Das Science Fiction Jahr 2020. Группа авторов

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und träumt von künstlerischem Ruhm, muss jedoch bei einem weiteren Gespräch Newboy gegenüber eingestehen, dass nicht alles im Notizbuch von ihm stammt, was dieser mit »Das ist aber peinlich« (S. 447) kommentiert. Die Frage, was Kid geschrieben hat und was nicht, wird auf der Party diskutiert, die Roger Calkins veranstalten lässt und auf der Frank zunächst die Gedichte als »pompös und überemotional« (S. 791) kritisiert, um dann – »Ich frage mich übrigens, […] ob er sie wirklich selber geschrieben hat« (S. 800) – die Autorschaft anzuzweifeln. Im 7. Kapitel zeigt sich Kid über das Erreichte verunsichert. Einerseits beendet er das Notizbuch, weil es vollgeschrieben ist, andererseits räumt er ein: »Manchmal kann ich nicht sagen, wer was geschrieben hat.« (S. 872) Auch ist die Chronologie der Einträge unklar. Entsprechend häufen sich Selbstzweifel: »Ich bin kein Dichter« (S. 903) und »Ich schreibe nichts« (S. 927) – eine Aussage, die allerdings im Widerspruch zu den neuen Gedichten steht, die am Ende des Romans verbrennen. Der Eindruck, »der Autor habe den Faden verloren« (S. 956), den Kid auf sein Leben bezieht, überträgt sich mehr und mehr auf das Buch, das schließlich in einer Katastrophe endet. Die Stadt wird zerstört, und Kid verlässt Bellona in dem Glauben, keine Dichterpersönlichkeit mehr zu sein. Doch da das Romanende in den Anfang übergeht, wiederholt sich der Zyklus, diesmal womöglich mit einer weiblichen Version von »Kid«, die das vollgeschriebene Notizbuch weiterführt: Es ist ja bereits jetzt in »vier völlig verschiedene[n] Handschriften« (S. 446) gehalten, sodass eine weitere trotz des vollgeschriebenen Zustand denkbar wäre.

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      Dies alles spielt sich in Bellona ab, deren Name nicht zufällig auf die römische Kriegsgöttin verweist. Zum einen wirkt die Stadt im Kontrast zu ihrem Umfeld wie ein abgegrenzter mythologischer Bereich, zum anderen erscheint sie tatsächlich als ein gewalttätiger und anarchistischer Ort. Tak Loufer erklärt Kid, in Bellona wäre er »frei«: »Keine Gesetze; keine, die man erfüllt, keine, die man bricht. Kannst tun, was du willst.« Und: »Sehr schnell, überraschend schnell wirst du […] genau zu dem, der du bist.« (S. 29) Doch Bellona ist keine »Hippie-Stadt« (S. 56), sondern hat eine »komplizierte Sozialstruktur« (S. 851), die Aristokraten, Bettler und Vertreter der Bourgeoisie ebenso einschließt wie Bohemiens – wobei die Richards als Vertreter eine kleinbürgerlichen Mittelschicht negativ gezeichnet werden, auch wenn Madame Brown sie als »normale, gesunde Familie« (S. 971) bezeichnet. In diesem Panorama kann man ein Modell für andere Metropolen in den USA sehen; etwa von New York, mit der der Roman immer wieder in Verbindung gebracht worden ist.

      Letztlich aber zeigt sich Bellona als ein schwer bestimmbarer Ort, an dem sich Straßen und Orte unentwegt zu verändern scheinen und selbst die Richtung des Sonnenaufgangs Rätsel aufgibt: »Die ganze Stadt bewegt sich, ändert sich, formt sich um. Immerzu. Und formt uns um …« (S. 50) In ihrer Rolle als Katalysator für Selbstfindungsprozesse ist Bellona genau das, was Kid interessiert, zumal sie auch eine zeitliche Entrückung auszeichnet. Die Protagonisten sind sich bewusst, in einer »ewigen« (S. 624) bzw. »zeitlosen« (S. 825/900) Stadt am »Rand von Wahrheit und Lügen« (S. 604) zu leben, die von der Umwelt »vergessen« (S. 84) wurde und in der selbst Naturgesetze nur bedingt Gültigkeit besitzen; Roger Calkins trägt dieser Tatsache Rechnung, indem er die Bellona Times mit willkürlichen Datumsangaben ausstattet, auf die ebenso wenig Verlass ist wie auf manche der abgedruckten Artikel. Damit unterscheidet sich Bellona fundamental von typischen Katastrophenstädten der Science Fiction, die eindeutig gestaltet sind; in ihrer Rolle als kreativer Impulsgeber erinnert sie allenfalls an die Palm Springs nachempfundene Künstlerkolonie Vermilion Sands in dem gleichnamigen Buch von J. G. Ballard (1971; dt. Die tausend Träume von Stellavista).

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      Der Verfasser bedankt sich bei

      Annette Charpentier, Christopher Ecker

      und Guido Sprenger für wertvolle Hinweise

      und hilfreiche Kommentare.

      

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