Wie wir Jesus trafen und beinahe im Gefängnis übernachtet hätten. Andreas Neumann
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Das Einchecken ohne Bordgepäck war sehr angenehm, ebenso der Flug. Schwierig wurde es erst wieder, als wir am Airport in Porto Tickets für die Metro kaufen mussten, um vom Flughafen nach Porto zu gelangen. Es gab sechs unterschiedliche Automaten, aber nicht bauartbedingt, sondern rein bezahltechnisch. Das wussten wir aber zu dem Zeitpunkt unserer Ankunft noch nicht. Der erste Versuch nach etwa fünf Minuten Wartezeit schlug fehl, da lediglich Kartenzahlung akzeptiert wurde. Aber nicht mit Kreditkarte, sondern mit so etwas wie einer Geldkarte, die man vorher aufladen musste. Beim zweiten Versuch warteten wir zehn Minuten, um dann festzustellen, dass nur Kleingeld angenommen wurde. Bravo!
Wir standen nun etwas hilflos herum und die eigens für die Betreuung der Automatenkunden abgestellte Mitarbeiterin der Metro konnte nur eine Sprache: Portugiesisch. Ja gut, wir waren in Portugal, aber es flogen nicht nur Portugiesen von und nach Porto. Bei einer Gruppe von Asiaten versuchte ich es auf Englisch und bekam dann in lupenreinem Deutsch mit badischem Dialekt die Antwort. Sachen gibt’s. Der junge Mann studierte in Baden Württemberg. Danach stellten wir uns am richtigen Automaten an, zogen unsere Tickets und machten uns auf den Weg zum Bahnsteig.
Leider war unsere Metro nun weg – nächste Abfahrt in vierzig Minuten. Das konnte ich nicht glauben. Okay, dass bei uns zu Hause in ländlicher Umgebung der Bus nur alle sechzig Minuten fährt, verstand ich. Aber hier am internationalen Flughafen Aeroporto Francisco sa Carneiro?
Doch warum störte mich das eigentlich? Ich hatte doch kein Vorstellungsgespräch, zu dem ich pünktlich erscheinen musste. Ich wollte entschleunigen. Warum ging ich sonst zu Fuß? Ich glaube, das war an diesem Tag eine wichtige erste Lektion. Wir fanden auch vierzig Minuten später unser Hotel 100 Contos noch.
Doch leider war alles verriegelt. Zum Glück gab es auch hier freundliche Nachbarn, die dumme Pilger nicht einfach so vor verschlossenen Türen stehen ließen. Und nach einem Hinweis checkte ich meine E-Mails und fand tatsächlich eine Nachricht vom Inhaber des Hotels – und darin war ein Code enthalten, den man nur an der Tastatur an der Eingangstür eingeben musste. Ich schaffte es trotz mehrerer Versuchen nicht, das Portal zu öffnen. Irgendetwas machte ich falsch. Melina bekam die Tür dann beim ersten Versuch auf.
Das Zimmer war einfach, aber sauber und, das war mir an diesem Nachmittag noch nicht klar, im Vergleich zu den noch folgenden Unterkünften in den nächsten zwölf Tagen der reinste Luxus. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es 18:15 Uhr war. Um 19:00 Uhr schloss die Kathedrale. Jetzt aber los, denn wir brauchten heute noch den Stempel, weil wir morgen früh loswollten. Eine wilde Suche durch die Innenstadt von Porto begann. Zum Glück kannte sich Melina mit der Navigationsapp besser aus als ich. Irgendwie erinnerte mich unsere Suche nach der Kathedrale unter Zeitdruck an eine Unterhaltungsshow von früher mit Günther Jauch als Außenreporter, die sich Rätselflug nannte. Die Innenstadt von Porto hatte es in sich – es ging bergauf und bergab. Immer wieder sahen wir hier und da mal die tollen Sehenswürdigkeiten, wie die historischen Straßenbahnen, die Porto zu bieten hat.
Als wir die Kirche um 18:50 Uhr erreichten, war ich fix und fertig und nassgeschwitzt. Der erste Härtetest für das Merinoshirt. Wir stellten uns im Touristenbüro für einen Stempel an, um dann im Gespräch mit der Mitarbeiterin zu erfahren, dass es den eigentlichen Stempel nur in der Kathedrale selbst gab.
Gerade noch kurz vor – sprichwörtlich – Toresschluss schafften wir es in die Kirche und bekamen mit einem nicht gerade freundlichen Blick als letzte Besucher den heiß ersehnten ersten Abdruck in unseren Pilgerpass. Alle weiteren Besucher wurden an der Pforte freundlich, aber bestimmt abgewiesen und auf den nächsten Tag vertröstet. Glück gehabt.
Als Belohnung gab es ein Abendessen im Restaurant DeGema. Beim Betreten des Restaurants roch es herrlich nach gebratenem Fleisch. Die bestellten Burger waren saftig und die besten, die wir bis dato gegessen hatten. Dazu ein leckeres Super Bock vom Fass und als Nachtisch ein Eis. Vergessen waren die ersten Strapazen des Tages und ein wohliges Gefühl stellte sich ein. Ich merkte, wie ich in den Entspannungsmodus wechselte. Sehr schön.
Auf dem Heimweg zum Hotel, diesmal in aller Ruhe, sahen wir uns noch kurz die Vorstellung einer Tanzschule im Rahmen ihres Unterrichtes auf einem öffentlichen Platz an. Sehr beeindruckend, wie diese Schüler den Tango beherrschten.
Wieder im Hotel angekommen, war an Schlaf nicht zu denken. Direkt auf der Straßenseite gegenüber saß eine ältere Frau mit ihren Einkaufstüten auf dem Gehweg und führte Selbstgespräche. Und zwar in der aus unserer Sicht für Südländer typischen Weise. Voller Emotionen und lautstark stritt sie sich mit ihrem imaginären Gegenüber.
Ich hätte gerne gewusst, was sie ihm oder ihr an den Kopf warf. Nach einer Stunde war der Spuk vorbei und wir konnten endlich die Augen zu machen. Die Frau war von alleine weitergezogen. Nicht ein Nachbar hatte sich bei ihr wegen des Lärms, den sie zu später Stunde verursacht hatte, beschwert. In Deutschland wäre mindestens schon zweimal die Polizei vor Ort gewesen. Mein vollster Respekt gehört den geduldigen und hilfsbereiten Nachbarn der Rua De Miguel Bombarda 100.
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Von Porto nach Vila do Conde
Montag, 3. Juli 2017
morgens: Sonne mittags: Sonne abends: Sonne
Herberge Santa Clara 15 € – Essen 20 €
Es ging früh am Morgen los. Hier muss ich anführen, dass es nicht notwendig war, morgens um 4:00 Uhr aufzustehen und alle anderen Pilger mit diesem übertriebenen Aktionismus zu wecken. Man sollte so planen, dass es gut möglich ist, das Tagesziel zwischen 15:00 und 17:00 Uhr zu erreichen.
Wir starteten an diesem Morgen um 7:15 Uhr vom Hotel zur Metrostation Lapa, an der wir am Tag zuvor angekommen waren. Als Erstes mussten natürlich wieder Tickets besorgt werden. Gut, dass ich mich nun nach den ganzen Fehlversuchen am Flughafen auskannte, denn unsere S-Bahn nach Matosinhos sollte in zwei Minuten ankommen. Am Automaten wählte ich alles aus, nun musste nur noch bezahlt werden. Aber was war das? Mein Fünfeuroschein passte nicht in den Schlitz für das Kleingeld. Warum auch? Aber da, wo das Papiergeld eigentlich reingezogen wurde, versperrte eine schwarze, fest verschraubte Metallplatte den Zugang. Ein Blick auf die andere Seite der Station brachte neue Hoffnung. Dort stand der gleiche Automat wie auf meiner Seite, aber ohne die geheimnisvolle Platte, die die Papiergeldzahlung verhinderte.
Leider schaffte ich es in den verbleibenden neunzig Sekunden nicht rechtzeitig, die Fahrscheine zu lösen. Wäre auch zu schön gewesen. Ich stellte mich also innerlich, aufgrund der Erfahrung vom Vortag, auf vierzig Minuten Wartezeit bis zur nächsten Tram ein. Aber an diesem Werktag kamen die Züge alle fünfzehn Minuten. Sehr schön.
Wir verließen nach einem Umstieg an der Station Senhora da Hora die Bahn in Mercado und überquerten dann mithilfe des gelben Pilgerführers und der ersten gelben Pfeile die Brücke vor dem Hafen und fanden recht schnell den Weg zum Strand.
Jetzt konnte das Pilgern endlich richtig losgehen. Nach etwa tausend Metern war allerdings schon wieder Schluss. Wir erreichten einen Supermarkt und da wir noch nichts gegessen hatten, wurde