Ich bin Matteo Salvini. Chiara Giannini

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Ich bin Matteo Salvini - Chiara Giannini

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ich für die Tageszeitung Libero schrieb. Damals hatte ich in den sozialen Medien ein wenig Dampf abgelassen – und er hatte den Beitrag geteilt und ihn so zu seinem Posting gemacht. Ich hatte von den Ausgrenzungen berichtet, die ich durch gewisse Politiker während der Regierung Renzi erlebte, den Schwierigkeiten, denen sich eine prekär beschäftigte Journalistin gegenüber sieht und davon, daß ich an Salvinis Seite auf die Straße gehen wollte, um einfach »Basta!« zu der verfehlten Politik derer zu sagen, die in meinen Augen völlige Fehlbesetzungen für die Spitzenposten des Parlaments waren. Er hatte den Post auf seiner Facebook-Seite verlinkt, die damals fast eine Million follower zählte, und so fand ich mich zwischen Tausenden seiner Fans wieder, die mir schrieben und Komplimente aller Art machten. »Ein Mädchen zum Umarmen«, hatte Salvini unter den Post geschrieben, was er dann auch wahrmachte, als er mich einige Wochen später bei einem von der Lega organisierten Mittagessen in der Toskana traf. Ich war als Journalistin dort, um ein Interview mit ihm zu führen, begleitet hatte mich damals Susanna Ceccardi, die heutige Europaabgeordnete der Lega, bekannt für ihre roten Haare. Er umarmte mich und sagte »Brava«. Mir fiel sofort seine lockere Art auf, wie er mit allen sprach, seine Spontanität in jeder Situation. Einmal telefonierte ich mit meiner Tante. Er sagte: »Gib sie mir mal, ich will sie grüßen, auch wenn ich sie nicht kenne.« Und dann sprach er einfach mit ihr. So ist er eben. Matteo Salvini agiert wirklich so spontan. Er hat sich mit der Zeit nicht verändert, auch wenn die dienstlichen Verpflichtungen ihm viel Raum für sich selbst und für seine Vorlieben verbaut haben. Aber er glaubt an das, was er tut, an das, was er sagt, an das, was ihm wichtig ist, um seine Ziele zu erreichen.

      »Buongiorno Chiara«, ruft er mir zu, während er aufsteht, um mich zu begrüßen. »Come stai?« Nach den Förmlichkeiten setzen wir uns. »Lust auf einen Kaffee bevor es losgeht?«, fragt er. »Klar«, antworte ich. Wäre zwar schon der dritte heute, aber egal. Kurz darauf erscheint auch schon ein Angestellter mit einem Tablett. Matteo nimmt reichlich Zucker. »Dolce«, sagt er lachend. »Das Leben als Minister ist schon bitter genug.« Er trinkt den Espresso in drei Schlucken, aber dann bemerke ich, wie er kurz zögert.

      Zigarette – ja oder nein?

      Keine Zigarette.

      »Hast’ also aufgehört?«, frage ich ihn.

      »Seit dem 30. März rühr’ ich keine mehr an! Vielleicht klappt’s ja dieses Mal …«

      Ich möchte ihm erzählen, daß ich den Krebs gebraucht habe, um endlich aufzuhören,16 aber ich lasse es bleiben. Ein bißchen aus Zurückhaltung, ein bißchen wegen der Umstände. Gewiß aber nicht aus Scham. Ich weiß, er würde mich verstehen, spräche ich es an. Ich erinnere mich, wie er zum Beispiel Nadia Toffa auf Instagram Mut gemacht hat. Das war eine schöne Geste.17

      Es ist notwendig, Mut zu machen, nicht nur denen, die jeden Tag gegen den Krebs ankämpfen, sondern auch jenen, die einen betroffenen Familienangehörigen, Partner oder Freund haben. Denn man kämpft vor allem gegen seine blöde Scham, was dazu führt, daß man sein tatsächliches Befinden verbirgt, unaufrichtige Phrasen verwendet und sich schließlich selbst die Schuld gibt. Doch wo nichts zu verbergen ist, gibt es auch keinen Grund, sich zu schämen. Im Gegenteil.

      Ich bin so vertieft in diese Gedanken, daß ich gar nicht mitbekomme, was er sagt. Er ist noch bei den Zigaretten und gesteht:

      »Eine Weile höre ich auf, dann fange ich wieder an, höre auf, fange wieder an. Ich weiß, es ist ein idiotisches Laster. Aber es ist schwer, nicht rückfällig zu werden … Manchmal sage ich mir: ›Matteo, warum nimmst du nicht einen Bruchteil von der Willenskraft, mit der du die Häfen dicht machst, um auch deinen Mund für die Zigaretten zu verschließen?!‹ Aber da bin ich wohl ein bißchen wie die Pferde …«

      »Wie die Pferde?«

      »Ja, Pferde haben oft den Mut und die Kraft, über höchste Hecken und Hindernisse zu springen, doch dann machen sie plötzlich vor einer kleinen Pfütze Halt. So ist es auch mit meiner Willenskraft beim Rauchen. Aber dieses Mal klappt es. Dieses Mal habe ich aufgehört, selbstverständlich vorausgesetzt, daß Di Maio einverstanden ist.«

      »Was hat Di Maio damit zu tun?«

      »Na ja«, grinst er schelmisch, »zum Rauchen steht nichts im Koalitionsvertrag, also muß ich mich mit ihm erst noch darüber verständigen.«

      Die Stimmung ist gelöst, Salvini entspannt. Mir gefällt der Gedanke, daß ich irgendwie vielleicht eine angenehme Unterbrechung seines Tages bin, eine Pause – hoffentlich lang genug, um das Interview in Gänze durchführen zu können –, in der er seine Vorsicht ablegt, um ein wenig zu erzählen, wer er ist und was er darüber denkt, eine Lichtgestalt der internationalen Politik zu sein.

      Auch unter vier Augen, Ehrenwort, ist der erste Eindruck, den er auf mich macht, der eines Menschen, der offenkundig und unleugbar absolut normal ist. Ja, normalissimo. Einer von denen, bei denen du dich wohlfühlst schon aufgrund der Art, wie er auf seinem Stuhl sitzt. Er muß nicht zu dir herunterschauen, wie es vielleicht seine stets in feinsten Zwirn gewandeten Vorgänger der Ersten Republik taten, aber ebensowenig spürt man bei ihm jenen Zwang, unbedingt sympathisch wirken zu müssen, der häufig das Problem von Akteuren ist, die noch nicht lange auf der öffentlichen Bühne stehen. Nichts davon bei ihm. Wir sind einfach zwei Leute in einem Raum. Punkt.

      Normal.

      »Würdest du mir einen typischen Tag beschreiben«, fange ich an.

      »Tja, ich bemühe mich, einen menschlichen Rhythmus einzuhalten. Ich stehe früh auf und versuche, um sieben Uhr bereit zu sein. Natürlich gibt es Abende, an denen man bis spät in die Nacht arbeitet und sich die Verpflichtungen auftürmen, dennoch stehe ich immer recht früh auf, um alles Wichtige im Auge zu behalten.«

      »Du liest also erst einmal die Zeitungen?«, fahre ich fort.

      »Die lese ich lieber am Abend. Doch wenn es etwas gibt, das mir empfohlen wurde, so schenke ich dem meine Aufmerksamkeit. Ich versuche allerdings, mich nicht von dem abhängig zu machen, was die Journalisten schreiben, auch wenn man mir diesen ganzen politischen Quatsch ständig vorlegt.«

      »Na, sicher nicht alles!«

      »Nein, aber den größten Teil schon. Jeden Morgen gibt es Hintergrundberichte, Artikel, die mir erklären, was ich gesagt haben soll oder nicht … oft und gerne ohne jede Substanz. ›Man sagt, daß … Es hat den Eindruck, als ob …‹ Ich wiederhole: politischer Quatsch.«

      »Aber gelingt es dir trotzdem, dir Zeit für die Kinder und die Familie zu nehmen?«, frage ich ihn weiter.

      »Die Zeit findet sich schon. Das weiß jeder, der einen streßigen und anspruchsvollen Job hat. Und auch wenn man sich mitunter ein Bein ausreißen muß, letztendlich sind wir als Eltern doch für unsere Kinder da. Klar, es könnte immer etwas mehr sein, weshalb wir auch jeden Tag genießen, an dem wir ausnahmsweise mal nur für uns sein können. Meine Kinder geben mir Kraft. Sie wissen, was ich tue und daß es ihnen gilt.«

      »Aber bist du nie müde, Matteo?«

      »Ich habe gar keine Zeit, müde zu sein«, lächelt er. »Gut, Scherz beiseite. Natürlich bin auch ich mal müde, also körperlich. Aber ich darf mich dem nicht hingeben. Vielleicht trete ich hier und da mal ein wenig kürzer, aber ich kann da keineswegs nachlassen. Denk an die Arbeit der Polizei, der Feuerwehr, an all die Frauen und Männer in Uniform, die sich ohne Unterlaß für uns aufopfern, inmitten tausender Gefahren, die Überstunden anhäufen, für die sie zuweilen aus eigener Tasche zahlen müssen. Wenn sie nicht aufgeben, dann darf ich es sicherlich auch nicht.«

      »Gut, ich würde sagen, wir

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