Das Science Fiction Jahr 2020. Группа авторов

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Das Science Fiction Jahr 2020 - Группа авторов

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von Dietz unklar bleibt, finden auch Dietzs Bewegungen durch Raum und Zeit nicht linear statt. So müssen Leserinnen und Leser zusammen mit der Hauptfigur herausfinden, was mit den anderen Soldatinnen und Soldaten der Einheit passiert ist, wer eigentlich der Feind ist, gegen den sie kämpfen, und ob es eine Möglichkeit gibt, den Krieg und die Zeitschleife, in der Dietz steckt, zu beenden. Die zeitlich gebrochene Erzählstruktur scheint dabei nicht nur ein Versuch zu sein, Kriegstrauma und die inkohärente Struktur traumatischer Erinnerungen erzählerisch darzustellen, sie sorgt auch dafür, dass der Spannungsbogen konstant hoch bleibt und Leserinnen und Leser eine ähnliche Verwirrung erleben wie Dietz selbst. Dies wird noch dadurch verstärkt, dass zwischen Dietzs Geschichte immer wieder Auszüge aus Vernehmungsprotokollen geschaltet sind und es erst gegen Ende des Romans klar wird, wer hier von wem befragt wird.

      Genauso wie andere Genretraditionen evoziert The Light Brigade die in der Kriegsliteratur und Military SF mit dem Soldaten eng verknüpfte Hypermaskulinität bewusst, um mit den Lesegewohnheiten und Genreerwartungen der Leser zu spielen. Die Welt, in der der Roman spielt, und der Kriegsplot, aber auch die Referenzen zu Dietzs Exfreundin und Beziehungen, die sie mit anderen Soldatinnen und Soldaten hat, erlauben es Leserinnen und Lesern anzunehmen, dass es sich bei Dietz um einen männlichen Charakter handelt. Dies ist natürlich auch dadurch bedingt, dass die Figur des Soldaten in der amerikanischen – aber auch der weiteren westlichen Welt – fast ausschließlich männlich gelesen und dargestellt wird. Diese Zuschneidung liegt einerseits darin begründet, dass Soldaten lange Zeit Männer waren, allerdings nicht ausschließlich. In allen Kriegen der USA, vom Unabhängigkeitskrieg bis zu Konflikten in der heutigen Zeit, nahmen Frauen teil, oft in »klassischen« Rollen als Ehefrau, Wäscherin oder Sexarbeiterin, doch Frauen oder als weiblich gelesene Menschen zogen auch in den aktiven Kampf. Erst mit stringenten Musterungsverfahren im 20. Jahrhundert wurde es Frauen quasi unmöglich gemacht, sich in Kampfeinheiten einzuschleusen. Und obwohl Deborah Sampson, die als Robert Shirtliff im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg kämpfte, zumindest in ihrer eigenen Zeit für ihren Kampfeinsatz bekannt war – vor allem durch die Biografie The Female Review (1797) von Herman Mann – sind ihre und ähnliche Geschichten heutzutage größtenteils unbekannt.

      Hurley nutzt dieses kulturell dominante Narrativ über männliche Soldaten in The Light Brigade und lässt den Leser erst kurz vor Ende des Romans herausfinden, dass Dietz eine Frau ist. Es ist ein narrativer Trick, der Leser und Leserinnen nicht nur mit ihren eigenen Annahmen konfrontiert, die durch Traditionen des Genres zu einer bestimmten Rezeptionen ge- oder besser verleitet werden. Die retrospektive Erzählung und vor allem die ausführlichen Beschreibungen der Grundausbildung und Kampfhandlungen, aber auch die vielen Referenzen zu anderen bekannten Military-SF-Romanen wie Starship Troopers verstärken diesen Effekt nur noch. Gleichzeitig werden sich einige Leser in Anbetracht der späten Aufdeckung der Tatsache, dass Dietz eine Frau ist, an den Charakter Samus Aran des Videospiels Metroid (1986) erinnert fühlen.

      Wenn man Hurleys bisheriges Oeuvre kennt, dann ist dieser erzählerische Trick vielleicht weniger überraschend, sind doch sowohl ihre Vorgängerromane The Stars Are Legion (von der Autorin in den Sozialen Medien auch liebevoll »Lesbians in Space« genannt) als auch die THE BEL DAME APOCRYPHA-Reihe für ihre Protagonistinnen bekannt. Und auch in ihrer Essaysammlung The Geek Feminist Revolution (2016) und besonders im darin enthaltenen preisgekrönten Essay »We Have Always Fought: Challenging the Women, Cattle, and Slaves Narrative« – zuerst 2013 auf dem Blog A DRIBBLE OF INK und später in LIGHTSPEEDs Sonderausgabe »Women Destroy Science Fiction« veröffentlicht – geht Hurley auf die Darstellung von Frauen im Krieg ein – und vor allem darauf, dass Frauen so oft als Nicht-Kämpfer dargestellt werden. In diesem Essay schreibt Hurley unter anderem und frei übersetzt:

      Und wenn wir über Krieg sprechen, sprechen wir über Soldaten und weibliche Soldaten.

      Da wir so sprechen, wenn wir über Geschichte sprechen, und das Wort ›Soldaten‹ nutzen, werden alle Frauen, die gekämpft haben, sofort ausradiert. Daher kommt es nicht überraschend, dass die Leute, die Wikingergräber ausheben, sich nicht darum gekümmert haben zu überprüfen, ob die Gräber für Männer oder Frauen waren. Es waren Gräber, in denen Schwerter gefunden wurden. Schwerter

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