! Willst du sie mir verschaffen?“
Der Hund war gleich aus der Thüre, und ehe es der Soldat dachte, sah er ihn schon mit der Prinzessin wieder. Sie saß und schlief auf des Hundes Rücken und war so schön, daß man sehen konnte, daß es eine wirkliche Prinzessin war. Der Soldat war ganz überglücklich und konnte sich nicht enthalten, sie zu küssen. Gleich darauf lief der Hund mit der Prinzessin wieder zurück.
Am andern Morgen zog der Soldat wieder in die prächtigen Zimmer hinunter, zeigte sich in guten Kleidern und da erkannten ihn alle seine guten Freunde wieder und hielten natürlich große Stücke auf ihn.
Zu gleicher Zeit, als der König und die Königin beim Frühstück saßen, sagte die Prinzessin, sie hätte in der Nacht einen ganz wunderlichen Traum von einem Hunde und einem Soldaten gehabt. Sie wäre auf dem Hunde geritten und der Soldat hätte sie geküßt.
„Das wäre eine schöne Geschichte!“ sagte die Königin.
Nun sollte eine der alten Hofdamen in der nächsten Nacht am Bette der Prinzessin wachen, um zu sehen, ob es ein wirklicher Traum wäre, oder was es sonst sein könnte.
In der Nacht kam auch richtig der Hund, nahm die schöne Prinzessin und lief, was er nur laufen konnte, allein die alte Hofdame zog Wasserstiefel an und lief ebenso schnell hinterher. Als sie nun sah, daß sie in einem großen Hause verschwanden, dachte sie: „Nun weiß ich, wo es ist!“ und zeichnete mit einem Stück Kreide ein großes Kreuz an die Thüre. Darauf ging sie heim
Früh Morgens kam der König und die Königin, die alte Hofdame und alle Offiziere, um zu sehen, wo die Prinzessin gewesen war.
„Da ist es!“ sagte der König, als er die erste mit einem Kreuze bezeichnete Thüre erblickte.
„Nein, dort ist es!“ sagte die Königin, als sie die zweite Thüre mit dem Kreuzzeichen bemerkte.
„Aber da ist eins und dort ist eins!“ riefen sie sämtlich; wohin sie sahen, waren Kreuze an den Thüren. Da sahen sie denn wohl ein, daß alles Suchen vergeblich wäre.
Aber die Königin war eine außerordentlich kluge Frau. Sie nähte einen kleinen Beutel, den füllte sie mit feiner Buchweizengrütze, band ihn der Prinzessin auf den Rücken und schnitt darauf ein kleines Loch in den Beutel, so daß die Grütze den ganzen Weg, den die Prinzessin passierte, bestreuen konnte.
Nachts kam der Hund wieder, nahm die Prinzessin auf seinen Rücken und lief mit ihr zu dem Soldaten, der so gern ein Prinz gewesen wäre, um sie heimführen zu können.
Der Hund merkte durchaus nicht, wie die Grütze über den ganzen Weg vom Schlosse bis zu dem Fenster, wo er mit der Prinzessin die Mauer hinauflief, verstreut wurde. Nun sahen es des Morgens der König und die Königin deutlich, wo ihre Tochter des Nachts gewesen war, und da machten sie kurzen Prozeß mit dem Soldaten und warfen ihn ins Gefängnis.
Ach, wie finster und langweilig war es darin! Auch sagte man ihm: „Morgen wirst du gehängt werden!“ Das war just nicht vergnüglich zu hören, und dazu hatte er sein Feuerzeug daheim im Wirtshause gelassen. Am Morgen konnte er durch das Eisengitter vor seinem kleinen Fenster sehen, wie das Volk aus der Stadt herbeieilte, ihn hängen zu sehen. Er hörte die Trommeln und sah die Soldaten marschieren. Alle Leute waren auf den Beinen; dabei war auch ein Schusterjunge mit Schurzfell und Pantoffeln; er galoppierte so eilig, daß ihm ein Pantoffel abflog und gerade gegen die Mauer, hinter welcher der Soldat saß und durch das Eisengitter hinausschaute.
„Hör einmal, Schusterjunge! Du brauchst dich nicht so zu beeilen,“ sagte der Soldat zu ihm, „es wird doch nichts daraus, bevor ich komme. Willst du aber in meine frühere Wohnung laufen und mir mein Feuerzeug holen, so sollst du vier Groschen bekommen. Aber lauf und nimm die Beine in die Hand!“ Der Schusterjunge wollte gern das Geld haben und eilte pfeilgeschwind nach dem Feuerzeuge, gab es dem Soldaten und — — ja nun werden wir es zu hören bekommen.
Außerhalb der Stadt war ein großer Galgen aufgemauert, ringsum standen die Soldaten und viele hunderttausend Menschen. Der König und die Königin saßen auf einem prächtigen Throne, den Richtern und dem ganzen Rate gerade gegenüber.
ihn doch noch eine Pfeife Tabak rauchen lassen.
Das wollte ihm nun der König nicht abschlagen, und so nahm der Soldat sein Feuerzeug und schlug Feuer, ein, zwei, dreimal. Siehe! da standen alle Hunde da, der mit Augen so groß wie Gänseeier, der mit den Augen wie Mühlräder, und der, welcher Augen hatte so groß wie ein runder Turm.
„Helft mir, daß ich nicht gehängt werde!“ sagte der Soldat, und da stürzten sich die Hunde auf die Richter und den ganzen Rat, ergriffen den einen bei den Beinen, den andern bei der Nase und warfen sie viele Klaftern hoch in die Luft, so daß sie beim Niederfallen in Granatstücke zerschlagen wurden.
„Ich will nicht!“ sagte der König, aber der größte Hund nahm sowohl ihn wie die Königin und warf sie allen anderen nach. Da erschraken die Soldaten und alles Volk schrie: „Lieber Soldat, du sollst unser König sein und die schöne Prinzessin haben!“
Darauf setzte man den Soldaten in des Königs Carosse, und alle drei Hunde tanzten voran und riefen: „Hurrah!“ und die Jungen pfiffen auf den Fingern und die Soldaten präsentierten. Die Prinzessin kam aus dem kupfernen Schlosse heraus und wurde Königin und das gefiel ihr gar wohl. Die Hochzeit währte acht Tage und die drei Hunde saßen mit an der Hochzeitstafel und machten große Augen.