Nathan der Weise. Gotthold Ephraim Lessing

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Nathan der Weise - Gotthold Ephraim Lessing страница 4

Nathan der Weise - Gotthold Ephraim Lessing

Скачать книгу

Dem Engel oder Euch?

      Nathan. Doch hätt’ auch nur

      Ein Mensch — ein Mensch, wie die Natur sie täglich

      Gewährt, dir diesen Dienst erzeigt: er müßte

      Für dich ein Engel sein. Er müßt’ und würde.

      Recha. Nicht so ein Engel, nein! ein wirklicher;

      Es war gewiß ein wirklicher! — Habt Ihr,

      Ihr selbst die Möglichkeit, daß Engel sind,

      Daß Gott zum Besten derer, die ihn lieben,

      Auch Wunder könne tun, mich nicht gelehrt?

      Ich lieb’ ihn ja.

      Nathan. Und er liebt dich; und tut

      Für dich und deines Gleichen stündlich Wunder;

      Ja, hat sie schon von aller Ewigkeit

      Für euch getan.

      Recha. Das hör’ ich gern.

      Nathan. Wie? Weil

      Es ganz natürlich, ganz alltäglich klänge,

      Wenn dich ein eigentlicher Tempelherr

      Gerettet hätte; sollt’ es darum weniger

      Ein Wunder sein? — Der Wunder höchstes ist,

      Daß uns die wahren, echten Wunder so

      Alltäglich werden können, werden sollen.

      Ohn’ dieses allgemeine Wunder hätte

      Ein Denkender wohl schwerlich Wunder je

      Genannt, was Kindern bloß so heißen müßte,

      Die gaffend nur das Ungewöhnlichste,

      Das Neuste nur verfolgen.

      Daja. (zu Nathan). Wollt Ihr denn

      Ihr ohnedem schon überspanntes Hirn

      Durch solcherlei Subtilitäten ganz

      Zersprengen?

      Nathan. Laß mich! — Meiner Recha wär’

      Es Wunders nicht genug, daß sie ein Mensch

      Gerettet, welchen selbst kein kleines Wunder

      Erst retten müssen? Ja, kein kleines Wunder!

      Denn wer hat schon gehört, daß Saladin

      Je eines Tempelherrn verschont? Daß je

      Ein Tempelherr von ihm verschont zu werden

      Verlangt? Gehofft? Ihm je für seine Freiheit

      Mehr als den ledern Gurt geboten, der

      Sein Eisen schleppt, und höchstens seinen Dolch?

      Recha. Das schließt für mich, mein Vater. — Darum eben

      War das kein Tempelherr, er schien es nur. —

      Kommt kein gefangner Tempelherr je anders

      Als zum gewissen Tode nach Jerusalem;

      Geht keiner in Jerusalem so frei

      Umher: wie hätte mich des Nachts freiwillig

      Denn einer retten können?

      Nathan. Sieh, wie sinnreich!

      Jetzt, Daja, nimm das Wort. Ich hab’ es ja

      Von dir, daß er gefangen hergeschickt

      Ist worden. Ohne Zweifel weißt du mehr,

      Daja. Nun ja. — So sagt man freilich; — doch man sagt

      Zugleich, daß Saladin den Tempelherrn

      Begnadigt, weil er seiner Brüder einem,

      Den er besonders lieb gehabt, so ähnlich sehe.

      Doch da es viele zwanzig Jahre her,

      Daß dieser Bruder nicht mehr lebt, — er hieß,

      Ich weiß nicht wie, — er blieb, ich weiß nicht wo: —

      So klingt das ja so gar — so gar unglaublich,

      Daß an der ganzen Sache wohl nichts ist.

      Nathan. Ei, Daja. Warum wäre denn das so Unglaublich? Doch wohl nicht — wie’s wohl geschieht —

      Um lieber etwas noch Unglaublichers

      Zu glauben? — Warum hätte Saladin,

      Der sȩin’ Geschwister insgesamt so liebt,

      In jüngern Jahren einen Bruder nicht

      Noch ganz besonders lieben können? — Pflegen

      Sich zwei Gesichter nicht zu ähneln? — Ist

      Ein alter Eindruck ein verlorner? — Wirkt

      Das Nämliche nicht mehr das Nämliche? —

      Seit wann? Wo steckt hier das Unglaubliche? —

      Ei freilich, weise Daja, wär’s für dich

      Kein Wunder mehr; und deine Wunder nur

      Bedürf . . . verdienen, will ich sagen, Glauben.

      Daja. Ihr spottet.

      Nathan. Weil du meiner spottest. — Doch Auch so noch, Recha, bleibet deine Rettung

      Ein Wunder, dem nur möglich, der die strengsten

      Entschlüsse, die unbändigsten Entwürfe

      Der Könige, sein Spiel — wenn nicht sein Spott —

      Gern an den schwächsten Fäden lenkt.

      Recha. Mein Vater!

      Mein Vater, wenn ich irr’, Ihr wißt, ich irre

      Nicht gern.

      Nathan. Vielmehr, du läßt dich gern belehren. —

      Sieh! Eine Stirn, so oder so gewölbt;

Скачать книгу