Das Monster im 5. Stock. Regina Mars
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Читать онлайн книгу Das Monster im 5. Stock - Regina Mars страница 15
»Ich hab Vroni gesagt, dass sie mich nicht mehr so nennen soll«, murrte er. »Richtig entschieden. Das hat gar nichts gebracht.«
»Das kann ich mir vorstellen.« Vroni hatte immer geschaut, mit wie viel sie durchkam. Adrian war am Anfang mit ihr aneinandergeraten. Aber nur einmal.
»Was soll ich denn tun?«
Jetzt wurde das auch noch zu einem Beratungsgespräch. Adrian erhob sich, faltete die Zeitung zusammen und nahm seine Kaffeetasse an sich. »Dein Schlüssel hängt am Schlüsselbrett neben der Tür. Räum auf, bevor du gehst. Ich lese in meinem Zimmer weiter, da du offensichtlich nicht verstehst, was ›mich in Ruhe lassen‹ bedeutet.«
»Aber …« Nun waren selbst Sebastians Wangen gerötet. Hatte Adrian eben gedacht, dass er hinreißend aussah? Er musste schleunigst fort von hier. »Was soll ich denn tun? Wegen Vroni und den anderen? Du klingst, als hättest du eine Idee.«
Adrian verbiss sich die Antwort. Schweigend zog er sich in sein Zimmer zurück und kam nicht eher daraus hervor, bis die Tür ins Schloss gefallen war. Dann streifte er seine Trainingsklamotten über und begann den Tag. Die Bleidecke des Alltags senkte sich über ihn. Er hatte gar nicht gemerkt, dass sie sich einen Moment lang gelüftet hatte.
9. Lügengespinste
»Blondchen, was ist denn los mit dir?« Vroni lachte meckernd. »Wieder keine Wohnung gekriegt?«
Wastl legte den Rucksack ab und schmiss seine Jacke über den Schreibtischstuhl. »Nein.« Er seufzte. »Das war die vollste Besichtigung, auf der ich je war. Ich bin kaum reingekommen. Ich mein, ich hab meine Mappe abgegeben, aber wenn das klappt, fress ich ’nen Besen. Draußen standen schon wieder drei Jungs mit Seitenscheiteln und Pullovern über den Schultern, die mit ihren Vätern telefoniert haben.«
»Was, bei dem Wetter?«
»Einer von denen kriegt die, wie immer.« Wastl warf sich auf seinen Stuhl. »Na, immerhin hab ich einen Monat lang eine Bleibe.«
»Ach, echt?« Vronis Wimpern klimperten. Susanne beugte sich herüber und Adelheids Rollstuhl näherte sich mit einem mechanischen Surren.
»Wie, du hast ’ne Wohnung? Wo denn?«
»Bei einem … Freund«, stotterte Wastl. Mistmistmist. Beim Frühstück hatte Adrian ihm eingeschärft, niemandem zu verraten, wo er wohnte. Vor allem niemandem auf der Arbeit. Warum auch immer. Sebastian hatte es hingenommen, so wie die Geschichte mit dem Büro. »Den, äh, kenn ich noch von zuhause. Er ist zum Studieren hergezogen. Der A… Alfons. Der Hubergruber Alfons.«
»Namen habt ihr da unten.« Vroni schüttelte den Kopf. »Aber so wie du rumstotterst, ist der etwas mehr als ein Freund, oder?«
Das ist ein Missverständnis, wollte Wastl sagen. Doch wen interessierte es, wie genau seine Lüge aussah? »Mja, vielleicht. Ich glaub, der mag mich ganz gern.« Innerlich lachte er. Wenn er Adrian nicht lästig gewesen wäre, wäre das schon ein Fortschritt gewesen. »Also … der schaut mich immer so an. So zwischen den Haaren hervor, wisst ihr? Der Alfons hat lange Haare und blaue Augen. TIEFblaue Augen.«
»Hui.« Vroni schien ernsthaft beeindruckt. Inzwischen scharte sich die halbe Finanzbuchhaltung um Wastl. »Das klingt mal fesch. Ist der ein Guter, der Alfons?«
»Ja, total«, log Wastl. »Der lässt mich sogar die Katze behalten. Der hat sie mega liebgewonnen und sie ist auch schon total zutraulich. Und, na ja«, er überlegte, »heute beim Frühstück, da hat er mir ein Honigbrötchen geschmiert, und ich glaub, also ich hab’s nicht richtig gesehen, dass er da ein Herz drauf gemalt hat. Mit Honig. Aber dann hat er es schnell verschmiert.« So langsam kam er in seine erfundene Romanze mit Adrian, äh, Alfons hinein. »Und er hat einen Spitznamen für mich.«
»Oooh, welchen denn?«, zwitscherte Adelheid.
»Sebastian.« Tatsächlich wurde ihm ein wenig kribblig, als er daran dachte, wie Adrian seinen Namen betonte.
»Das … ist dein Name.« Adelheid klang enttäuscht.
»Ja aber alle anderen nennen mich Wastl.«
»Dann haben alle einen Spitznamen für dich, nur nicht der Alfons.« Adelheid war wirklich eine Korinthenkackerin.
»Was es wieder zu einem Spitznamen macht«, sagte Wastl.
»Aber …«
»Mensch Adelheid, lass dem Blondchen seine Träume.« Vroni meckerte wieder los und Susanne stimmte ein. »Er ist halt verliebt.«
»Bin ich nicht!« Wastl fuhr zu ihr herum. »Das mit Alfons und mir ist rein körperlich!«
»Ooooh!« Wenn das möglich war, wirkten die Damen noch interessierter als zuvor.
»Und wann geht’s zur Sache?«, fragte Susanne augenbrauenwackelnd.
»Ich überleg mir, ob ich ihn ranlasse«, sagte Wastl hoheitsvoll und stellte sich vor, er wäre nicht zweimal aufs Übelste abgeblitzt. »Also, der Alfons, der bettelt mich schon fast an, aber ich …«
»Guten Morgen, die Damen. Und der Herr.« Herr Schönhauser, der Chef, stand plötzlich im Raum. Falls ihm auffiel, dass niemand arbeitete, verbarg er seine Überraschung gut. »Vroni, ich muss was mit dir besprechen.«
»Natürlich, Frederik.« Sie war die Einzige, die den Chef duzte und sehr stolz darauf. Schon richtete sie ihren tannengrünen Pullover und stand auf. »Blondchen, du musst mir nachher alles erzählen, klar?«
»Äh, klar.« Mist, er hatte es eigentlich nicht so weit treiben wollen mit dem Lügen. Adrian hatte ja gesagt, er solle es niemandem verraten, aber er hatte bestimmt nicht gemeint, dass Wastl ein äußerst komplexes Lügengebäude aufbauen sollte. Nein, vermutlich nicht. Er gönnte sich eine Minute, in der er sich vorstellte, dass Adrian ihn anflehte, mit ihm schweinische Dinge zu tun, dann wandte er sich seiner Arbeit zu. Hinter ihm hielten Susanne und Rita einen Kaffeeschwatz ab. Ausnahmsweise halb geflüstert.
»Geht’s den Bach runter«, hörte er, ohne es zu wollen.
»Ja, das dritte Quartal war … na, der Bertold meint, das wär eine Katastrophe, aber der malt ja immer gleich den Teufel an die Wand.«
Wastl versuchte, nicht zuzuhören. Wenn es jetzt auch noch der Firma schlecht ging, würde er nicht mehr schlafen können.
***
»Was willst'n damit?«, fragte der Mann, der sich als Andi vorgestellt hatte, um den Zigarettenstumpf in seinem Mund herum.
»Oh, das.« Wastl hob die gigantische Swarovski-Tüte. »Ich hab grad was gekauft, und die haben sie mir zum Transport mitgegeben.«
»Was denn, Diamanten?« Die Augen von Andis Frau glitzerten. Ihren Namen hatte er nicht verstanden, weil sie das Sprechen mit Zigarette im Mund schlechter beherrschte als ihr Mann.
»Nah«, sagte Wastl. »Da ist ein Katzenklo drin. Hab ich ganz günstig im Internet gefunden und grad abgeholt. Ich hab seit gestern eine Katze.«