Die Selbstzerstörung der Demokratie. Baal Müller

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Die Selbstzerstörung der Demokratie - Baal Müller

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Kritikern der attischen Demokratie problematisiert. Diese Philosophen gingen davon aus, dass die verschiedenen politischen Verfassungen aufgrund jeweils charakteristischer Verfallstendenzen spezifische »Entartungsformen« hervorbringen, auf die dann andere Staatsformen folgen. Insgesamt solle es dadurch zu einer Art Kreislauf der Verfassungen kommen, der dem Zyklus des Werdens und Vergehens in der Natur entspreche. Ausgehend von der Zahl der jeweils Herrschenden wurden bereits die drei Grundtypen der Monarchie, Aristokratie und Demokratie unterschieden und aus ihnen die jeweiligen Verfallsformen abgeleitet, in denen nicht mehr das Interesse der Allgemeinheit, sondern das eines Einzelnen oder einer Gruppe vorherrsche.

      Wenn dies zutrifft, ist also auch die Demokratie auf eine ihr immanente Weise aus sich selbst heraus bedroht und fragil. Um ihre problematischen Züge einzudämmen, hat Aristoteles eine Kombination demokratischer Elemente mit solchen anderer Staatsformen, also eine »gemischte Verfassung«, vorgeschlagen.

      Neben diesen Faktoren, die für die Demokratie überhaupt kennzeichnend sein sollen, gibt es solche, die aus den jeweiligen nationalen und historischen Eigentümlichkeiten folgen. So kann ein Land etwa aufgrund seiner heterogenen Bevölkerungsstruktur, konfessionellen Gegensätze, historischen Erblasten (Sklaverei, Totalitarismus, Massenmorde etc.), sozialen Spannungen, ökonomischen Probleme, aber auch wegen seiner exponierten Lage und feindlicher Aggressionen am Aufbau einer Demokratie scheitern oder überhaupt daran gehindert werden, eine eigene Staatlichkeit auszubilden. Bekanntlich galt Deutschland lange Zeit als »verspätete Nation«, bei der die Demokratisierung aufgrund einer besonderen Neigung zu Militarismus, autoritärem Untertanengeist und reaktionärem Romantizismus verzögert verlaufen und erst spät – und nicht zuletzt unter äußerem Zwang – erfolgt sei.

      Im heutigen Deutschland, um das es hier vor allem geht, sind als problematische interne Faktoren paradoxerweise die geistigen Folgen der totalen Niederlage von 1945 zu nennen, obwohl diese zunächst einmal die Vor­aussetzung der (Re-)Demokratisierung nach dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus gewesen ist. Einerseits sollte durch die Reeducation die nationalsozialistische Gesinnung ausgemerzt und der Boden für eine demokratische Entwicklung bereitet werden; andererseits handelte es sich bei der Demokratisierung durch die amerikanische Siegermacht aber um einen passiv erduldeten Vorgang, der langfristig zu einem Identitätsverlust führte, der heute sowohl den ethnischen Fortbestand Deutschlands als auch seine demokratische Verfasstheit bedroht. Geistig verinnerlicht wurde die äußerlich betriebene »Umerziehung« erst durch die von der Frankfurter Schule intellektuell begründete »Kulturrevolution« von 1968. Diese pflegte zwar einen oberflächlichen Antiamerikanismus und richtete sich vordergründig gegen den US-Imperialismus, übernahm aber die intellektuellen Moden, die später zur Herrschaft der Political Correctness (PC) als einem der wichtigsten psychosozialen Aspekte der Entdemokratisierung führten.

      Unter dem Diktat der Politischen Korrektheit verkam die Demokratie von einem Verfahren, Legitimität durch eine mehrheitsgebundene Fundierung der Regierungsgewalt sowie durch die Konstruktion einer Gleichheit von Herrschenden und Beherrschten zu erzeugen, zu einer Weltanschauung mit totalitären Zügen. Als demokratisch gilt seitdem nicht mehr in erster Linie die korrekte Durchführung von Wahlen, um den Willen der Bevölkerungsmehrheit zu ermitteln und durchzusetzen, sondern das ritualisierte Bekunden der »richtigen«, d.h. öffentlich akzeptierten Meinung bzw. die Einhaltung bestimmter Tabus. Abweichungen werden mit dem Ausschluss aus dem Diskurs der selbsternannten Demokraten sanktioniert. Die konkreten Inhalte der PC können dabei durchaus – und zuweilen überraschend schnell – wechseln, wenn sich die gesellschaftlichen Mehrheits- und Opportunitätsverhältnisse ändern; so konnte in den letzten Jahren eine deutliche Verlagerung der ideologischen Schwerpunkte der PC von der »Vergangenheitsbewältigung« in Bezug auf die Verbrechen des Dritten Reiches hin zu den Wünschen und Befindlichkeiten von Einwanderern beobachtet werden, wobei die Ignoranz gegenüber islamischem Antisemitismus, an der auch einige oberflächliche Distanzierungen wenig ändern, vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte irritiert.

      Trotzdem sind gewisse Grundideologeme der PC wie »Gleichheit« (z.B. als angebliche Gleichartigkeit von Mann und Frau oder als postulierte Gleichwertigkeit unterschiedlicher Kulturen), »Vielfalt« (als Zusammen- oder eher Nebeneinanderleben von Menschen unterschiedlicher Kulturen), der soziale Primat (nach dem alle Konflikte lediglich soziale Ursachen haben sollen) und »Toleranz« (die stets Fremden, nicht aber dem Selbstbehauptungswillen des eigenen Volkes gilt) bislang erhalten geblieben. Veränderungen, wie etwa Abstriche bei den Frauenrechten zugunsten der »Toleranz« gegenüber dem Islam, sind in absehbarer Zeit aber möglich und zu erwarten. Die Politische Korrektheit ist, trotz des vollmundigen Pathos angeblicher »Demokraten«, die diesen totalitären Ungeist pflegen, ein Nährboden der Entdemokratisierung, die sich in ihrem Drang zu immer neuen repressiven Quoten, Verordnungen, Überwachungs- und Erziehungsmaßnahmen zeigt.

      Unter den externen Faktoren, die auf die Demokratie in Deutschland schädlichen Einfluss nehmen, kann der Druck verstanden werden, der von anderen Nationen, weltumspannenden Konzernen und supranationalen Organisationen ausgeübt wird. Hier sind vor allem der Verzicht auf demokratische Souveränitätsrechte im Rahmen der EU, die aus ökonomischen Interessen vorangetriebene Globalisierung, die imperiale Machtpolitik der USA – und zunehmend Chinas –, die Zerstörung der deutschen Gesellschaft durch ungeregelte Einwanderung sowie die von in- und ausländischen Institutionen geförderte und längst zum demographischen Selbstläufer gewordene Islamisierung zu nennen.

      Aufgrund der generellen Unschärfe gesellschaftlicher und kultureller Begriffe und Relationen, die niemals in exakte mathematische Verhältnisse zu übersetzen sind, hat die Unterscheidung interner und externer Faktoren nur einen Orientierungswert, da sich diese wechselseitig beeinflussen und verstärken können. Alles ist in ständiger Bewegung, und jede Betrachtung beruht auf standpunktbezogener, interessegeleiteter Selektion und Fixierung des unendlich Komplexen und Veränderlichen.

      Auch wenn die Zerrissenheit der abendländischen Kultur enorme Energien freigesetzt und den jahrhundertelangen Vorrang des neuzeitlichen Europa in Philosophie, Kunst, Wissenschaft, Technologie, Politik und Ökonomie begründet habe, sei sie letztlich die Triebfeder hinter der Selbstaufgabe der europäischen Völker und der Nivellierung ihrer vielfältigen Kulturen in der technokratischen Zivilisation des Globalismus gewesen.

      Diese Gedankengänge weisen über das Thema dieses Buches hinaus und können nicht im Einzelnen weitergeführt werden. Sie sind allerdings im Hinterkopf zu behalten, wenn wir an vielen Beispielen feststellen müssen, dass die Verfallserscheinungen unserer Demokratie ebenso wie die Zerstörung unserer deutschen Identität ihre Parallelen in ganz Nord- und Westeuropa sowie in Nordamerika haben – also überall dort, wo die vorherrschende Kultur vor allem auf germanisch-protestantischen Fundamenten ruht. In den katholischen Ländern Südeuropas und Südamerikas sowie vor allem im orthodoxen Osteuropa sind diese Tendenzen weniger gravierend. Die deutsche Situation nach zwei Weltkriegen, Nationalsozialismus und amerikanischer Reeducation ist also als besonders dramatische Ausprägung dieses Prozesses innerhalb eines umfassenden westlichen oder »abendländischen« Kontextes zu sehen.

      Die Gliederung dieses Buches ergibt sich aus den sachlichen

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