Toni der Hüttenwirt Staffel 14 – Heimatroman. Friederike von Buchner
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Читать онлайн книгу Toni der Hüttenwirt Staffel 14 – Heimatroman - Friederike von Buchner страница 14
Monika sah ihre Mutter an.
»Papa im Himmel hat bestimmt Mark geschickt. Papa kann Mark auch gut leiden. Kann ich für Mark auch ein Gutenachtgebet sagen wie für Papa?«
Claudia erschrak im ersten Augenblick. Dann musste sie lächeln. Sie streichelte ihrer kleinen Tochter über das Haar und sagte leise: »Das kannst du!«
»Lieber Gott beschütze Mark. Amen!«
»Amen«, wiederholte Claudia.
»So mein kleines Madl! Es war ein langer und anstrengender Tag. Jetzt wird gleich geschlafen. Heute Abend gibt es keine weitere Gutenachtgeschichte. Da musst du dir selbst eine ausdenken!«
Monika nickte eifrig.
»Das kann ich!«
Monika umarmte ihre Mutter.
»Ich mag Mark! Er ist nett!«
»Ja, das ist er«, sagte Claudia leise.
Sie gab ihrer Tochter einen Kuss, ging hinaus und lehnte die Tür an.
Claudia brühte einen Tee auf. Sie setzte sich mit dem Becher auf die Bank vor die Hütte und schaute hinauf in den Nachthimmel. Der Mond schien hell, die Sterne funkelten. In Gedanken ging Claudia die Liste der Erledigungen durch, die sie sich für den nächsten Tag vorgenommen hatte. Sie wollte innen an der Tür ein neues Schloss anbringen lassen, damit Monika sich nicht noch einmal heimlich davonschleichen könnte. Sie wollte Pfarrer Zandler besuchen und ihn bitten, mit ihr einen Rucksack kaufen zu gehen. Vielleicht konnte sie den Geistlichen auch überreden, dass er Mark den Rucksack aushändigte. Claudia wollte Mark nicht wiedersehen. Er war ihr unheimlich. Er hatte ihr Herz aufgewühlt. Sie war sich bewusst, dass mit ihr etwas vor sich gegangen war. Das durfte sich nicht wiederholen. Sie hatte auch gesehen, wie Monika sich mit einer Umarmung von Mark verabschiedet hatte. Sie war nicht eifersüchtig. Doch dass Monika heute Abend auch für Mark gebetet hatte, das hatte sie überrascht und machte sie umso nachdenklicher. Nimm es nicht so ernst, ermahnte sich Claudia selbst. Monika steht noch ganz unter dem Eindruck ihrer schlimmen Erlebnisse. Wenn etwas Zeit vergeht, wird sie ihn vergessen.
Was ist, wenn sie ihn nicht vergisst, schoss es Claudia durch den Kopf. Dabei musste sie sich eingestehen, dass sie sich vor einem Wiedersehen so sehr fürchtete.
Claudia überlegte, was sie tun sollte. Ihr kamen viele Ideen.
Vielleicht sollte ich mit Monika in Urlaub fahren?
Ich könnte mit ihr zu Janet ziehen, einige Tage, bis er wieder fort ist aus Waldkogel, denn schließlich macht er nur Urlaub.
Ich könnte all die Einladungen von Freunden annehmen, die mir nach Rudis Tod geschrieben hatten.
Ich könnte Doktor Martin Engler bitten, mich und Monika sofort in eine Mutter-und-Kind-Kur zu vermitteln.
Die Uhr auf dem Kirchturm der schönen Barockkirche in Waldkogel schlug Mitternacht. Claudia erschrak. Sie hatte Stunden damit verbracht, darüber nachzugrübeln, wie sie Mark aus dem Weg gehen konnte. Sie schaute hinauf in den Nachthimmel und flüsterte leise: »Rudi, es tut mir leid. Entschuldige! Ich weiß auch nicht, wie das kam.«
Claudia zog ihr Dreieckstuch enger um die Schultern. Es konnte die Umarmung nicht ersetzen, nach der sie sich sehnte. Sie fühlte sich so einsam.
Und plötzlich war sie mit ihren Gedanken wieder bei Mark. Er hat wohl gerade eine gescheiterte Beziehung hinter sich, der Arme, dachte sie. Wenn einem der liebste Mensch genommen wird, ist es schlimm und man muss sich damit abfinden. Aber wenn ein Mensch einen enttäuscht, dann ist das sicherlich auch sehr schmerzlich. Diese Miriam war nicht ehrlich, hatte Mark ihr gesagt, erinnerte sich Claudia. Das kann viel bedeuten, überlegte sie. Hatte sie ihn bestohlen, betrogen, übel hintergangen? Claudia überlegte. Was es auch war, was diese Miriam gemacht hatte, es war dumm. Wie konnte sie nicht sehen, was für ein wunderbarer Mensch Mark ist? Ja, manche haben das große Glück und treten es mit Füßen, sagte sich Claudia.
Claudia verglich Rudi mit Mark. Sie waren sehr unterschiedlich, hatten aber doch Gemeinsamkeiten. Sie liebten beide die Berge. Mark konnte auch gut mit Monika umgehen.
Vielleicht sollte ich Monika Marks Nähe lassen, bis er wieder abreist? Claudia grübelte. Kinder brauchen auch eine männliche Bezugsperson, überlegte sie. Außerdem war Monika offenbar in Marks Nähe glücklich.
Claudia seufzte leise.
Sie gestand sich ein, dass sie Angst hatte, unheimlich große Angst, dass in ihr Gefühle aufkeimen würden, zu denen sie sich nicht bekennen wollte, weil sie sich vorgenommen hatte, niemals mehr für einen Mann Gefühle aufzubringen. Ihre Liebe hatte ihrem Rudi gegolten, dem wunderbaren Vater ihres gemeinsamen Kindes. Es war eine ganz besondere Liebe gewesen, trotz des Altersunterschieds. Rudi war so jung im Herzen gewesen. So voller Übermut und Unbeschwertheit konnte er sein, dass sie oft den Altersunterschied vergaß.
Claudia spürte, wie sie langsam die Müdigkeit übermannte. Sie ging in die Almhütte und schloss die Tür. Zur Sicherheit hängte sie eine kleine Kuhglocke an den Türgriff. Sollte Monika versuchen, sich erneut davonzustehlen, so hoffte Monika, durch das Geräusch geweckt zu werden. Sie löschte das Licht und ging in ihre Kammer. Sie drückte einen Kuss auf Rudis Bild auf dem Nachttisch und kuschelte sich in die Federn. Sie war müde und schlief gleich ein.
*
Mark war nach dem Abendessen auf der Terrasse sitzen geblieben, auch als sich die anderen Hüttengäste zurückzogen.
»Willst net schlafen gehen?«, fragte Toni.
Mark, der tief in Gedanken war, erschrak und zuckte zusammen.
»Nein! Ich kann nicht schlafen. Ich müsste schlafen. Ursprünglich hatte ich vor, morgen auf den Gipfel des ›Engelssteigs‹ zu klettern. Aber ich werde den Aufstieg um einen Tag, vielleicht auch um einige Tage verschieben.«
Mark warf Toni einen Blick zu.
»Du hast selbst gesagt, Toni, wenn man mit seinen Gedanken mit etwas sehr beschäftigt ist, dann soll man die Gipfel, Gipfel sein lassen, richtig?«
»Ja, das war mein Rat! Geht dir die Sache mit der Miriam immer noch durch den Kopf?«
Mark grinste.
»Miriam? Miriam, wer ist das? Wer war sie? Ach ja, jetzt erinnere ich mich undeutlich. Sie ist eine meiner Verflossenen, wie das im Leben manchmal so passiert«, lachte Mark.
Sie mussten beide schmunzeln.
»Hast du Zeit, Toni? Trinken wir noch ein Bier zusammen?«
»Sicher, gern! Setzen wir uns rein, an den Kamin?«
Mark und Toni gingen in die Berghütte. Während Toni zwei Bier zapfte, legte Mark Holz in die Glut des Kamins. Er streichelte Bello, der auf seinem Lieblingsplatz vor dem Kamin lag.
Toni kam und reichte Mark den Bierseidl. Sie prosteten sich wortlos zu und tranken.
»Toni, ich bin schon den ganzen Tag am Überlegen, ob ich noch wirklich nach Wien gehen soll. Ich könnte auch mit Vater sprechen und zum Beispiel eine Filiale in Kirchwalden eröffnen. Ich grüble schon den ganzen