Gefährliche Reise durch den wilden Kaukasus. Alexandre Dumas

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Gefährliche Reise durch den wilden Kaukasus - Alexandre Dumas Paperback

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an dem sich jedermann Mund und Finger abwischte.

      Unser Bote brachte Eier. Ein Huhn hatte er nicht aufgetrieben, er bot uns dafür vortreffliches Hammelfleisch an, das man im Kaukasus überall findet. Ich nahm das Anerbieten an, ich hatte nun Gelegenheit, ein Schaschlik zu versuchen.

      Man nimmt ein Stück Hammelfleisch, möglichst vom Lendenbraten, schneidet es in walnussgroße Stücke, lässt es eine Viertelstunde in Essig, Zwiebeln, Salz und Pfeffer liegen, steckt dann die Stücke auf einen kleinen Bratspieß und dreht ihn über der Kohlenglut, bis das Fleisch mürbe ist.

      Während ich mein Schaschlik zubereitete und Moynet und Kalino den Tisch deckten, schickte uns der Kommandant, der unsere Ankunft erfahren hatte, frische Butter, zwei Hühner und vier Flaschen Wein.

      Ich ließ dem Kommandanten meinen Dank sagen und meinen Besuch für den Abend melden.

      Hühner und Butter sparten wir bis zum Frühstück auf. Aber von dem alten Wein wurde eine Flasche zum Diner geöffnet.

      Nach Tisch begab ich mich mit Kalino zum Kommandanten. Die Hauptstraße von Kislar war ein Morast, wo man bis über die Knöchel im Kot watete.

      Als ich kaum zehn Schritte gegangen war, fühlte ich mich am Rockschoß festgehalten.

      Ich sah mich um. Es war unser sehr freundlich und zuvorkommend gewordener junger Wirt, der mir in einem aus schlechtem Russisch und Tatarisch gemischten Kauderwelsch den Rat gab, nicht unbewaffnet auszugehen.

      Kalino übersetzte mir die Warnung.

      Ich hatte wirklich keine Waffen mitgenommen. Es war vier Uhr und heller Tag, ich glaubte daher, keine Unbesonnenheit zu begehen.

      Ich wollte weitergehen, ohne die Warnung zu beachten; aber er wiederholte sie in so dringender Weise, dass ich nachgab.

      Ich kehrte um und steckte in meinen Gürtel einen fünfzehn Zoll langen, in Khorassan angefertigten Dolch, den ich in Astrachan gekauft hatte und auf der Reise trug, aber in der Stadt für überflüssig hielt. Kalino nahm einen großen französischen Säbel, den sein Vater auf dem Schlachtfeld von Montmirail erbeutet hatte. Unser junger Wirt verlangte, dass jeder noch eine Doppelflinte mitnehmen sollte, aber wir hörten nicht mehr auf ihn, machten Moynet auf die Gefahr aufmerksam und verließen das Haus.

      EINE ABENDGESELLSCHAFT BEIM GOUVERNEUR VON KISLAR

      Der Kommandant wohnte auf der anderen Stadtseite, sodass wir ganz Kislar durchwandern mussten, um zu ihm zu gelangen.

      Es war Markttag, und wir mussten uns durch die Wagen, Pferde, Kamele und Handelsleute einen Weg bahnen. Anfangs ging es recht gut. Als wir aber den Marktplatz betraten, fingen die Hindernisse an.

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       Schapzuge, Tschetschene, Imerer, Häuptling der Adighe mit Tochter, Perser aus Baku (v.l.n.r.)

      Ich hatte unter dieser bis an die Zähne bewaffneten Volksmenge noch keine fünfzig Schritte zurückgelegt, da sah ich ein, wie gering sowohl diese Gesamtmasse als auch der Einzelne einen unbewaffneten Mann achten muss. Im Orient bewaffnet man sich nicht nur, um sich zu verteidigen, sondern auch, um abzuschrecken. Der Bewaffnete sagt sogar in seinem Stillschweigen: Achtet mein Leben, oder nehmt das eure in Acht! Und diese Drohung ist keineswegs überflüssig in einem Land, wo, wie Puschkin sagt, »der Totschlag nur eine Gebärde ist«.

      Wir gingen über den Marktplatz und befanden uns nun in den Straßen der Innenstadt.

      Diese Straßen bieten einen überaus malerischen Anblick mit ihren regellos gepflanzten Bäumen und ihren Kotlachen, in denen Gänse und Enten plätschern und die Kamele ihren Wasservorrat für die Reise einnehmen.

      Wir ließen uns bei dem Kommandanten melden. Er kam uns entgegen.

      Er sprach nicht Französisch, aber mit Kalinos Hilfe wurde das Hindernis beseitigt. Er sagte mir, dass seine Frau, die wir im dritten Zimmer finden würden, unsere Sprache spreche.

      Ich habe festgestellt, dass die Frauen in Russland und im Kaukasus mehr Weltbildung besitzen als ihre Männer; diese haben in ihrer Jugend wohl etwas Französisch gelernt, aber später als Militärs oder Beamte wieder vergessen. Die vornehmen Russinnen, die nichts zu tun haben, lesen zum Zeitvertreib französische Romane und bleiben daher mit der Sprache vertraut.

      Frau Polnobokow sprach in der Tat sehr gut französisch. Ich entschuldigte mich, dass ich in diesem kriegerischen Aufzug erschien, und scherzte über die Besorgnisse unseres jungen Wirtes; aber zu meinem großen Erstaunen wurde meine Heiterkeit keineswegs geteilt. Die Dame blieb ernst und sagte, unser Wirt habe vollkommen recht.

      Als ich noch zu zweifeln schien, berief sie sich auf ihren Gemahl, der alles bestätigte, was sie sagte.

      Da der Kommandant in diesem Punkt die allgemeine Ansicht teilte, kam mir die Sache doch bedenklich vor. Ich bat also um nähere Auskunft.

      An haarsträubenden Vorfällen fehlte es nicht. Erst am Abend vorher war auf der Straße ein Mord begangen worden. Es war freilich ein Irrtum gewesen: Der Falsche war ermordet worden. Vier Tataren – so heißen im nördlichen Kaukasus alle Banditen – erwarteten, unter einer Brücke versteckt, einen reichen Armenier, der des Weges kommen musste. Ein armer Teufel, den sie für den reichen Kaufmann hielten, ging über die Brücke; sie erdolchten ihn, durchsuchten seine Taschen und bemerkten nun ihren Irrtum; sie mussten sich mit einigen Kopeken begnügen, die er bei sich hatte. Dann warfen sie den Leichnam in den Kanal, der zum Bewässern der Gärten dient.

      Einige Monate vorher waren drei Armenier, die Brüder Kaskoith, die von Derbent kamen, mit einem Freund namens Bonjar gefangengenommen worden. Da sie als reiche Leute galten, wurden sie von den Räubern nicht getötet, sondern ins Gebirge geschleppt, um sich durch eine große Summe loszukaufen. Nachdem man ihnen ihre Kleider genommen und sie etwa fünfzehn Werst fortgeschleppt hatte, mussten sie durch den Terek schwimmen. Die drei Brüder starben an den Folgen dieser Erkältung, nachdem sie zehntausend Rubel Lösegeld bezahlt hatten.

      Die Frauen haben in dieser Hinsicht weniger zu befürchten als die Männer. Die Tataren müssen, um sich wieder ins Gebirge zu begeben, ihre Gefangenen durch den Terek schleppen, und die Frauen können dieses kalte Bad nur selten ertragen. Neulich starb eine Frau unterwegs; zwei andere starben an Erkältung, ehe ihr Lösegeld angekommen war, und ihre Verwandten, die ihren Tod erfuhren, wollten die Verhandlungen wegen der Leichen nicht fortsetzen.

      Daher haben die Tataren den wenig einträglichen Frauenraub fast ganz aufgegeben; im südlichen Kaukasien hingegen wird er immer noch mit Erfolg betrieben.

      Die folgende Geschichte beweist übrigens, dass der Frauenraub in anderer Weise ausgeübt wird.

      Ein Tatarenfürst liebte eine vornehme Russin. Der junge Beg fand Gehör und verabredete mit ihr eine Entführung.

      Sie war in Kislar. In Abwesenheit ihres Mannes verlangte sie von dem Kommandanten Pferde, und zwar zu einer Stunde, wo Herr Polnobokow die Gewährung ihrer Bitte gefährlich fand. Er verweigerte sie daher. Die Frau aber gab nicht auf; sie schützte die Krankheit eines ihrer Kinder vor. Der Kommandant ließ sich endlich überreden und gab ihr einen Paderogen, und die Frau reiste ab.

      Der Beg erwartet sie unterwegs, entführt sie, bringt sie in seinen Aul, der einige Werst von Petigorsk wie ein Adlerhorst auf einem Felsen liegt, und behält sie drei Monate bei

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